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Verschwunden im Harz Jutta Schulz: Vermisstenfall aus dem Harz gibt weiterhin Rätsel auf

Von Elisabeth Krafft 04.05.2017, 06:00
Die Vermisste Jutta Schulz und ihr Rottweiler-Rüde
Die Vermisste Jutta Schulz und ihr Rottweiler-Rüde dpa

Quedlinburg - Eine Gasse im Dunkeln, menschenleer. Nur ein Mann in braunem Mittelaltergewand steht auf den Pflastersteinen. Dann durchbricht sein brüchiger Gesang die Stille: „Die Glock' vom Turm hat zehn geschlagen. Drum löscht das Feuer, löscht das Licht, dass kein Unheil über uns herein bricht.“ Doch dafür ist es bereits zu spät.

Vermisstenfall Jutta Schulz: Beweisstücke in zwei Kisten

Es ist die Eingangsszene einer Dokumentation über den Vermisstenfall Jutta Schulz, die in der NDR-Sendung „Panorama – Die Reporter“ ausgestrahlt wurde. Schulz ist die ehemalige Lebensgefährtin des Mannes im Mittelaltergewand. Er gibt Stadtführungen in Quedlinburg. Seit drei Jahren gilt Jutta Schulz als vermisst. Und noch immer hat die Polizei keine Spur zur der damals 53-Jährigen aus Thale.

Die Hinweise im Fall der Verschwundenen passen in zwei Kisten: Lediglich Schulz’ Handy und einige Fotos liegen darin. Hinzu kommen Aussagen von Freunden, Bekannten, ihrem Lebensgefährten. Neue Erkenntnisse liefern diese allerdings schon lange nicht mehr.

Letztmalig gesehen wurde Schulz am 8. April 2014. Sie verließ an diesem Tag nicht nur ihre Heimatstadt im Harz, sondern auch ihren Rottweiler und ihren langjährigen Lebensgefährten. Zuvor waren sie in Streit geraten. Niemand hat die Frau seitdem gesehen, niemand ein Lebenszeichen bekommen, kein Brief, keine Nachricht, nichts.

Zum Zeitpunkt ihres Verschwindens im April 2014 war Jutta Schulz 53 Jahre alt, 1,59 Meter groß und sehr schlank. Sie hatte damals rotbraun gelocktes, schulterlanges Haar, das sie meist zum Dutt oder Zopf gebunden trug.

Außerdem hat sie eine Tätowierung auf dem linken Schulterblatt in Form eines Auges. Hinweise zu Ihrem Verbleib richten Sie bitte an die Kriminalpolizei unter der Telefonnummer 03941 / 674 193 oder an jede andere Polizeidienststelle.

Das Gesicht von Stadtführer Klaus Kroschwitz ist tief zerfurcht, von Enttäuschungen gezeichnet. Denn obwohl die Polizei ihn von allen Verdächtigungen freigesprochen hat, halten viele ihn für schuldig. Nachbarn, Bekannte und auch ehemalige Freunde. Sie alle sind sich einig: Kroschwitz hat die aufgeschlossene Thalenserin ermordet.

Die Polizei hingegen hat eine andere Theorie. Sie glaubt, dass die Vermisste untergetaucht sein könnte. Denn fest steht: Schulz war tief verschuldet. Sie führte zwar ein Antiquitäten-Geschäft, konnte von den Einnahmen aber kaum leben, das bestätigt auch ihr Lebensgefährte.

Bereits 2011 hat sie deshalb einen Job als Kellnerin in einem Kölner Bordell angenommen, wo sie mehrere Wochen im Monat arbeitete. Nach Angaben von zwei Kolleginnen, die auch in der Dokumentation zu Wort kommen, habe Schulz dort zahlreiche Männerbekanntschaften gemacht. Zwielichtige Gestalten, darunter ehemalige Bordell-Besitzer. Mit einigen habe sie sich regelmäßig verabredet. Sie hätten ihr Geld gegeben oder Kleider spendiert. Trotzdem glauben Schulz’ Kollegen, dass Kroschwitz Schuld am Verschwinden der Thalenserin trägt.

Mythos vom bösen Mann

Beweise für ihre Anschuldigungen? Fehlanzeige. Und so ziehen die Vorwürfe gegen Kroschwitz ihre Kreise. In Köln wie im Harz. Antworten auf dringende Fragen in dem Vermisstenfall gibt es allerdings weiterhin keine. Und so zeigt die halbstündige Dokumentation eindrücklich die zwei größten Probleme des Falls: Niemand kennt die Umstände, unter denen Schulz verschwand. Und nichtsdestotrotz erschafft ihr Umfeld einen Mythos vom bösen Mann. So unermüdlich, dass sich selbst die Polizei eher in ihren Ermittlungen behindert sieht als unterstützt.

Panorama - Die Reporter, Ausgabe vom 2. Mai 2017, verfügbar in der Mediathek des NDR (mz)