Tierschutz Geschenk oder Streuner?
Unerwünscht zum Fest: Welche Neuzugänge es in den Tierheimen im Landkreis Harz gibt und wer darauf wartet, wieder abgeholt zu werden.

Quedlinburg/MZ - Sie sind die heimlichen Stars in der Weihnachtsgeschichte: Ochs, Esel und Schafe. Keine Krippe ohne tierische Besetzung. Aber auch ansonsten sind Tiere in der Weihnachtszeit sehr beliebt. Vor allem als Geschenk. Ideal ist das allerdings nicht. Jedes Jahr weisen Tierschutzvereine, Tierheime und Tierschutzorganisationen darauf hin, dass Tiere nicht als Weihnachtsgeschenke herhalten sollten. Eltern wollen ihren Kindern mit Hunden, Katzen oder Kaninchen Wünsche erfüllen, ohne sich über die Konsequenzen im Klaren zu sein. Die Folge: Rückgabewellen in den Tierheimen, an Autobahnraststätten oder am Straßenrand ausgesetzte Tiere.
Verletzte Katzen
Die Aufklärungskampagnen der Tierschutzorganisationen scheinen mittlerweile Früchte zu tragen. Zumindest im Tierheim Quedlinburg gibt es seit einigen Jahren keine Rückgabewellen mehr. „Über die Feiertage sind nur ein paar Katzen dazu gekommen“, sagt ein Tierheim-Mitarbeiter. Darunter eine scheue grau-weiß-rote Streunerkatze aus Straßberg, die am zweiten Weihnachtsfeiertag ins Tierheim gebracht wurde. Mittlerweile sei sie kastriert, sie hat eine alte Verletzung an einem Vorderbein.
Sobald sie ihre Verletzungen auskuriert hat, dürfe sie zurück und werde weiterhin versorgt. Einen Tag später kam ein verängstigter grau getigerter Kater aus Neinstedt. Er war verletzt und hat eine Schwellung am Auge. Er wurde tierärztlich untersucht, kastriert, gechippt und gegen Parasiten behandelt. An Heiligabend wurde ein weißer Kater mit einem schwarzen Fleck über dem rechten Auge in Harzgerode gefunden, der später ins Tierheim nach Quedlinburg gebracht wurde. Vielleicht wird er ja vermisst?
Im Tierheim Quedlinburg werden durchschnittlich zwischen 15 und 30 Hunde, ungefähr 45 bis 110 Katzen sowie zeitweise einige Kaninchen, Meerschweinchen und andere Kleintiere versorgt. Auf der Internetseite des Vereins wird regelmäßig über Projekte und Aktionen informiert und Tiere vorgestellt, die sich über ein neues Zuhause freuen. Aber auch Tiere, die erfolgreich vermittelt wurden und sich gut bei ihren Adoptiveltern eingelebt haben.
Bei der Klein- und Wildtierhilfe Harz in Ballenstedt konnte man keinen vermehrten Anstieg der Abgabetiere an den Feiertagen feststellen. Jedoch sei die Zahl der Aufnahmen im Nutz- und Haustierbereich stark angestiegen, sagt Daniela Klocke. „Meist sind die Gründe, dass einfach das Geld fehlt, wegen Kürzungen der Arbeitszeiten oder den corona- bedingten Schließungen“, so die erste Vorsitzende des Vereins.
Weiterhin sei ein klarer Zuwachs an den betreuten Streunerstellen in der Region zu verzeichnen. „Viele Tiere erscheinen dort im gepflegten, teilweise kastrierten Zustand“, sagt Klocke. Das deute mit aller Wahrscheinlichkeit auf ein Aussetzen hin.
Besitzer hat sich gemeldet
Für einen Neuankömmling an der Streunerstelle wendete sich noch vor Jahresende alles zum Guten: Nach der Veröffentlichung einiger Bilder bei Facebook meldete sich der Besitzer. Er hatte sein Katze schon überall gesucht und sehr vermisst. Insgesamt hat der Verein Klein- und Wildtierhilfe im vergangenen Jahr 205 Tiere aufgenommen und 117 ausgewildert.
In Harsleben wurde in der Silvesternacht eine junge Katze verschreckt, teilt Waltraud Hammer vom Tierschutzverein in Halberstadt mit. Vermutlich hat sie sich nicht mehr nach Hause gefunden. Sie ist Susann Wienecke in Harsleben zugelaufen, die sich liebevoll um sie gekümmert hat. „Sie war sehr hungrig und muss noch ziemlich jung sein“, sagt Wienecke. Die Inhaberin eines Brautmodengeschäfts in Halberstadt schätzt die Katze auf höchstens ein bis eineinhalb Jahre. Sie sei sehr zutraulich und sehr gepflegt, weshalb sie wahrscheinlich irgendwo vermisst werden könnte.
„Leider hat sie sich nicht mit unserer Katze vertragen“, sagt Susann Wienecke. „Wir hätten sie sonst auch gern behalten, aber sie muss ja von irgendwo her gekommen sein.“ Das Kätzchen sei sehr schmusebedürftig und kuschelig. „Ich würde mich freuen, wenn der Eigentümer die Katze wieder findet oder wenn sich jemand meldet, der sie aufnimmt“, so die Harsleberin. Die junge Katze wird zur Zeit in der Pension „Flotte Pfote“ in Quedlinburg versorgt.
Um ein Zeichen gegen das Verschenken von Tieren zu setzen, stellt das Tierheim Quedlinburg immer um die Weihnachtszeit die Tiervermittlung ein, so ein Tierheim-Mitarbeiter. Tiere, die ihr gerade erst gefundenes Zuhause und ihre Bezugspersonen wieder verlieren, erfahren durch den Verlust oft ein schweres Trauma.
Dennoch halten in der Pandemie immer noch mehr Menschen an ihren tierischen Mitbewohnern fest als in der Zeit vor Corona. Mit Pandemie und Lockdown kam auch der „Haustiertrend“, dies zeigen Zahlen des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands. Demnach haben im Corona-Jahr 2020 über eine Million mehr Heimtiere in deutschen Haushalten gelebt als noch im Jahr davor.