Ertappt Ertappt: Wieder ein Wolf im Harz?

Wernigerode - „So ein Tier habe ich hier noch nicht gesehen“, ist Beatrix Lenz überzeugt. Auf dem Weg zur Arbeit ist der Schmatzfelderin am Donnerstag ein „wolfsähnliches Tier“ begegnet.
Größere Hunde gebe es in der Gegend eigentlich nicht, meint Lenz - aber, ob sie tatsächlich einen Wolf in der Nähe der Bundesstraße 6 entdeckt hat, können selbst Experten bisher nicht eindeutig klären.
Fakt ist: Das Tier war auf den Feldern zwischen Buntschuhweg und Altenröder Weg in Schmatzfeld bei Wernigerode unterwegs. Dunkles Fell, stattliche Größe, auffällig hell gefärbtes Hinterteil. Eilig lief es in Richtung Wohngebiet davon.
Ein Wolf im Harz?: Tier zuerst für einen Hund gehalten
Gegen 7.30 Uhr war Beatrix Lenz auf dem Weg zur Arbeit, als es ihr ins Auge fiel. „Ich habe zuerst an einen Hund gedacht, aber dann kam es mir komisch vor“, erzählt sie. Dann habe sie angehalten und ein Video mit dem Handy gemacht.
„Es gibt in diesem Jahr immer mehr Sichtungen“, berichtet Jens Schneidewind, Vorsitzender der Jägerschaft Quedlinburg. Ob das Tier im Video tatsächlich ein Wolf sei, könne man nicht sagen, einzig das helle Hinterteil sei auffällig.
Aber es füge sich das Bild zusammen, dass der Wolf langsam auch den Harz erreiche. Natürlich könne es auch daran liegen, dass die Menschen sensibilisiert seien und eher die Kamera herausholen, aber Schneidewind betont auch: „Zwei, drei Wölfe wären in einer Region vollkommen unsichtbar - damit sie gesichtet werden, müssen wirklich mehr da sein.“
Ein Wolf im Harz?: Beobachtungen von Einzeltieren häufen sich
Ähnlich schätzt auch Kreisjägermeister Holger Piegert die Lage ein: „In den Monaten seit Mai häufen sich hier in der Region die Beobachtungen von Einzeltieren - in Siptenfelde, Güntersberge, Allrode, Stiege wurden mehrere Tiere gesichtet, bei denen die Vermutung naheliegt, dass es Wölfe waren.“
Da die Raubtiere sehr weit laufen, sei die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass auch in Schmatzfeld ein Wolf auftauche.
„Sollte es einer gewesen sein, wird er dort mit Sicherheit nicht bleiben, sondern in den nächsten Wald weiterziehen“, erklärt Piegert. Es sei jedoch auch zu bedenken, dass erst vor kurzem ein wolfsähnlicher Hund in Wernigerode gesehen wurde.
„Bisher haben wir noch keine feste Wolfsansiedlung im Harz - aber ich denke, das wird in den nächsten Jahren so kommen.“
In der Vergangenheit gab es immer wieder Wolfssichtungen: Erst vor rund drei Wochen ist ein Isegrim in Wippra in eine Fotofalle des Luchsprojektes der Nationalparkverwaltung Harz getappt.
Der erste Wolf, der tatsächlich auch als Wolf im Harz identifiziert wurde, tauchte im Februar 2016 in Ballenstedt auf. Biologen vom Landesamt für Umweltschutz bestätigten damals die erste Sichtung im Harz.
Und auch im Westharz gab es bereits erste Sichtungen: Im April tappte ein Tier in die Fotofalle eines Jägers bei Hahausen im Landkreis Goslar - das zweijährige Jungtier streife auf der Suche nach einem eigenen Revier schon einige Zeit durch diese Region, hieß es damals von der zuständigen Kreisjägerschaft.
Ein Wolf im Harz?: Sichtungen wurde bisher nicht bestätigt
„Für den Ostharz kursieren etwa eine Handvoll weitere Sichtungen, die allerdings noch nicht bestätigt wurden“, berichtet Ole Anders von der Nationalparkverwaltung Harz.
Für eine sichere Identifikation im Falle des in Schmatzfeld gesichteten Tieres sei das Video allerdings nicht aussagekräftig genug.
„Das Tier wirkt vorn und hinten sehr hell, was eigentlich gegen einen Wolf spricht - aber das könnte natürlich auch an der Belichtung des Videos liegen.“
In ganz Sachsen-Anhalt zählte das Landesamt für Umweltschutz im vergangenen Jahr 13 Wolfsrudel mit 70 bis 80 Tieren. Im Harz gab es bis 2015/16 noch vier Sichtungen und einen bestätigten Wolf. Im November sollen neue Zahlen vorgelegt werden.
**************************************************
Den letzten Wolf im Harz erlegte Graf Ferdinand zu Stolberg-Wernigerode am 29. März 1798 nahe der Plessenburg in Ilsenburg. Rund 100 Jahre später war der Wolf dann in ganz Deutschland ausgerottet. Doch seit 2008 sind Wölfe in Sachsen-Anhalt wieder heimisch und werden durch ein Monitoring des Landesamtes für Umweltschutz und Kooperationsparter überwacht.
****************************************************
Wer ebenfalls glaubt, einen Wolf gesehen zu haben, kann sich an das Wolfskompetenzzentrum Sachsen-Anhalt wenden. Das Zentrum ist unter Telefon 039390/64 80 erreichbar. Es gibt dort zusätzlich eine sogenannte Wolf-Notfallnummer: 0162/3 13 39 49. (mz)