1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Harz
  6. >
  7. Epidemie im Landkreis Harz: Epidemie im Landkreis Harz: Besuchsverbot im Klinikum

Epidemie im Landkreis Harz Epidemie im Landkreis Harz: Besuchsverbot im Klinikum

Von Ingo Kugenbuch und Benjamin Richter 13.03.2020, 17:58
Christian Hirsch, Pflegerischer Leiter der Notaufnahme am Quedlinburger Harzklinikum, mit einem Hinweisschild, das im Krankenhaus angebracht wird, wenn wegen der Coronavirus-Ausbreitung Quarantänebereiche im Krankenhaus ausgewiesen werden müssen.
Christian Hirsch, Pflegerischer Leiter der Notaufnahme am Quedlinburger Harzklinikum, mit einem Hinweisschild, das im Krankenhaus angebracht wird, wenn wegen der Coronavirus-Ausbreitung Quarantänebereiche im Krankenhaus ausgewiesen werden müssen. Harzklinikum/Tom Koch

Quedlinburg - Zu den bislang zwei nachgewiesenen Sars-CoV-2-Fällen im Landkreis Harz - einem Ehepaar aus Blankenburg, das jüngst von einer Ägyptenreise zurückgekehrt ist - sind zwei weitere hinzugekommen. Wie Landkreissprecher Manuel Slawig mitteilt, handelt es sich dabei um ein Ehepaar aus Harzgerode, das in Tirol Urlaub gemacht hat. Die beiden befinden sich in häuslicher Quarantäne.

Nach Symptomen einer starken Erkältung seien sie bereits wieder auf dem Weg der gesundheitlichen Besserung. Es ist laut Slawig in diesem Fall nicht damit zu rechnen, dass sich in Harzgerode weitere Menschen bei ihnen angesteckt haben. Das Gerücht, dass es sich bei dem kranken 56-Jährigen aus Blankenburg um einen Englischlehrer handelt, der auch an einer Quedlinburger Grundschule unterrichtet, hat das Landesschulamt indes nicht bestätigt. „Es gibt im Landkreis Harz keine Lehrkraft, die erkrankt ist“, sagte Sprecher Tobias Kühne der MZ.

Für 83 Personen eine häusliche Quarantäne angeordnet

Insgesamt seien im Landkreis Harz bislang 65 Personen getestet worden, teilte Slawig mit. Derzeit sei für 83 Personen eine häusliche Quarantäne angeordnet worden. Das Gesundheitsamt des Landkreises werde personell aufgestockt, und es würden Aufgaben innerhalb des Gesundheitsamtes verlagert, um Kräfte zu bündeln, so Slawig. Aus diesem Grund fänden keine Schuleingangsuntersuchungen sowie zahnärztliche Untersuchungen und Prophylaxe statt.

Per Telefon mit der Familie Kontakt halten

Für alle Kliniken, Stationen und Bereiche des Harzklinikums gilt ab Montag ein generelles Besuchsverbot, teilte Sprecher Tom Koch mit. Angehörige können daher mit ihren Familienmitgliedern nur noch per Telefon Kontakt halten. Derzeit würden im Harzklinikum weitere Vorbereitungen getroffen, um Kontaktmöglichkeiten zu schaffen, so Koch.

Zur Corona-Vorsorge zählt außerdem, dass ab Montag geplante Operationen abgesagt und verschoben werden müssen. Dringende OPs und Notfall-Operationen würden am Harzklinikum aber weiter vorgenommen. Patienten, die ambulant behandelt würden, könnten diese Termine wahrnehmen, so Koch.

Die Ausnahme: In Busse nur noch hinten einsteigen

In die Busse der Harzer Verkehrsbetriebe GmbH (HVB) dürfen die Passagiere ab sofort nur noch durch die hinteren Türen einsteigen. Wegen der ersten Covid-19-Fälle im Harz „wird Phase 2 des unternehmensinternen Pandemieplans der HVB in Kraft gesetzt“, hieß es von dem Unternehmen. Durch die Absperrung sollen die Busfahrer und Fahrdienstmitarbeiter vor einer Infektion geschützt werden.

Da dadurch auch keine Fahrscheine mehr verkauft würden und es keine Automaten gebe, könnten Passagiere - vorerst bis zum 27. März - ohne Fahrschein mitfahren. Die HVB macht ihren Kunden Mut: „Wir sind Logistiker und werden Sie auch unter schwierigen Bedingungen befördern.“

Keine Walpurgisfeier auf dem Hexentanzplatz

Nachdem die Stadt Ballenstedt schon am Donnerstag angekündigt hatte, Theater, Museen, Jugendclub und Sporthallen geschlossen zu halten, greifen nun auch in Thale schärfere Maßnahmen für den Anti-Corona-Kampf. Auf dem Hexentanzplatz wird es in diesem Jahr keine Walpurgisfeier geben. Das teilt Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU) mit.

Ob und wie groß in der Innenstadt gefeiert wird, will die Verwaltung nach Ostern entscheiden. Abgesagt sind auch der Pokal des Bürgermeisters, die Veranstaltungen der Stadt im Klubhaus und die Osterfeuer der Feuerwehren. Schon früh hat das Rathaus die mittlerweile erfolgte Schließung der Kindertagesstätten und der Schulen im Stadtgebiet vorbereitet.

Bodetal-Therme zu: Dafür sind Fliesen- und Malerarbeiten vorgesehen

Die Bodetal-Therme bleibt ab Montag bis auf Weiteres für Besucher geschlossen, darin geplante Veranstaltungen fallen aus. „Das heißt aber nicht, dass die Mitarbeiter alle zu Hause sind.“ Vielmehr mache man aus der Not eine Tugend und ziehe ohnehin im Sommer vorgesehene Fliesen- und Malerarbeiten vor.

Wie Balcerowski sagt, handelt es sich bei allen Schließungen und Absagen um Vorsichtsmaßnahmen. „Wir haben derzeit weder einen Verdachts- noch einen bestätigten Fall des Coronavirus in Thale.“

Stadtverwaltung Thale will die Versorgung mit Lebensmitteln für ältere Bürger übernehmen

Für Thalenser, die sich Sorgen um ihre Versorgung machen, richtet das Rathaus ein Bürgertelefon ein, das ab Montag unter der Rufnummer 03947/470109 zu erreichen ist. Darüber hinaus will die Verwaltung bei älteren Einwohnern ohne Angehörige, die sich um sie kümmern könnten, selbst die Versorgung mit Lebensmitteln übernehmen. Ein Brief an alle Einwohner über 70 Jahre sei derzeit in Arbeit.

Laut Balcerowski soll es jetzt eine Notbetreuung für jüngere Kinder geben, deren Eltern Berufe ausüben, die zur Bewältigung der Krise gebraucht werden. Darunter fallen etwa Polizisten, Pfleger, Ärzte und Feuerwehrleute. Die Stadtverwaltung arbeitet weiter und steht Bürgern zur Verfügung. Eine ähnliche Notfallbetreuung von Kindern wie in Thale ist auch in Falkenstein geplant.

Evangelische Stiftung Neinstedt zieht ebenfalls die Notbremse

Die Evangelische Stiftung Neinstedt, der zweitgrößte Arbeitgeber im Harzkreis, reagiert mit Schließungen von Einrichtungen auf das Coronavirus. So bleibt etwa das Bistro auf dem Rumberg am Wochenende zu. Ab Montag können Stiftungsmitarbeiter sich Essen kaufen, es aber nicht dort einnehmen. Ab sofort ist auch der Cafébetrieb im Hofladen des Marienhofs eingestellt.

Backwaren und andere Produkte können aber weiterhin gekauft werden. Alle Veranstaltungen mit vielen Personen in Neinstedt sind bis auf Weiteres ausgesetzt. Dieses betrifft die Freizeitveranstaltungen, aber auch die geplante Eröffnung des neuen Erlebnisspielplatzes auf dem Marienhof.

Sommermärchen in Harzgerode wird abgesagt

In Harzgerode ist nach der Schließung des Hallenbads auch das „Sommermärchen“ am 3. und 4. Juli abgesagt worden. Und in Ballenstedt fallen jetzt sogar Sitzungstermine des Stadtrats wegen des Coronavirus aus.

Das Altenpflegeheim Nicolaistift in Ballenstedt ist für Besucher geschlossen. In Quedlinburg hat die katholische Pfarrei ihre Feier zum Mathildentag am Samstag abgesagt. Und die Harzer Tafel stellt wegen des Virus die Ausgabe von Lebensmitteln für mindestens vier Wochen in Quedlinburg, Halberstadt und Wernigerode ein.

*******************************************************

Unter Telefon 03941/59 70 55 55 können Bürger bei der Kreisverwaltung täglich von 8 bis 20 Uhr ihre Fragen zum Coronavirus stellen. (mz)