Umzug für Koloss aus der Jägerstraße Der Koloss aus der Thalenser Jägerstraße: Findling schmückt jetzt den Park

Thale - Die Kette scheppert. Dann ist Ruhe. Ihre Glieder sind straff gespannt, und mit jeder Bewegung des hydraulischen Kranfahrzeugs tragen sie einen größeren Teil jener 22 Tonnen, die die Thalenser Oberstadt seit Juli in Atem halten. Wenige Augenblicke später liegt der Findling, der vor rund fünf Wochen ausgegraben wurde, nicht mehr auf der Fahrbahn der Jägerstraße, sondern hängt darüber in der Luft - erst ein paar Zentimeter, dann übermannshoch.
Zugleich nähert sich ein Baustellenkipper rückwärts, auf dessen Ladefläche die Mitarbeiter einer Sangerhäuser Tiefbaufirma den steinernen Koloss dirigieren. Außerdem mit dabei: ungefähr 20 Anwohner der Nachbarschaft, die dem Umzug des Granitbrockens am Dienstagmorgen gespannt zugucken.
68 Spender halfen bei der Finanzierung der Aktion mit - auch ein Arzt aus London
Ein Umzug in einem Stück wohlgemerkt - das ist für einen mineralischen Baufund dieser Größenordnung keine Selbstverständlichkeit. Auch für den „Koloss aus der Jägerstraße“ sahen Stadt und Baubetrieb erst die Zertrümmerung vor. Dass der Findling diesem Schicksal entronnen ist, hat er 68 Spendern aus der Region und darüber hinaus zu verdanken, wie Katrin Hartling beziffert.
Die Thalenserin hat die Rettung zusammen mit ihrem Mann Matthias angestoßen und ein Rundschreiben an die Anwohner mehrerer Straßen in der Oberstadt verteilt. Durch die Berichterstattung in der MZ seien dann auch Menschen in der Unterstadt und den Ortsteilen auf die Aktion aufmerksam geworden, freut sich Hartling etwa auch über Überweisungen aus Neinstedt und Westerhausen. Doch der am weitesten entfernte Spender unterstützte das Stein-Projekt ihr zufolge aus London - dabei handele es sich um einen Arzt mit Wurzeln im Harz.
Initiatorin wünscht sich Tafel oder Gravur in den Stein
Die Hartlings, die mit dem Ziel von 1.800 Euro vor Augen - dem Preis für die Verlegung des Findlings - ihre Mitbürger um Hilfe gebeten hatten, fanden letztlich 3.112 gespendete Euro auf ihrem Konto. Für Katrin Hartling steht fest, dass das überschüssige Geld dem neuen Standort des 22-Tonnen-Steins zugutekommen soll: dem Klubhauspark. „Wir würden gern mit einer Tafel am Stein oder alternativ durch eine Gravur direkt im Stein darauf verweisen, wo der Findling geborgen wurde und dass er durch die Anwohner Thales gerettet worden ist“, stellt sie klar. Was dann noch übrig bleibe, könne dann beispielsweise für ein Kiesbett zu Füßen des Findlings verwendet werden.
So behutsam, wie die Arbeiter der Umweltschutz und Tiefbau GmbH den Granitbrocken in der Jägerstraße angegurtet und in die Luft gehoben hatten, so vorsichtig lenkten sie ihn auf der Wiese unterhalb des Klubhauses seinem auserkorenen Platz entgegen. Die Grashalme darunter kümmert es wohl wenig - sie sind trotzdem platt.
Zum Schluss hakten die Tiefbauexperten die Gurte erst nur auf einer Seite aus und zogen den Stein auf der anderen Seite in die Höhe, um ihn zu drehen - so, dass Vorbeigehende den Schriftzug „Stein bitte liegen lassen - 22 Tonnen“ lesen können, ohne ihren Kopf schief legen zu müssen. Die Bitte hatte die Firma mit roter Farbe auf dem Brocken angebracht - und ihr wurde Folge geleistet.
Nach Angaben des Unternehmens ist es der größte Stein, den sie je ausgegraben hat, und der größte, der je bei Kanalarbeiten in Thale aus der Erde geholt wurde. So erhält der Klubhauspark um 9.30 Uhr am Dienstag wieder einen zentralen Blickfang. Anwohner Rüdiger Zeus erinnert sich an den Springbrunnen, der vor einigen Jahren an fast derselben Stelle zu finden war, die der Findling eingenommen hat. „Das war ein tolles Bild“, sagt der Thalenser, der zugleich begrüßt, dass für den Raum nun eine neue Idee gefunden wurde.
„Grüne Oase“ liegt am Herzen
Dass den Menschen in der Oberstadt der Klubhauspark als „Erholungsort und grüne Oase“ am Herzen liegt, hat auch das Ehepaar Hartling in persönlichen Gesprächen festgestellt. „Der Wunsch, den Stein mit dem Klubhauspark zu verbinden, wurde wohlwollend aufgenommen“, zieht Katrin Hartling daraus Bilanz.
Zahlreiche Anwohner hätten zugleich betont, dass sie bereit wären, bei der Pflege des Parks künftig mehr Eigeninitiative zu zeigen. „Wir möchten uns bei all den vielen guten und heimatverbundenen Menschen bedanken, welche so unkompliziert und so selbstverständlich geholfen haben“, unterstreicht die Thalenserin. „Solch eine Verbundenheit und solch eine Einigkeit zu erleben, hat uns unglaublich berührt.“
Sie berichtet, dass die Pension, vor der der Stein gelegen habe, selbst eine kleine Spardose für die Aktion aufgestellt habe. Ein Anwohner habe den Stein vor seiner Tür darüber hinaus in verschiedenen Farben angeleuchtet. (mz)

