Fund in Thale Fund in Thale: Voller Einsatz für "Koloss aus der Jägerstraße"

Thale - Er ist mannshoch, so breit wie ein Auto und vor allem: verdammt schwer. Stolze 22 Tonnen bringt der Granitfindling auf die Waage, den eine Tiefbaufirma in der Jägerstraße in Thale vor Kurzem ausgegraben hat. Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, hat ihn ein in der Nähe wohnendes Ehepaar tief ins Herz geschlossen.
Jetzt setzen Katrin und Matthias Hartling alles daran zu verhindern, dass der „Koloss aus der Jägerstraße“ kurz und klein geschlagen und wegtransportiert wird. Und sie hoffen, auch einige ihrer Nachbarn für die Rettungsaktion zu gewinnen.
Kurzerhand auf die Baustelle gegangen
Als Ende vergangener Woche bekannt geworden sei, dass der Felsbrocken mit einem Abbruchhammer zertrümmert werden solle, habe sie erkannt, dass schnell gehandelt werden müsse, schildert Katrin Hartling im MZ-Gespräch. Sie habe die Gefahr gesehen, dass ein Stück Heimat unwiederbringlich verloren gehe. „Wir sind wirklich stolz, Thalenser zu sein“, erklärt sie, „aber wir wissen auch, dass die Stadt nicht alles aus ihren Mitteln bezahlen kann.“
Kurzerhand sei sie daher selbst auf die Baustelle gegangen, wo die Firma Umweltschutz und Tiefbau GmbH aus Sangerhausen derzeit im Auftrag des Zweckverbands Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Ostharz neue Rohre verlegt. Die Bauarbeiter seien sehr zuvorkommend gewesen, merkt Hartling an, und hätten ihr gern einen Kostenvoranschlag erstellt. Um den Findling an einem würdigen Ort in der Kernstadt zu platzieren, sind demnach 1.800 Euro vonnöten.
Werbung in den Medien und mit Postwurfsendungen werben
Um dieses Geld aufzutreiben, werben die Hartlings nun in den sozialen Medien für ihr Anliegen. Katrin Hartling machte am Mittwoch zudem mit einem Posteinwurfschreiben die Runde durch ihre Nachbarschaft. Ihr Brief landete in fünf umliegenden Straßen in allen Briefkästen.
„Ein Granitfindling mit Seltenheitswert, Millionen Jahre alt“, steht darin, gefolgt von dem Appell: „Bitte helft mit, ihn vor der Zerstörung zu retten!“ Jede Spende, egal wie groß oder klein, werde dankbar angenommen, um damit die Kosten für den Transport begleichen zu können. „Es wäre schön, wenn wir nur mit Herz und durch Eigeninitiative dafür sorgen könnten, dass etwas von dem bleibt, was zu unserer Heimat gehört.“
„Das Wichtigste ist, dass jetzt feststeht, dass er gerettet ist“
Für den steinernen Fund aus dem Erdreich unter der Jägerstraße - auch das hat Katrin Hartling von den Bauarbeitern erfahren - hätte der Donnerstag der Schicksalstag werden sollen. „Da sollte der Bagger abgeholt werden, also hätte die Firma ihn bis dahin zertrümmern müssen“, erläutert die Thalenserin.
Dass es nun nicht so weit kommen werde, hänge damit zusammen, dass ihr Mann und sie sich entschlossen hätten, den Rest des für die Versetzung geforderten Betrags auf jeden Fall selbst beisteuern zu wollen. „Das Wichtigste ist, dass jetzt feststeht, dass er gerettet ist“, stellt Katrin Hartling klar.
Trotzdem kein ungewöhnlicher Fund für die Tiefbaufirma, aber bisher der größte
Bei dem 22-Tonnen-Findling handelt es sich laut dem für die Einsatzstelle zuständigen Bauleiter Heiko Stolberg sowohl um den größten, den seine Firma je aus der Erde gehievt hat, als auch um den größten, der je bei einer Tiefbaumaßnahme in Thale ausgegraben worden ist.
Im Allgemeinen seien Granitbrocken bei Kanalgrabungen kein ungewöhnlicher Fund - dieser weise jedoch nie dagewesene Ausmaße auf. Im weiteren Fortgang der Baustelle mussten die Arbeiter den Stein demzufolge bisher zweimal hin- und herrücken - die Beeinträchtigung der Bautätigkeit halte sich jedoch in Grenzen, so Stolberg.
Klubhauspark als Wunschort auerkoren
Als zukünftigen Standort des Findlings wünscht sich Katrin Hartling den Park am Klubhaus. So könne der Granitbrocken in der Nähe seines Fundorts bleiben, was besonders für die Anwohner schön wäre. „Aber das muss noch beantragt werden“, ergänzt Hartling. Falls es nicht klappe, sei ein alternativer Platz aber auch schon gefunden. Mit dem Transport beauftragen die Hartlings nach eigenen Angaben die Sangerhäuser Tiefbaufirma.
Deren Mitarbeiter, so die Anwohnerin, hätten Anfang dieser Woche auch schon die Aufforderung „Stein bitte liegen lassen - 22 Tonnen“ mit roter Sprayfarbe auf den großen Stein geschrieben.
Außer dem großen hatte der Baubetrieb aus dem Südharz Ende Juli noch einen etwas kleineren, dafür interessanter geformten Granitbrocken aus den Tiefen der Jägerstraße hervorgeholt. Für diesen hat die Stadtverwaltung Thale als dauerhaften Standort inzwischen die wenige Meter entfernte Kreuzung von Jäger- und Heimburgstraße ins Auge gefasst.
„Es ist das Beste, was es gibt, wenn die Bürger selbst aktiv werden“
Der Plan, den größeren der beiden Findlinge neben dem Klubhaus aufzustellen, sei schon indirekt, über die Stadtratsvorsitzende Cornelia Sieker (CDU), mit dem Rathaus abgesprochen, teilt Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU) mit. Er begrüßt das Engagement der Einwohner: „Es ist das Beste, was es gibt, wenn die Bürger selbst aktiv werden.“
Der Stadtverwaltung komme in diesem Fall die Rolle der Befehlsempfängerin zu; man warte ab, welchen Auftrag man bekomme, und agiere ansonsten nach dem Motto „Einsatz befruchten, nicht bevormunden“. In praktischen Fragen, etwa was die Verkehrssicherung angehe, könne das Rathaus den Bürgern Leitlinien und Hinweise an die Hand geben. „Aber die Frage, wo der Findling platziert wird, muss innerhalb der Bürgerschaft geklärt werden“, betont das Stadtoberhaupt.
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Wer das Vorhaben unterstützen möchte, kann Matthias Hartling unter der Rufnummer 0157/71 76 23 19 kontaktieren. Spenden erbitten Matthias und Katrin Hartling auf ihr Konto mit der Iban DE85810400000800624900 unter Angabe des Betreffs „Stein“. (mz)