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Der ewige Vorsitzende Der ewige Vorsitzende: Walter Hansch sucht seit zehn Jahren einen Nachfolger

Von Uwe Kraus 02.09.2020, 13:57
Das Sportlerheim wird derzeit umgestaltet. Walter Hansch engagiert sich auch dabei.
Das Sportlerheim wird derzeit umgestaltet. Walter Hansch engagiert sich auch dabei. Uwe Kraus

Meisdorf - Walter Hansch zählt die Namen Münchner Fußball-Größen auf, Ulli Hoeneß hat er später sogar geduzt. Der Vorsitzende von SV Germania 1928 Meisdorf erinnert sich noch bis zur genauen Zahl der Ordner an das Gastspiel der Bayern im Juli 1995 im Ort. Plötzlich war das Dorf für Tage das Mekka der Fußball-Fans, Tausende strömten an den Fußballplatz, der 1946 noch ein Kartoffelfeld war und später für die Dorfkicker reichte.

60 Ordner schaffte Walter Hansch heran, sorgte mit ihnen für die Autogrammstunde und dass die Fans die berühmten Spieler vom Trainingsplatz zum Hotel ließen. Später luden ihn die Bayern mit seinem Team nach München ein.

Das organisatorische Talent

Schöne Erinnerungen eines Mannes, der seit 1975 dem Sportverein des Ortes vorsteht, sein organisatorisches Talent bei zwei DDR-Turn- und Sportfesten bewies und daraus noch heute schöpft. Er rief den Selketallauf ins Leben, trat als aktiver Rennsteigläufer an und organisierte in den 2000ern per Handy von seinem Arbeitsort in der Schweiz aus die legendären Pfingstfußballturniere in Meisdorf.

Geschlafen wurde einst im Ferienlager des Walzwerkes Hettstedt, wo wiederum die Meisdorfer Sportler beim jährlichen Frühjahrsputz halfen. Es gab Zeiten, da liefen dort 50 Mannschaften auf, zwischen Meißen bis Rostock war man dann zu den Turnieren der Gäste eingeladen. Es entstanden viele Sportlerfreundschaften.

Walter Hansch winkt ab. „Heute leben wir in einer anderen Zeit, da kriegt man kaum eine Mannschaft zusammen, geschweige denn reist so durch die Welt. Ich gehöre noch zur Generation, die solche Tradition nicht wegwerfen will.“

„Ich habe lückenlos Beitrag gezahlt, das machen manche unserer heutigen Mitglieder nicht“

Seit 1956 gehört er Traktor und später Germania Meisdorf an. „Ich habe lückenlos Beitrag gezahlt, das machen manche unserer heutigen Mitglieder nicht.“ Einst begann der gelernte Landmaschinen- und Traktorenschlosser mit 21 Jahren als Abteilungsleiter Fußball. Walter Illiger, der damalige Vereinsvorsitzende, hat „den Sport vorgelebt“.

Der kriegsversehrte Sportlehrer an der Polytechnischen Oberschule holte mehrere DDR-Meistertitel in den technischen Disziplinen des Behindertensports. 1975 erlebte Traktor einen nahtlosen Übergang. Mit 25 Jahren wählte man Hansch zum Vorsitzenden des „Mehrspartensportvereins“; Feldhandball, Tischtennis, die Wander- und Laufgruppe, die Kegler zählten zu den 300 Mitgliedern.

„Ich will nach 45 Jahren nicht stehenden Fußes Abschied nehmen“

„Bei uns fand sogar das Finale des DDR-Cross der Jugend mit 1.200 Aktiven statt.“ Am Rande des Fußballfeldes stand eine 6 mal 8 Meter große Sportbude, bis 1985 in Eigeninitiative das Sportlerheim entstand, das gerade jetzt mit Behinderten-WC und barrierefreiem Zugang umgestaltet wird. Walter Hansch findet man fast immer dabei, wenn es ums Absenken der Türen und die Höhe der Toilettenbecken geht. „Doch keiner wird mit 75 jünger und gesünder. Ich will nach 45 Jahren nicht stehenden Fußes Abschied nehmen. Seit zehn Jahren suche ich erfolglos einen Nachfolger“, sagt er.

Wenn er die Ausreden potenzieller Kandidaten hört, erklärt er ihnen, dass er nicht als Rentner geboren wurde, sondern Familie hat, ein Haus baute, nebenher seinen Meisterbrief machte und fünf Vorsitzenden-Jahre auf Montage verbrachte. „Mir ist wichtig“, sagt Hansch, „dass unsere Vereinsarbeit weiterlebt.“ (mz)