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Wer hat Schuld? Chancen auf Seilbahn in Schierke nur noch minimal

Von Hagen Eichler und Max Hunger 31.05.2019, 08:00
So sollte die Seilbahn aussehen, die die Wintersportgebiete in Schierke (Landkreis Harz) und Braunlage (Niedersachsen) verbinden sollte.
So sollte die Seilbahn aussehen, die die Wintersportgebiete in Schierke (Landkreis Harz) und Braunlage (Niedersachsen) verbinden sollte. Stadt Wernigerode

Schierke - Der Hildesheimer Unternehmer Gerhard Bürger stellt alle Aktivitäten für den Bau einer Seilbahn im Harzer Touristenort Schierke ein. „Er wird dafür keinen Euro und keine Minute Zeit mehr investieren“, sagte sein Sprecher Hartmut Möllring, von 2013 bis 2016 Landeswirtschaftsminister.

Bürger sieht derzeit keine Chance, das Projekt zu finanzieren. Ohne schriftliche Zusagen des Landes habe er keine Chance, einen benötigten Millionenkredit zu bekommen, erklärte Möllring.

Das Vorhaben sorgt bereits seit drei Jahren immer wieder für Streit innerhalb der Landesregierung. 20 Millionen Euro will Bürger für Gondel, Skipiste und künstliche Beschneiung investieren, ein Zuschuss des Landes von sechs Millionen Euro ist bereits eingerechnet.

Verfahren läuft noch - doch kaum Chance auf Geld vom Land

Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) hat Bürger jetzt mitgeteilt, dass er das Geld derzeit nicht bewilligen könne. Denn noch immer läuft im Verkehrsministerium von Thomas Webel (CDU) ein Raumordnungsverfahren, die Grundlage für eine ordnungsgemäße Genehmigung der Seilbahn.

Deren Trasse verläuft durch ein Gebiet, das als Flora-Fauna-Habitat (FFH) unter europäischem Schutz steht. Dort sowie außerhalb dieses Gebietes finden sich seltene Fichtenmoorwälder, die teilweise abgeholzt werden müssten. Bis heute hat das zuständige Verkehrsministerium keinen Weg gefunden, das Tourismusprojekt mit Naturschutzrecht in Einklang zu bringen.

Raumordnungsverfahren für Seilbahn noch nicht abgeschlossen

Regulär soll ein Raumordnungsverfahren nur sechs Monate dauern. Das aktuelle wurde im Sommer 2016 eröffnet, wegen zahlloser offener Fragen bald darauf auf Eis gelegt und im Dezember 2018 erneut aufgenommen. Dennoch ist nicht absehbar, wann es endet. „Wir können dazu keine Prognose machen“, sagte Webels Sprecher. „Es muss zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass der Naturraum durch das Vorhaben nicht erheblich beeinträchtigt wird.“

Offenkundig ist dem Investor das bislang nicht gelungen. Bei einem Erörterungstermin im Wernigeröder Rathaus trugen Behörden und Verbände Anfang Mai ihre Stellungnahmen vor, darunter auch der Naturschutzverband BUND. Dieser hält das Großprojekt für nicht genehmigungsfähig.

Nach MZ-Informationen gibt es auch zunehmend Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens. Denn Bürger will seine Seilbahn gemeinsam mit dem Skigebiet am niedersächsischen Wurmberg vermarkten. Der dortige Betreiber lehnt das aber ab.

Seilbahn-Investor sauer über ausbleibende Fördermittel

Der Seilbahn-Investor attackiert nun Wirtschaftsminister Willingmann für die ausbleibende Fördergeld-Bewilligung. „Das ist sehr unschön“, sagte Bürgers Berater Möllring. „Wenn das Land so mit Investoren umgeht, spricht sich das natürlich rum.“ Willingmann, der stets für die Seilbahn geworben hat, sieht sich zu Unrecht am Pranger. „Ohne abgeschlossenes Raumordnungsverfahren kann das Fördergeld nicht bewilligt werden, auch nicht unter Vorbehalt. Das ist eine sehr wichtige rechtliche Hürde“, sagte ein Sprecher.

Die Stadt Wernigerode zeigt sich über die resignierten Aussagen des Investors überrascht. Dieser habe erst am Montag mitgeteilt, dass er Nachbesserungen für die Planungen in Auftrag gegeben habe. Die Stadt will am Vorhaben festhalten.

Allerdings sei das Umweltrecht eine große Hürde, räumt Wernigerodes Projektleiter Andreas Meling ein. Unter anderem müssten für Schierke Klimaprognosen bis 2100 erstellt und berücksichtigt werden, sagte Meling. Mit derartigen Ansprüchen habe man zu diesem Zeitpunkt der Planung nicht gerechnet. „Alle Beteiligten kommen hier an ihre fachlichen Grenzen.“ (mz)