Senioren klagen über ASB Betreutes Wohnen Lindenbergsweg in Thale: Senioren erheben schwere Vorwürfe gegen ASB

Thale - Sie habe ihren Augen nicht getraut, als sie am 30. August die Mitteldeutsche Zeitung aufgeschlagen habe, erklärt eine Bewohnerin des betreuten Wohnens des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) im Lindenbergsweg.
„So ein Quatsch, das sind keine Pflegewohnungen“
Im Bericht „Eine Sandbox soll her“ war zu lesen, dass Christine Theiss, die Vorsitzende der Arbeiter-Samariter-Stiftung, der Tagespflege einen Spendenscheck überreicht und sich dabei ein Bild von den 27 Pflegewohnungen gemacht hatte.
„So ein Quatsch, das sind keine Pflegewohnungen“, sagt die Bewohnerin. „Wenn hier einer keine Pflegestufe hat und stirbt - das merkt sicher tagelang keiner.“ In den vergangenen Monaten habe sich in der Wohnanlage vieles zum Schlechteren entwickelt.
Mieterin: Bei Beschwerden wird der Auszug nahegelegt
Der Unmut ist so groß, dass sich sieben Bewohnerinnen im Café im nahe gelegenen DRK-Seniorenzentrum Bergblick getroffen haben, um von den Veränderungen zu erzählen. Weil sie Konsequenzen vonseiten des ASB befürchten, wollen sie nicht namentlich genannt werden.
„Das ist nämlich immer das Erste, das wir zu hören kriegen, wenn wir uns über irgendwas beschweren: Sie können doch ausziehen“, berichtet eine Mieterin.
Keine gemeinsamen Aktivitäten seit Einführung der Tagespflege
Die Liste der Klagen ist lang: Seit Anfang des Jahres die Tagespflege eingeführt worden sei, gebe es keine gemeinsamen Aktivitäten mehr. Früher hätten die Bewohner jeden Dienstag zusammen Kaffee getrunken und Kuchen gegessen, donnerstags Gymnastik gemacht und freitags eine kostenfreie Fahrt zum Supermarkt unternommen, um einzukaufen, blickt die Mietergemeinschaft zurück.
Zudem habe es einmal in der Woche eine Versammlung im Gemeinschaftsraum gegeben, um sich über eigene Anliegen auszutauschen. „Den Raum dürfen wir seit Januar gar nicht mehr betreten“, betont eine Bewohnerin.
„Ich bin hierher gekommen, weil damit geworben wurde, im Alter nicht allein zu sein“
Seitdem treffen sich die Senioren allenfalls noch zufällig im Flur. Eine Bewohnerin schildert, dass sie nun oft die Einsamkeit empfindet, der sie eigentlich entgehen wollte. „Ich bin hierher gekommen, weil damit geworben wurde, im Alter nicht allein zu sein“, stellt sie klar. „Seit 2007 lebe ich hier, und in den ersten zehn Jahren traf das auch zu.“
Ärgerlich finden die Mieter auch, dass der Kellerraum, in dem sie früher ihre Kleidung trockneten, zu einem Duschraum umgebaut wurde. „Da drin ist noch nie jemand geduscht worden“, sagt eine Bewohnerin. „Und es zieht ja auch wie Hechtsuppe da unten, da kriegt man ja sofort eine Lungenentzündung.“
ASB-Chefin verweist auf Begegnungsstätte in Karl-Marx-Straße
Der Duschraum sei eine verpflichtende Voraussetzung, damit die Einrichtung einer Tagespflege genehmigt werden könne, erläutert Beate Lossin. Als Geschäftsführerin des ASB-Regionalverbands Altkreis Quedlinburg trägt sie die Verantwortung für das betreute Wohnen im Lindenbergsweg. „Ein Trockenraum wird den Bewohnern an keiner Stelle garantiert“, fügt sie hinzu.
Lossin ist irritiert, dass die Senioren ihre Unzufriedenheit erst jetzt äußern. „Wir haben ihnen alle Änderungen bereits 2016 bei einer Bewohnerversammlung erläutert“, sagt sie. Im Vorfeld sei damals der Wunsch nach mehr Betreuung laut geworden, weswegen sich der Regionalverband entschieden habe, die Tagespflege einzurichten.
Dass es für die Mieter keinen Ort mehr gebe, an dem sie sich treffen können, sei falsch, betont die Geschäftsführerin. „Wir haben mit unserer Seniorenbetreuungsanlage in der Karl-Marx-Straße 32 eine Räumlichkeit, in der Veranstaltungen stattfinden und mit unseren Mitarbeitern abgestimmt werden können.“ Diese Begegnungsstätte gebe es schon immer. „Wenn die Bewohner das Angebot nicht wahrnehmen, kann ich das nicht ändern.“
Zehn Euro für 1,6 Kilometer Fahrt zur Gemeinschaft
Außer den Treppen zwischen ihren Wohnungen und dem Gemeinschaftsraum müssten die Senioren nun also 800 Meter Fußweg überwinden, um an den Aktivitäten teilzuhaben. Vielen ist das körperlich nicht möglich. Sie könnten einen Fahrdienst in Anspruch nehmen. „Hin und zurück zahlen wir dafür allerdings zehn Euro“, rechnet eine Bewohnerin vor.
Zudem könne sie, wenn sie sich unwohl fühle, nicht einfach wieder in ihre Wohnung gehen, sondern müsse auf den Fahrer warten. „Zwanglos ist anders.“ (mz)