120.000 Euro Schaden 120.000 Euro der Katholischen Kirche Ballenstedt veruntreut: 11 Monate Haft auf Bewährung für ehemaligen Pfarrer

Ballenstedt - „Die Stimmung in der Gemeinde ist gut. Das Kapitel ist abgeschlossen“, sagt Peter Muser, Vorstandsvorsitzender der St.-Elisabeth-Gemeinde in Ballenstedt. Er meint damit die Ereignisse vom Ende 2018, als sich der damalige katholische Pfarrer in einem Gottesdienst offenbarte:
Der Geistliche hatte rund 120.000 Euro aus der Pfarreikasse veruntreut. Dafür ist er jetzt zu einer Haftstrafe von elf Monaten verurteilt worden, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist. Außerdem muss er innerhalb von vier Monaten 100 Stunden ehrenamtliche Arbeit leisten.
Seit Januar stottert der ehemalige Pfarrer, der jetzt als Priester weiter im Dienst der katholischen Kirche steht, seine Schulden bei der Ballenstedter Gemeinde ab. Dafür wird sein Gehalt monatlich bis auf das Existenzminimum gepfändet, sagt Bistumssprecherin Susanne Sperling.
Außerdem, so Peter Muser, hat der Priester die Auszahlung einer fälligen Lebensversicherung „im höheren fünfstelligen Bereich“ an die St.-Elisabeth-Gemeinde geleistet - als Teil der Wiedergutmachung.
Entlassener Priester zahlte Lebensversicherung als Teil der Wiedergutmachung
Der Geistliche war nach eigenen Angaben Betrügern aufgesessen und hatte bei einer spanischen Online-Lotterie auf einen Millionengewinn gehofft. Doch um den ausgezahlt zu bekommen, sollte er zunächst immer wieder Geld überweisen - was er auch tat.
Als seine persönlichen Ersparnisse aufgebraucht waren, griff der Pfarrer seit dem Sommer immer wieder in die Gemeindekasse und bediente sich an den Rücklagen, die unter anderem für Bauvorhaben vorgesehen waren. Im November 2018 zeigte er sich schließlich selbst beim Landeskriminalamt an und bat Bischof Gerhard Feige um seine Entpflichtung.
Seitdem muss sich die Ballenstedter Kirchengemeinde selbst organisieren. Seelsorgerisch betreut wird sie vom Halberstädter Pfarrer und Domkapitular Norbert Sommer, der vom Bistum administratorisch in Ballenstedt eingesetzt ist.
Pfarrer Norbert Sommer aus Halberstadt wurde in Ballenstedt eingesetzt
Um die „weltlichen Belange“, wie er es nennt, kümmert sich Peter Muser: „Rechnungen, Reparaturen, die Koordination von Veranstaltungen.“ Der Radislebener wurde vom Bischof zum Vorstandsvorsitzenden der Elisabeth-Gemeinde ernannt. „Es ist eine Ausnahme, dass ein Laie Vorsitzender wird“, sagt Peter Muser.
Eigentlich übernehmen diese Aufgabe Pfarrer oder Diakone. Aber einen eigenen Pfarrer wird die Ballenstedter Gemeinde nicht mehr bekommen. Auf die entsprechende Frage antwortet die Bistumssprecherin mit einem klaren Nein: „Es gibt keine Priester mehr“, umschreibt sie die Personalnot in der katholischen Kirche. „Es gibt nur wenige, die sich auf den Weg machen“, sagt sie.
„Jeder macht das, was er am besten kann“, sagt Peter Muser über die Gemeindemitglieder
Das Bistum begleite die Ballenstedter Gemeinde, beispielsweise durch Berater aus dem Ordinariat. Auch bei Bauvorhaben helfe das Bistum finanziell, „damit die Gemeinde nicht so einen hohen Schaden hat“. Ansonsten gilt für sie dasselbe wie für viele andere im Bistum: Sie sollen sich selbst organisieren.
In Ballenstedt ist man dabei offenbar auf einem guten Weg: „Jeder macht das, was er am besten kann“, sagt Peter Muser über die Gemeindemitglieder, die das Gemeindeleben in die eigenen Hände nehmen.
Mehr noch: „Es kommen Leute wieder, die sich schon abgewendet hatten“, sagt der Vorstandsvorsitzende. „Auch die Spendenbereitschaft hat zugenommen. Die Leute sehen, dass hier sauber mit ihrem Geld umgegangen wird, und spenden gerne.“ Auch die Kirche selbst wird voller.
Die Gottesdienste, so Peter Muser, seien mittlerweile wesentlich besser besucht. „Alle sind richtig schön zusammengerückt.“ (mz)
