Ortswehr Tornau Ortswehr Tornau in Raguhn-Jeßnitz: Nach 103 Jahren vor dem Aus

Tornau von der Heide - Vor drei Jahren wurde in Tornau groß gefeiert. Die Urkunden im Gerätehaus der Ortsfeuerwehr künden vom besonderen Augenblick.
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht und der Anhalt-Bitterfelder Landrat Uwe Schulze (beide CDU) beglückwünschten die Wehr zum 100. Geburtstag. Geschichte.
Vom großen Bahnhof ist nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil. Die Zeichen stehen auf Abschied. 103 Jahre nach ihrer Gründung soll die Tornauer Wehr auf Anregung der Raguhn-Jeßnitzer Stadtwehrleitung um Steffen Münter aufgelöst werden. Eine entsprechende Beschlussvorlage macht derzeit die Runde in den kommunalen Gremien.
„Das tut schon weh. Hier steckt mein Herzblut mit drin“, sagt Ilona Knoblauch. Die Tornauerin ist Feuerwehrfrau mit Leib und Seele und hat vor sechs Jahren die Löschzwerge mit ins Leben gerufen.
Der Nachwuchs sollte frühzeitig an die Feuerwehr herangeführt werden. Doch mittlerweile sind auch die Löschzwerge von der Bildfläche verschwunden.
Seit Herbst 2015 nicht im Einsatz
„Die Feuerwehr Tornau ist seit November 2015 bei der Leitstelle als nicht einsatzbereit gemeldet“, bestätigt der Raguhn-Jeßnitzer Ordnungsamtsleiter Torsten Wehlmann.
Grund sind fehlende Tauglichkeitsuntersuchungen der Einsatzkräfte und das Ausbleiben der Ausbildungsdienste. Nach Auskunft der Verwaltung hätten die Tornauer die Untersuchungen zur Tauglichkeit bis 31. Juli nachholen sollen.
Bis auf einen Kameraden sei kein anderer Feuerwehrmann der Forderung nachgekommen. Dienste habe es auch keine gegeben.
Die Vorwürfe wiegen schwer. Dennoch hat der Tornauer Ortsbürgermeister Jürgen Polese der Auflösung nicht zugestimmt. Und auch Ilona Knoblauch hat nicht Ja zum drastischen Schritt gesagt. „Wenn man dich nicht will, schafft man das schon.“
Die Feuerwehrfrau ist enttäuscht, vermisst Fingerspitzengefühl. „Die meisten Jungs sind doch in der Landwirtschaft unterwegs. Die können im Sommer nicht raus und Dienste machen. Wenn sie gebraucht worden sind, war aber immer Verlass auf sie.“
Mit der Bildung der Einheitsgemeinde wurden die Freiwilligen Feuerwehren auch in Raguhn-Jeßnitz unter dem Dach der Stadtfeuerwehr zusammengefasst. Deren Wehrleiter ist Steffen Münter, sein Stellvertreter Sebastian Bau.
Zur Stadtfeuerwehr Raguhn-Jeßnitz gehören die Ortsfeuerwehren in Raguhn, Jeßnitz, Lingenau, Marke, Priorau-Schierau, Retzau, Thurland und Tornau vor der Heide. In den Einsatzabteilungen sind derzeit 180 Kameraden aktiv.
Der Jugendfeuerwehr gehören 37 Mitglieder an. Die Kinderfeuerwehr besteht aus 57 Mädchen und Jungen. In der Alters- und Ehrenabteilung sind 81 Kameraden vertreten. (mz/ur)
Stadtrat muss entscheiden
Vom zuständigen Amt sind indes andere Töne zu vernehmen. „Es war im letzten Herbst nicht das erste Mal, dass die Tornauer Wehr als nicht einsatzbereit gemeldet werden musste“, erklärt Wehlmann.
Er verweist auf einen längeren Prozess, an dessen Ende die Auflösung der Wehr stehen kann. „Erst muss der Stadtrat entscheiden. Dann muss das Innenministerium seine Zustimmung geben.“
Die Frage der Sicherheit wird dabei eine wichtige Rolle spielen. In Tornau sollen die Wehren der Nachbarschaft dafür geradestehen. Theoretisch kein Problem.
Laut Angaben aus dem Rathaus beträgt die Entfernung von der Ortsfeuerwehr Thurland nach Tornau vor der Heide 2,9 und von Lingenau 2,8 Kilometer. Die Fahrzeit beträgt drei Minuten. Damit könne die geforderte Hilfsfrist von zwölf Minuten sichergestellt werden.
Die Fahrzeughalle des Tornauer Gerätehauses ist schon jetzt spärlich gefüllt. Untergestellt ist nur das Traditionsfahrzeug des Feuerwehrvereins. Das reguläre Einsatzgerät wurde abtransportiert. (mz)