Mitteldeutsche Handball-Oberliga Mitteldeutsche Handball-Oberliga: Ein bisschen verkehrte Welt

Köthen - Vor einer Saison wird immer gern spekuliert und gemunkelt. Wer könnte am Ende in der Tabelle ganz oben stehen? Wer muss vielleicht zittern? Die Mannschaften in der Mitteldeutschen Oberliga (MOL) zeigen allerdings auch in dieser Spielzeit, dass sämtliche Mutmaßungen nur Schall und Rauch sind. In der vierthöchsten Handball-Liga Deutschlands werden Aufsteiger zu Meisterschaftskandidaten, Meisterschaftskandidaten kämpfen gegen den Abstieg. Ein bisschen verkehrte Welt. Acht Spiele sind absolviert. Zeit für ein erstes Fazit.
Der HG-Zustand
Vor drei Wochen stand die HG 85 Köthen mit 9:3 Punkten da und überraschte mit dieser Bilanz die Konkurrenz - und ehrlich gesagt auch ein bisschen sich selbst. „Hoffentlich verletzt sich keiner“, hatte Mannschaftskapitän Martin Lux damals, nach dem 31:30-Auswärtssieg gegen Rot-Weiß Staßfurt, gesagt. Eben jener Lux sowie Spielmacher Svajunas Kairis zogen sich eine Woche später Blessuren zu. Auch deshalb verlor die Mannschaft gegen den HC Aschersleben und eine Woche später gegen Spitzenreiter TuS Radis. Die Bilanz ist trotz der beiden Niederlagen nach wie vor positiv. Und auch der Auftritt der Nachwuchsspieler gegen Radis lässt positive Schlüsse zu. Es bleibt aber dabei: Die HG 85 Köthen im Herbst 2015 funktioniert nur stolperfrei, wenn alle erfahrenen Spieler fit sind.
Die positiven Überraschungen
Nach offensichtlicher Ausgangslage ist der HSV Apolda bisher eine Sensation. Der Aufsteiger steht auf Rang zwei, kassierte erst vor eineinhalb Wochen die erste Saisonniederlage (23:31 gegen Glauchau/Meerane). Blickt man allerdings etwas genauer hin, erklärt sich der starke Start der Thüringer. Mit Michal Mrozek, Juraj Petko (beide von Drittligist HSV Bad Blankenburg) und Tom Seifert (per Doppelspielrecht von Bundesligist ThSV Eisenach) kamen starke Neuzugänge. „Wir sind aktuell sehr zufrieden, aber es ist auch nur eine Momentaufnahme“, sagte Trainer Frank Ihl kürzlich gegenüber „SALVE.TV“ zum Saisonstart, „an unserem Ziel, schnell in ruhige Fahrwasser zu kommen, ändert sich aber nichts.“
Die bisherige Saison des HC Aschersleben kann man durchaus als positiv überraschend bezeichnen, immerhin galt der ehemalige Zweitligist am Saisonende 2014/15 als sicherer Absteiger in die Sachsen-Anhalt-Liga. Doch weil dann doch noch ein Startplatz frei wurde, konnte sich der HCA in der MOL halten und steht mit 9:7 Punkten auf dem sechsten Platz.
Das Team von Trainer Dimitri Filippov macht einen stabileren Eindruck als in der Vorsaison. Daran hatte auch Nemanja Gojkovic seinen Anteil. Im Sommer hatte sich der Serbe Aschersleben angeschlossen - doch nun zieht es ihn zurück in seine Heimat. „Ich kann mich hier nicht so gut entwickeln, wie ich es gehofft habe“, begründet Gojkovic seinen Abgang. Der Rückraumspieler hofft, im Profigeschäft Fuß fassen zu können. Bleibt abzuwarten, wie der HCA diesen Verlust verkraftet: Gojkovic war an den ersten acht Spieltagen mit insgesamt 45 Toren Ascherslebens torgefährlichster Spieler.
Die negativen Überraschungen
Die gleiche Kategorie, nur dass es um bisher weniger gute Erscheinungen geht. Andreas Bolomsky, Trainer der HSG Freiberg, ließ vor der Saison auf der vereinseigenen Internetseite verlauten: „Wir möchten in den nächsten zwei Jahren den Aufstieg in die 3. Liga schaffen.“ Die bittere Realität heißt zur Zeit allerdings Abstiegskampf, Freiberg ist Vorletzter. Das offensive Spielsystem, Bolomsky bezeichnete es einmal mit den Worten „immer volle Pulle“, scheint gescheitert - weil sich die Gegner darauf eingestellt haben und Freiberg bisher keinen Plan B zeigen konnte. Der Druck auf die junge Mannschaft wächst somit. Co-Trainer Andreas Tietze sprach gegenüber der Sächsischen Freien Presse sogar davon, dass „der eine oder andere Akteur derzeit eine Blockade im Kopf hat“.
Hinter den Erwartungen zurück sind aktuell auch der HC Einheit Plauen und der HC Burgenland. Beide Mannschaften wurden vor der Saison immer wieder als Aufstiegsaspiranten genannt. Doch im tristen Handball-Alltag finden sich HCE und HCB im Mittelfeld der Tabelle wieder. Die Gründe sind unterschiedlich. Plauen, trainiert von Sven Liesegang, hatte lange Zeit enorme Verletzungsprobleme, schien sich mit zwei Siegen in Folge aber auf dem Weg der Besserung zu befinden. Doch am vergangenen Sonnabend verlor der HCE das Nachholspiel gegen Glauchau/Meerane deutlich mit 16:24. Mit nur zwei Saisonsiegen aus acht Spielen und 5:11 Punkten ist das Thema Aufstieg keines mehr.
Der HC Burgenland scheitert dagegen oftmals am eigenen Nervenkostüm. Erst am siebten Spieltag konnte der HCB den ersten Heimsieg feiern, mit 30:29 gegen Plauen-Oberlosa. „Weil die Mannschaft auch mal das Tempo rausgenommen und nicht zu hektisch gespielt hat, als es etwas kritischer wurde“, erklärte Trainerin Ines Seidler. Es folgte ein turbulenter 48:43-Auswärtssieg gegen Freiberg. Wenn die Serie weitergeht, verlässt Burgenland früher als später die negative Kategorie.
Ein kurzer Ausblick
Die Mitteldeutsche Oberliga wird auch in dieser Saison wieder bis zum letzten Spieltag Spannung bieten. Negativserien können schnell dafür sorgen, dass man abrutscht. Die HG 85 Köthen ist deshalb gewarnt. Bis Weihnachten warten mit SV Hermsdorf (A), HC Einheit Plauen (H), ESV Lok Pirna (A) und HSV Apolda (H) noch vier schwere Aufgaben. (mz)

