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Kirche in Reuden Kirche in Reuden: Schlägt die Glocke bald automatisch?

Von Christine Färber 23.07.2016, 09:59
Walter Zeller, Gemeindekirchenrat von Reuden, muss die Glocke noch per Hand bedienen.
Walter Zeller, Gemeindekirchenrat von Reuden, muss die Glocke noch per Hand bedienen. Thomas Ruttke

Reuden - Manchmal, wenn er die Stufen zum Glockenturm hochsteigt, muss Walter Zeller dann doch lachen: Wir schreiben das Jahr 2016 und der Mann aus dem Reudener Gemeindekirchenrat muss die Glocke per Hand läuten, wenn kirchliche Highlights, Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen anstehen.

Ist das noch zeitgemäß?

Gut, ihm selbst macht das nichts aus, sagt er. Aber: Ist das etwa zeitgemäß? Und eben weil es das nicht ist, wird sich hier auch was ändern.

Die Reudener wollen, dass die einzige Glocke, die noch im Turm hängt und die die Jahreszahl 1698 schmückt, endlich elektrisch betrieben wird. Für dieses Projekt stehen die Aussichten bestens.

Spenden sammelln für das Läutwerk

Doch noch - wen wundert’s - fehlt das Geld. Ein paar tausend Euro müssen wohl zusammenkommen, um das Projekt stemmen zu können.

Immerhin: Den Anfang haben Anfang Juli die „Fuhnesänger 2015“ gemacht. Sie - Walter Zeller nennt sie „neun durchgeknallte Typen“, die sich vom vertrauten Volkslied bis zum hippen Schlager dem Gesang widmen - haben in der kleinen sanierten Kirche unlängst ein Konzert gegeben, dessen Erlös sie für die Sanierung des Glockenstuhls und der Glocke und der Modernisierung der Anlage gespendet haben.

600 Euro brachte es ein - für das Konto „Kirchenglocke“. Zeller freut sich heute noch. „Die Kirche war knackevoll“, sagt er, der selbst mit in der Gruppe singt, „das war eine tolle Atmosphäre, manchmal hatte ich echt Gänsehaut.“

Überwältigende Summen

Und als rauskam, wie viel Geld die Gäste gespendet hatten, sagt er, sei das für sie alle überwältigend gewesen. Gespendet hat auch der Verein Florian Reuden: 300 Euro, die Getränke und den Imbiss nach dem Konzert.

„Schon als wir für die große Sanierung der Kirche Geld gesammelt haben, hat Florian sage und schreibe 1.500 Euro auf das Konto überwiesen“, blickt Zeller zurück und findet: „Toll, wie der Verein Flagge zeigt.“

Endlich wieder zwei Glocken?

Jetzt müssen nur noch Denkmalpfleger und Statiker quasi Flagge zeigen. Denn sie haben das letzte Wort bei der Sanierung des Glockenstuhls und den Einbau eines elektrischen Läutwerks.

Zeller kann sich vorstellen, dass der Glockenstuhl gleich so hergerichtet wird, dass dem Einbau einer zweiten Glocke nichts im Wege steht. Denn ursprünglich erklangen zwei. Eine davon hat das Schicksal vieler Kirchenglocken geteilt - sie wurde im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen, das Material für die Produktion von Waffen verwendet.

Das Wichtigste ist schon erledigt

Zufrieden blickt Walter Zeller von der Wiese des überaus gepflegten Friedhofs auf das Gotteshaus: Das Dach ist saniert, die Fassade wieder tiptop. Das, sagt er, sei erstmal das Wichtigste gewesen.

Im vergangenen Jahr ging das alles über die Bühne. Sogar der Innenraum der Kirche konnte gleich noch gestrichen werden. Von den insgesamt 170.000 Euro, die für all das notwendig waren, haben die Reudener 17.000 Euro aus eigener Kraft gesammelt.

Es hat sich also gelohnt, stellt Walter Zeller fest. Er freut sich. „Die Leute kommen in die Kirche. Das ist schön. Wir haben das alles nicht umsonst gemacht.“

Bleiben noch einige Kleinigkeiten wie der Austausch der Fußbodenbretter oder das Streichen des Gestühls. „Fertig wird man mit so einem Bauwerk nicht“, sagt er. „Aber das, was uns auf der Seele lag, das ist gemacht.“ (mz)

Die Glocke beeindruckt auch im Detail.
Die Glocke beeindruckt auch im Detail.
Thomas Ruttke