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Handball-Oberliga Handball-Oberliga: "Das wäre ein Verbrechen"

16.01.2014, 21:48
Über 20 Jahre prägt Andreas Auerbach schon die Handballgemeinschaft (HG) 85 Köthen.
Über 20 Jahre prägt Andreas Auerbach schon die Handballgemeinschaft (HG) 85 Köthen. Heiko Rebsch Lizenz

Köthen/MZ - Andreas Auerbach ist ein Unikat. Nicht nur, weil er seit über 20 Jahren die HG 85 Köthen entscheidend geprägt hat. Was den 53-Jährigen von anderen Amtsträgern unterscheidet, ist seine Vorliebe, sich nicht zurückzuhalten. Nicht bei sportlichen Entscheidungen, nicht bei sich selbst. Auerbach spricht Klartext. Marcus Bräuer unterhielt sich mit Andreas Auerbach über die Entwicklung der HG 85 Köthen seit der Nichtqualifikation für die 3. Liga, Unterschiede zwischen Bodo Kreutzmann und Ralf Stojan und darüber, warum Auerbach sich nicht an das hält, was er vor eineinhalb Jahren angekündigt hatte.

Herr Auerbach, seit dem unglücklichen Abstieg aus der 3. Liga in der Relegation gegen den OHV Aurich 2011 waren Sie derjenige, der immer wieder deutlich formuliert hat: Wir wollen zurück in die dritthöchste Spielklasse. Warum eigentlich?

Auerbach: Zunächst einmal sind wir nicht abgestiegen, wir haben uns in der Relegation nicht für die 3. Liga qualifizieren können. Zu ihrer Frage: Das ist doch ganz normal, dass ich das immer wieder sage. Wir haben 15 Jahre auf diesem Niveau gespielt. Wenn ich mich mit der vierten Liga zufrieden gebe, dann spiele ich irgendwann in der fünften Liga. Wir wollen uns als Verein behaupten. Handball ist in Köthen die Sportart Nummer eins. Wir streben danach, dass das so bleibt. Wer mich kennt, weiß, dass ich immer nach dem Besten gestrebt habe, als Spieler und als Funktionär. Das erwarte ich auch von den anderen.

Ist die dritthöchste deutsche Spielklasse nicht vielleicht eine Nummer zu groß für einen Verein aus Köthen?

Auerbach: Finanziell könnte man das vermuten. Wenn man sich das Beispiel Dessau-Roßlauer HV ansieht, die haben ein größeres Einzugsgebiet und wären vor ein paar Wochen trotzdem fast insolvent gegangen. In Köthen ist es aber eine gewachsene Sache. Und ich bin sicher, dass unsere Möglichkeiten noch nicht ausgereizt sind. Wenn wir den Aufstieg sportlich schaffen, werden wir in der Lage sein, uns mit einem Mehraufwand von 40 000 bis 50 000 Euro in der 3. Liga zu etablieren. Davon bin ich überzeugt.

Wie schätzen Sie die sportliche Entwicklung des Vereins seit der Nichtqualifikation für die 3. Liga ein?

Auerbach: Wir haben in der Mitteldeutschen Oberliga seither zu den besten Mannschaften gehört. Und wir haben Schwung in die Nachwuchsarbeit gebracht. Da war vor allem die Verpflichtung von Svajunas Kairis wichtig. Er verfolgt ein klares Konzept. Das wird unser Fundament in den nächsten Jahren sein. Und das wollen wir noch intensivieren. Wichtig ist, dass die HG 85 Köthen ein Markenprodukt im Handball in Sachsen-Anhalt bleibt. Wir brauchen Kontinuität. Dann bleiben wir auch für Spieler interessant, die nicht für 200 Euro mehr zu einem Verein in den Westen wechseln. Aufgrund des erwartbaren Fachkräftemangels in der Region bietet sich für talentierte Spieler zudem die Möglichkeit, hier einen guten Job zu bekommen.

Wie hat sich der Verein finanziell seit 2011 entwickelt?

Auerbach: Wir haben vor allem in den letzten Jahren in der Regionalliga über unseren Verhältnissen gelebt. Seitdem haben wir unsere finanziellen Verbindlichkeiten abgetragen, die Konsolidierung ist uns gut gelungen. Wir wollen das Produkt HG 85 Köthen so gut wie möglich verkaufen, damit Sponsoren sich für uns interessieren und Geld investieren. Wir haben in den beiden vorangegangenen Spielzeiten in der Oberliga auf die ganz großen Transfers verzichtet - anders als zu Regionalligazeiten. In diese Entscheidung spielte auch hinein, dass wir mit Dresden (2012) und Bad Blankenburg (2013) Übermannschaften in der Liga hatten. Wir wussten, dass wir an denen nicht vorbei kommen.

In dieser Saison ist das anders, die HG 85 Köthen ist derzeit der Ligaprimus. Hat Sie die starke Hinrunde überrascht und wenn ja, was?

Auerbach: Es hat mich überrascht, wie schnell sich Trainer Bodo Kreutzmann eingegliedert hat. Ich höre immer wieder, dass die Mannschaft stärker ist, als in der letzten Saison. Ich muss aber sagen, spielerisch hat die Truppe das Niveau schon in der letzten Saison gehabt. In dieser Saison ist es aber eingespielter, es ist kompakter, auch disziplinierter, das Umkehrspiel wurde perfektioniert. Und wir verfügen in dieser Saison mit Paul Otto erstmals über einen Kreisläufer, der ein höheres Niveau als die vierte Liga hat. Zudem war unser Torhüter-Duo in den meisten Spielen ein echter Rückhalt. Aber wir dürfen eines nicht vergessen.

Was denn?

Auerbach: Die erste Halbserie war ein tolles Erfolgserlebnis, aber wie stark die Mannschaft wirklich ist, werden wir sehen, wenn es ein Misserfolgserlebnis gibt. Die Qualität wird sich in der Rückrunde zeigen.

Es gibt nicht wenige, die die Trennung von Ralf Stojan und die Installierung von Bodo Kreutzmann als neuen Trainer nicht nachvollziehen konnten. Immerhin wurde Stojan in der letzten Saison Zweiter. Es wurden im Laufe der Hinrunde auch Stimmen laut, der Erfolg der Mannschaft läge nicht an Kreutzmann. Er habe ein gemachtes Nest vorgefunden. Wäre die HG 85 Köthen zum jetzigen Zeitpunkt Erster, wenn Ralf Stojan Trainer geblieben wäre?

Auerbach: Das ist eine sehr polemische Frage. Sowohl Ralf Stojan als auch Bodo Kreutzmann haben ihre Vorteile.

Anders gefragt: Was macht Kreutzmann 2013/14 besser, als Stojan 2012/13?

Auerbach: Bodo hat den Vorteil, dass er nicht selbst in der Mannschaft spielt. Er sieht sie sich von außen an. Ralf war ein Spielertrainer. Bodo Kreutzmann ist sehr abgeklärt, er vermittelt ruhig. Ich bin nicht der Meinung, dass er sich ins gemachte Nest gesetzt hat. Seine Handschrift habe ich schon frühzeitig gesehen. Mich beeindruckt seine Sachlichkeit, auch in der Kommunikation mit mir. Er kann hier - wie auch Ralf Stojan in den letzten Jahren - ruhig arbeiten. Es ist sicher auch ein Vorteil, dass er Köthener ist. Er ist immer verfügbar.

Gibt es für Sie einen Spieler der Hinrunde?

Auerbach: Jeder Spieler im Kader war auf seine Art wichtig und gut. Paul Otto und die Entwicklung von Denny Friedl als Regisseur stechen vielleicht etwas heraus. Aber auch ein Svajunas Kairis tut viel für die Mannschaft. Steven Just wird oft verkannt, trifft aber regelmäßig. Ich könnte zu jedem Spieler etwas Positives sagen. Jeder einzelne wäre nichts, wenn die Mannschaft nicht funktionieren würde.

Ende März 2012 haben Sie gesagt: „Ich werde definitiv in zwei Jahren aufhören.“ Das wäre demnach zum Ende der Saison 2013/14, im Juni. Stehen Sie zu dieser Aussage?

Auerbach: Ich habe das zu einer Zeit gesagt, als sich jeder auf die Person Auerbach verlassen hat. Der Druck war groß. Du kannst aber nicht jeden Tag in der Sporthalle sein. Ich musste an meine Gesundheit denken, ruhiger werden. Es war als Weckruf gedacht, dass andere endlich aufwachen und im Verein mitarbeiten. Hätten wir den Wirtschaftsbeirat nicht gegründet, hätte ich vielleicht schon aufgehört.

Also gibt es den Präsident Auerbach auch noch in der Saison 2014/15?

Auerbach: So, wie sich die Mannschaft und wie sich der Verein entwickelt, wäre es ein Verbrechen, wenn ich im Sommer aufhöre. Stellen sie sich vor, wir schaffen den Aufstieg und dann klappt es in der 3. Liga nicht so, wie sich alle erhofft haben. Dann heißt es schnell: Der Auerbach hat sich aus dem Staub gemacht, als es schwierig wurde. Ich werde in absehbarer Zeit die Funktion in gute Hände übergeben. Diese guten Hände muss ich aber erst noch finden.