Handball Handball: Das Ei ist geplatzt
KÖTHEN/MZ. - Das Telefon klingelt nur einmal, dann ist Martin Müller auch schon am Apparat. Er klingt wie immer, auch wenn er sagt: "Ich kann so einigermaßen sprechen." Der Rückraumspieler, der für die HG 85 Köthen ein Zweitspielrecht besitzt, hat sich vor acht Tagen einen Kieferbruch zugezogen. Passiert ist es beim Auswärtsspiel seines Erstvereins SC DHfK Leipzig gegen den TV Korschenbroich. "Es war im Angriff, ich wollte durch eine Lücke", erzählt Müller, "aber die war dann nicht mehr da." Das Ergebnis ist eine schmerzhafte Gesichtsverletzung. Wie lange er ausfällt, kann Müller selbst nur schwer einschätzen. "Es wird sehr schwierig, dieses Jahr noch einmal zu spielen", glaubt er. Damit fehlt er dem SC DHfK wohl mindestens für sieben Spiele, der HG 85 für drei Partien. Gegen Dresden, Halle und Hermsdorf muss sich das Köthener Trainer-Duo Ralf Stojan und Mario Schellbach also etwas einfallen lassen. Vor allem, wenn Andreas Dominikovic auch noch länger nicht zur Verfügung stehen sollte. Für Martin Müller geht es jetzt darum, den Kiefer größtenteils ruhig zu stellen. "Dann werde ich langsam mit dem Rehatraining beginnen", blickt er aber schon wieder voraus.
Wenn Müller doch nur der einzige Verletzte wäre. Doch bei der HG haben sich in den letzten Wochen einige Spieler krankmelden müssen. Sebastian Loske knickte vor dem Spiel gegen Freiberg um. Er ist nach wie vor noch nicht zu einhundert Prozent belastbar. Martin Lux plagte sich einige Zeit mit Knieschmerzen. Teilweise ließ er das Training ausfallen, um sein Knie zu schonen und am Wochenende einsatzfähig zu sein. "Ihm geht es aber besser. Das Kürzertreten hat ihm geholfen", sagt Mario Schellbach. Der kümmerte sich in der letzten Woche und auch zu Beginn dieser Woche allein um das Training. Ralf Stojan musste wegen einer Angina das Bett hüten. Beim Spiel in Bad Blankenburg war Stojan auf der Bank dabei. Am Dienstag nahm er das letzte Mal Antibiotika, Donnerstag war er erstmals wieder in der Heinz-Fricke-Sporthalle.
Es kommt der HG so gesehen sehr gelegen, dass sie an diesem Wochenende spielfrei ist. Maik Mischek kämpft sich derzeit auf dem Standfahrrad wieder heran. Sein Muskelfaserriss ist fast ausgeheilt. "Er muss aber noch viel aufarbeiten", sagt Schellbach. Robert Wagner hatte vor dem Spiel in Bad Blankenburg Beschwerden mit den Adduktoren. Auch er befindet sich aber auf dem Weg der Besserung.
Am Mittwoch ließ Schellbach das Training ausfallen. Die Spieler sollten sich alle etwas ausruhen. Dienstag und Donnerstag legte er das Training mit der zweiten Mannschaft zusammen. Viel Handball gespielt wurde aber nicht. Am Dienstag arbeitete er mit dem Medizinball. "In Spielformen, aber dennoch intensiv", erklärt Schellbach. Zu sehr dürfe man trotz des freien Wochenendes das Training auch nicht schleifen lassen. Am Donnerstag hatte Schellbach dann für alle jene, die nicht mittrainieren konnten, eine Denkaufgabe vorbereitet. Aus verschiedenen Utensilien wie Schaschlik-Stäbchen, Bierdeckeln, Toilettenpapier und Mullbinden sollten die Verletzten in zwanzig Minuten ein Konstrukt basteln, auf das ein Ei aus fünf Metern fallen kann, ohne kaputt zu gehen. Schellbach hatte diese Aufgabe im Rahmen einer Schulung selbst einmal mitgemacht. "Damals waren wir mehrere Teams, teilweise mit Ingenieuren. Geschafft hat es aber nur ein Team", erinnert sich Schellbach.
Auch die HG-Gruppe schaffte es nicht. Die Leidtragenden waren diejenigen, die trainieren konnten. Sie mussten eine Strafaufgabe absolvieren. Der tiefere Sinn dieser Maßnahme bestand für Schellbach aus zwei Dingen. Erstens: "Ich wollte sehen, wie die Gruppe zusammenarbeitet." Und Zweitens: "Es war interessant zu beobachten, wie die Spieler reagieren, die nichts dafür können, dass es nicht geklappt hat, aber dennoch bestraft werden." So waren dann doch wieder alle Mannschaftsmitglieder in Freud und Leid vereint. Auch das wird ein Beweggrund für diese ungewöhnliche Maßnahme Schellbachs gewesen sein.