Handball-3. Liga Handball-3. Liga: Leid eines Großstadt-Vereins

Köthen - Das Training ist im vollen Gange, aber einer fehlt: Martin Lux. Der Kapitän der HG 85 Köthen liegt auf der Matte, lässt sich von Physiotherapeut Matthias Lache behandeln. Lux gibt aber gleich Entwarnung: „Das Übliche, nichts Schlimmes.“ Einem Einsatz am Sonnabend gegen den HC Elbflorenz Dresden (Beginn: 19.30 Uhr) steht also nichts im Weg.
Für Martin Lux ist es eine Reise in die Heimat. Der 27-Jährige ist gebürtiger Dresdner, mit 16 ging er nach Magdeburg, von da nach Oebisfelde, um dann 2008 bei der HG 85 Köthen anzuheuern. Heimat? Martin Lux stellt klar: „Die Stadt ja, aber der Verein nicht.“
400 Zuschauer sind viel
Der HC Elbflorenz Dresden ist ein Ligakrösus - ohne große Geschichte. 2006 gegründet, spielte der HCE mit dem Startrecht des HC Sachsen in der Oberliga Sachsen. 2010 gelang die Qualifikation für die Mitteldeutsche Oberliga, 2012 der Aufstieg in die 3. Liga. Auf Platz zehn im ersten Drittligajahr folgte 2013/14 der fünfte Platz. Und das alles relativ unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit. „Handball hat in Dresden keine Tradition“, erklärt Martin Lux.
400 Zuschauer sind viel für den HCE. Das liegt zum einen an der Bauweise der Heimspielstätte. Die Energieverbund Arena ist vor allem eine Eissporthalle, der kleinere Bereich ist das Ballsportzentrum. „Die Zuschauer sitzen weit weg, es kommt gar keine richtige Stimmung auf“, sagt Lux. Nichts im Vergleich mit der Atmosphäre in der Köthener Heinz-Fricke-Halle. Eissport ist das Stichwort für einen weiteren Grund der geringen Zuschauerzahlen: Die Dichte der höherklassigen Sportarten ist in Dresden groß, und somit die Konkurrenz. Die Dresdner Eislöwen spielen in der 2. Eishockey-Bundesliga, die Volleyball-Frauen spielen in der 1. Bundesliga - Hallensportarten, die in der Gunst der Dresdner Sport-Fans über dem Handball angesiedelt sind. Doch das soll sich ändern.
Der HC Elbflorenz Dresden will in die 2. Bundesliga aufsteigen. Die Finanzen geben das offensichtlich her, der Kader wird von Jahr zu Jahr mit immer besseren - und teureren - Spielern verstärkt. In der Szene munkelt man, der HCE würde über 500000 Euro Budget verfügen - also mehr als dreimal so viel wie die HG 85 Köthen.
Die Dresdner Mannschaft ist nicht zuletzt deshalb der große Aufstiegsfavorit. Mit 14:2 Punkten gelang ein guter Start, nur gegen den TSV Burgdorf II klemmte es, das 21:24 war die bisher einzige Saisonniederlage.
Wiedersehen mit Pysall
Der Aufsteiger aus Köthen reist also als krasser Außenseiter in die Stadt an der Elbe. „Aber es gibt immer Überraschungen im Sport. Warum sollte uns nicht mal eine gelingen“, sagt Steven Just. Es ist die Lockerheit, die man spürt, wenn man weiß, dass keiner mit einem rechnet, die der Köthener Rechtsaußen da anklingen lässt. Fakt ist: Die HG 85 Köthen hat, egal ob gegen Spitzenreiter SCM II, Bernburg, Bad Blankenburg oder Nieder-Roden, auswärts eine gute Rolle gespielt, auch wenn nur ein Sieg (gegen Bad Blankenburg) heraussprang. Dass mit Sebastian Greß eine Alternative für den Rückraum dazukommt, „wird uns sehr weiterhelfen“ (Just).
Für Steven Just und Spielertrainer Steffen Fischer bietet die Partie auch ein Wiedersehen. HCE-Trainer Peter Pysall holte Just 2009 aus der Jugend in die erste Mannschaft des Dessau-Roßlauer HV. Zwei Jahre trainierte Just unter ihm. „Das ist ein guter Trainer, von dem ich viel gelernt habe“, sagt Just. 2010 wechselte Fischer nach Dessau. 2011 wurde Pysall entlassen.
„Er kann sehr laut werden“, sagt Steven Just, „aber er hat auch einen trockenen Humor.“ Bleibt abzuwarten, wer am Sonnabend mehr zu lachen hat. (mz)