Handball-3. Liga Handball-3. Liga: Lampe ist ständig unterwegs

Köthen - Mittwochabend, 20.10 Uhr: Während die HG 85 Köthen in den letzten Zügen des Trainings ist, sitzt Florian Lampe im Auto. A28, zwischen Oldenburg und Bremen. Lampe ist auf dem Heimweg nach Dessau-Roßlau. Der 24-Jährige hatte beruflich in Emden zu tun. Seit Monaten ist er drei bis vier Tage in der Woche unterwegs. Lampe ist selbstständig. Selten hat er so krass zu spüren bekommen, was das bedeutet: ständig und selbst zu arbeiten.
Florian Lampe ist auch Handballer. Einer, der es bis in die dritthöchste Liga Deutschlands geschafft hat. In der Saison 2014/15 fällt der Linksaußen bisher aber dadurch auf, dass er unauffällig ist. Dass das eine, nämlich das Berufliche, etwas mit dem anderen, nämlich dem Sportlichen, zu tun hat, macht er im Telefonat deutlich.
Handball ist kein Ausgleich mehr
Zwölf Tore hat Lampe, der zur Saison 2013/14 vom TuS Radis zur HG 85 Köthen wechselte, in der 3. Liga erzielt. In zehn Spielen ist das ein schwacher Schnitt. In den letzten beiden Partie traf er gar nicht. „Ich hatte eine gute Vorbereitung“, erzählt Lampe, „aber dann ging der berufliche Stress los.“
Den Geschäftsmann Lampe freut es natürlich, dass seine Dienste gefragt sind. Der Sportler Lampe leidet aber darunter. Steffen Fischer hat in den letzten Wochen gemerkt, dass Florian Lampe am Limit ist. „Er läuft auf dem Zahnfleisch, weil er versucht, es allen Recht zu machen“, sagt der Köthener Spielertrainer. „Es ist erstaunlich“, so Fischer weiter: „Lampi tourt durch Deutschland, aber ich merke es fast nicht. Er ist fast immer beim Training. Ein Musterbeispiel für Ehrgeiz.“
Wie Lampe das schafft? Indem er das Training wie einen Termin wahrnimmt. Wenn er, zum Beispiel, beruflich in Braunschweig zu tun hat, arbeitet er bis 17 Uhr und fährt dann nach Köthen zum Training. Die Einsatzbereitschaft, oder besser das Pflichtgefühl, ehrt ihn. Der Handball hat dadurch jedoch die eigentliche Funktion in Florian Lampes Leben, nämlich der Ausgleich zum Beruf zu sein, verloren. „Handball entspannt mich nicht mehr“, sagt er. Die fehlende Lockerheit merkt man seinem Spiel an. „Ich bin mit meinen Leistungen nicht zufrieden“, so Lampe.
Wichtiges Spiel in Northeim
Mit Kevin Model hat Lampe einen teaminternen Konkurrenten auf der Linksaußenposition, der zudem Druck macht. Model brennt, er bringt Emotionen ins Spiel. Florian Lampe will da aber nicht von einem Zweikampf sprechen. „Ich sehe das aus einem anderen Blickwinkel“, sagt er: „Wichtig ist, dass die HG 85 Köthen eine gute Saison spielt. Und wenn Kevin dazu beiträgt, ist mir das Recht.“
Gut möglich, dass am kommenden Sonntag, beim Gastspiel der Köthener in Northeim (Beginn: 17 Uhr), Kevin Model den Großteil des Spiels auf der Platte stehen wird. Es ist eine wichtige Partie im Kampf um den Klassenerhalt, weil es gegen den Tabellenletzten geht. Es ist das Aufsteiger-Duell. Vielleicht das einzige Aufeinandertreffen, in dem die HG 85 favorisiert ist. „Das würde ich nur im Konjunktiv unterstreichen, nicht als Tatsache“, wiegelt Spielertrainer Steffen Fischer aber ab. Man kann ihn verstehen: Sebastian Greß wird erneut fehlen, René Uelsmann mit großer Wahrscheinlichkeit und auch hinter Max Ziemann steht ein Fragezeichen.
Zudem hat der Northeimer HC vor allem in den Heimspielen bewiesen, dass er über Potenzial verfügt. Gegen die beiden Topmannschaften Dresden (30:32) und SC Magdeburg II (29:30) verloren die Niedersachsen nur knapp.
Überlegungen, kürzer zu treten
Florian Lampe wird am Sonntag dabei sein. Er wird versuchen, der Mannschaft so gut es geht dabei zu helfen, den vierten Saisonsieg zu erreichen.
Bei all dem Stress: Stellt sich da nicht die Frage, mit dem Handball aufzuhören? Florian Lampe antwortet schnell: „Natürlich gibt es Überlegungen, kürzer zu treten. Aber nicht in dieser Saison. Ich lasse die Mannschaft nicht im Stich.“ Florian Lampe fährt nun auf Höhe Bremen. Es ist 20.33 Uhr. Noch vier Stunden bis nach Hause. (mz)