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BSW Sixers BSW Sixers: Trainer Stumpf: "Das bricht einem das Herz"

16.03.2015, 19:44
Tino Stumpf gab an der Seitenlinie immer alles. „Ich empfand das Arbeiten mit der Mannschaft als sehr gut“, sagt er trotz des Abstiegs.
Tino Stumpf gab an der Seitenlinie immer alles. „Ich empfand das Arbeiten mit der Mannschaft als sehr gut“, sagt er trotz des Abstiegs. Claus Bergmann Lizenz

Sandersdorf - Die Augen von Tino Stumpf verraten, dass er an diesem Sonntagnachmittag lieber an der Seitenlinie stehen würde. Der 39-Jährige sitzt in der Sandersdorfer Ballsporthalle aber auf den Zuschauerrängen.

Tino Stumpf wurde am 26. Juni 1975 In Jena geboren. Bis 2009 war er in seiner Heimatstadt als Nachwuchsleiter tätig. Später trainierte er die Pro A-Ligisten Science City Jena und Karlsruhe. Seit 2012 arbeitet Stumpf als Nachwuchsleiter des Mitteldeutschen Basketball Clubs, übernahm in der Saison 2012/2013 erstmals interimsmäßig das Traineramt bei den BSW Sixers.

Auf dem Parkett spielen die Nachwuchsmannschaften des Mitteldeutschen Basketball Clubs und der BSW Sixers. Für das Pro B-Team ist die Saison vorbei. Die BSW Sixers sind abgestiegen. Die Play-downs wurden verpasst. Tino Stumpf hat sich viele Gedanken gemacht. Daniel George hat sich mit ihm unterhalten.

Herr Stumpf, war das eigentlich der erste Abstieg Ihrer Trainerkarriere?

Stumpf: (überlegt) Ja, das war für mich der erste Abstieg.

Schlimm, oder?

Stumpf: Im ersten Moment ist das schon hart, ja.

Was haben diese Negativserien, diese knappen Niederlagen, in Ihnen ausgelöst?

Stumpf: In erster Linie haben wir während dieser Phasen versucht, die Ursachen zu finden. Am Ende haben wir uns sehr viel damit beschäftigt, wie wir die Mannschaft von den Gedanken an die Niederlagen wegziehen können. Das hat auch geklappt. Die Jungs haben immer wieder an sich geglaubt. Dass es am Ende trotzdem nicht gereicht hat, das bricht einem schon ein bisschen das Herz.

Welche Lehren ziehen Sie aus dieser Saison?

Stumpf: Ich habe etwas den Glauben daran verloren, dass sich harte Arbeit und Mut und auch eine gewisse Verlässlichkeit und Ehrlichkeit auszahlen.

Wie meinen Sie das?

Stumpf: Wenn ich diese ganze Summe an Sachen sehe, die passiert sind, muss man sich fragen, ob nicht Dinge in Händen von Leuten liegen, die man nicht beeinflussen kann. Es war so eng, dass jeder Sieg, jede Niederlage so viel bedeutet hat. Und dann verlieren wir zwei Spiele, wo der Gegner den entscheidenden Korb nach einem Schrittfehler macht. Natürlich ist das jetzt ein Klischee, man kann den Abstieg auch nicht auf die Schiedsrichter schieben, aber ich kann eben nicht beeinflussen, ob die wissen, was sie da machen. Und ich kann auch nicht beeinflussen, ob die Liga dazu in der Lage ist, Magdeburg erst dann zuzulassen, wenn alle finanziellen Rahmenbedingungen erfüllt sind. Wir hätten auch noch einen US-Amerikaner holen können, haben uns aber mit einem gewissen Mut dafür entschieden, weiter auf die jungen deutschen Spieler zu setzen.

Haben Sie zu viel auf die jungen deutschen Spieler gesetzt?

Stumpf: Nein. Spieler wie Alexander Herrmann, Yannick Hennelotter, Roland Winterstein oder Sewerin Sroczynski haben große Schritte in ihrer Entwicklung gemacht. An den Jungs wird das Programm des MBC und der BSW Sixers noch viel Freude haben.

Wären bessere Leistungen von den Routiniers vonnöten gewesen?

Stumpf: Wenn man die Verletztensituation betrachtet, hätten wir einen erfahrenen Spieler mehr gebraucht. Hätten wir gesehen, worauf sich die Konstellation hinbewegt, hätten wir noch einen Go-to-Guy holen müssen. Einen Typen, dem alles egal ist. Dem manchmal vielleicht auch die Mannschaft egal ist, der das Ding aber nimmt und in der Lage ist, als Ego-Spieler 30 Punkte zu machen. Im letzten Jahr war Reginald Bratton ein bisschen dieser Spieler. Er war nicht unbedingt der beliebteste Spieler in der Mannschaft, aber in bestimmten Phasen hat er Spiele fast im Alleingang gewonnen.

Ihre Interimseinsätze als Sixers-Coach waren in den vergangenen zwei Jahren von Erfolg gekrönt. Nun konnten Sie mit dem Team eine komplette Vorbereitung durchlaufen, den Kader aktiv mitgestalten. Warum lief es trotzdem wesentlich schlechter als in den Jahren zuvor?

Stumpf: Die Konstellation in der Liga war eine andere. Außerdem mussten wir in den Jahren zuvor bei weitem nicht so viele Verletzungsrückschläge hinnehmen. Solche absurden Sachen wie ein Furunkel in der Achselhöhle von Tristan Blackwood! Wir konnten nur dreimal in Bestbesetzung antreten, diese drei Spiele haben wir alle gewonnen. Ansonsten haben uns im Schnitt immer zwei wichtige Spieler gefehlt. Wenn ich an mein erstes Jahr denke, als wir noch mit Spielern wie Sascha Ahnsehl, Jeremie Simmons oder Japhet McNeil gespielt haben, war einiges anders. Damals haben wir auswärts fast nur Packungen gekriegt. Wir hatten fünf Krisensitzungen. Aber wir haben unsere Heimspiele gewonnen. Diese Saison waren wir auswärts oft ganz nah dran. Aber das bringt dir am Ende nichts. Ich empfand das Arbeiten mit der diesjährigen Mannschaft trotzdem als sehr gut. Die erfahrenen Spieler haben den jungen den Rücken freigehalten und ihnen Selbstvertrauen gegeben.

Hat den Routiniers aber nicht selbst Selbstvertrauen gefehlt?

Stumpf: Die Situation hat an jedem Einzelnen genagt. Wenn man aber sieht, wie manche Spieler in dieser Liga behandelt werden, dann ist das auch ein Problem. Es gibt keine Verlässlichkeiten, es gibt keine Verbindlichkeiten im Schiedsrichterwesen. Es ist eine junge Liga, in der junge Spieler spielen sollen. Aber die Spieler, die am meisten geschützt werden, sind die Eins-gegen-Eins-Zocker. Außerdem wurden unsere großen Spieler Nate Gerwig und Adrian Hill ganz anders behandelt als kleinere, leichtere Gegenspieler. Über die Saison gesehen muss man sagen, dass wir ganz klar nicht übervorteilt wurden.

Fünf Partien wurden mit nur einem Punkt Differenz verloren. Wie erklären Sie das?

Stumpf: Man hat gesehen, dass die immer bedrohlicher werdende Situation nicht spurlos an den Spielern vorbeigegangen ist. Mit einer gewissen Kaltschnäuzigkeit hätten wir das ein oder andere von diesen Spielen für uns entscheiden müssen.

Wie kann es sein, dass ein 20 Jahre junger Mann wie Robert Zinn der mit Abstand konstanteste Spieler des Teams war?

Stumpf: Es gibt sicherlich viele Erklärungen, aber am Ende des Tages musst du einfach einen Weg finden, deine Leistung auf das Feld zu bringen. Die Saison von Nate Gerwig war sicherlich enttäuschend. Ich denke auch, dass der Anspruch, den Frieder Diestelhorst an sich selbst hat und den auch wir an ihn haben, höher sein kann. Und natürlich wäre es gut gewesen, wenn Tristan Blackwood in den entscheidenden Spielen ein paar von seinen offenen Würfen getroffen hätte. Allerdings ist das auch eine Frage des Selbstvertrauens. Und es ist ja nicht so, dass wir sang- und klanglos abgestiegen sind. Letztendlich hätten uns in einem der knappen Spiele zwei mickrige Korbpunkte mehr bei uns oder weniger beim Gegner gereicht und wir würden jetzt über die Play-downs reden.

War es trotzdem die schwerste Zeit Ihrer Trainerkarriere?

Stumpf: Nein, ich hatte mal eine Zeit in Jena, wo ich mich ein bisschen im Stich gelassen gefühlt habe. Das hatte ich hier nicht. Wie sich das Umfeld, der Vorstand und die Fans verhalten haben, war exzellent.

Das Nachlizenzierungsverfahrenen gegen den BBC Magdeburg schwebt momentan wie ein Damoklesschwert über der 2. Basketball-Bundesliga. Ihre Meinung zu dem Thema?

Stumpf: Fest steht, dass der Zeitpunkt der Diskussion ganz, ganz ungünstig ist. Wenn wirklich rauskommt, dass in Magdeburg unseriös gearbeitet wurde, brennt in der zweiten Liga richtig der Wald. Wir zum Beispiel hätten auch noch Geld ausgeben können, haben uns aber einen Konsolidierungskurs auf die Fahne geschrieben, um Altlasten abzubauen. Die Liga muss aufpassen, dass sie sich von Magdeburg nicht am Nasenring durch die Manege ziehen lässt.

Hand aufs Herz: Können Sie sich vorstellen, in der kommenden Saison als Sixers-Trainer in der 1. Regionalliga zu arbeiten?

Stumpf: Die Möglichkeit besteht auf jeden Fall. Wenn man mir zutraut, diesen Weg weiterzugehen, würde es mir sehr schwer fallen, mich davor zu drücken. Das ist eine Herzensangelegenheit, vor der ich nicht weglaufen will. Allerdings muss es zum einen auch mit meinem Hauptarbeitgeber, dem MBC abgestimmt sein, der das bisher großzügig unterstützt hat. Und es muss in der familiären Situation darstellbar sein. (mz)