Neuer Chef im Landesweingut Landesweingut Sachsen-Anhalt Bad Kösen: Björn Probst neuer Geschäftsführer

Naumburg - Etwas angespannt wirkt Björn Probst, als er sich in seinem künftigen Reich präsentiert. Vor den Fotografen lehnt sich der gebürtige Kölner in brauner Anzughose und weißem Hemd in die Weinreben des Klosters Pforta in Bad Kösen (Burgenlandkreis).
Groß, schlank, Brille, ernster Blick - der 42-Jährige wirkt adrett, aber auch reserviert. Hinter ihm auf dem Weinberg „Sonnenwinkel“ die Marke, die er bundesweit noch bekannter machen soll, in großen weißen Lettern: „Saale-Unstrut-Wein“.
Auf den gelernten Winzer wartet eine Mammut-Aufgabe: Umzug des Unternehmens in den neuen Gutssitz bis 2021, Schaffung eines größeren Areals mit 60 statt 46 Hektar Rebfläche und die Führung von 26 Mitarbeitern plus Saisonkräften.
Landesweingut Sachsen-Anhalt hat neuen Geschäftsführer: Neustart auf allen Ebenen
Alle Augen sind auf ihn gerichtet, als Björn Probst auf der Betriebsversammlung am Mittwoch von Willy Boß, Chef der Betreibergesellschaft, vorgestellt wird. Zum 15. November soll Probst das Erbe von Fritz Schumann, 68, antreten, der 2014 den Posten nur unterstützend für den kurz darauf entlassenen Christian Kloss angetreten hat und sich zum Ende des Geschäftsjahres in den Ruhestand verabschiedet.
Nach vier Tagen Trockenheit in der Region im südlichen Zipfel Sachsen-Anhalts sind die schlechten Ernten der vergangenen Jahre ein Thema. Dazu interne Unstimmigkeiten und mehrfach wechselnde Geschäftsführer. Das soll sich ändern. „Die Stelle ist nicht auf Kurzfristigkeit ausgelegt“, betont Willy Boß.
Mit dem Neuen im Team soll der Aufschwung kommen. „Neue Qualitätsakzente setzen“, nennt es Schumann. Es wird ein Neustart auf allen Ebenen. Mit dem Auszug aus dem hochwassergeplagten Gut, das schon vor mehr als 800 Jahren Mönche zur Weinherstellung nutzten, soll sich auch der Wein des zweitgrößten Weingutes Sachsen-Anhalts überregional einen Namen machen.
„Über Sachsen-Anhalt und Thüringen hinaus sind wir nicht so bekannt“, beurteilt Schumann die derzeitige Lage. „Aber hier fehlt die Kaufkraft, um hochpreisige Weine umzusetzen“, sagt der aktuelle Geschäftsführer. „Wir können uns nach wie vor nicht mit Mannheim, München oder Würzburg vergleichen.“
Für den Posten des Geschäftsführers habe man sich nach einem langen Findungsprozess daher für einen erfahrenen Winzer mit weitreichenden Kontakten entschieden. „Natürlich hätten wir gerne jemanden von hier auf der Stelle gesehen“, sagt Willy Boß. „Leute mit so einem Lebenslauf findet man hier aber kaum.“
Glaubt man seinen Ausführungen, gehört Stillstand nicht zu Probsts Leben. Nach der Winzerausbildung hat der 42-Jährige noch zwei Studiengänge in der hessischen Provinz angehängt: Weinbau in Geisenheim und Ökologische Agrarwissenschaft in Witzenhausen.
Talent zum Geschäftemachen hat er schon früh bewiesen. Um sein Studium an der privaten Hochschule selbst zu finanzieren, bot er sich als „Fliegender Weinmacher“ an und ersetzte damit ausfallende Kellermeister.
Neben Auslandseinsätzen auf renommierten Weingütern und in einem Kölner Weinrestaurant kam Probst 2011 schließlich auf das von Georg Prinz zur Lippe betriebene Weingut Weimar. Der Bau eines Kellers blieb dem dortigen Betreiber bis zur Übernahme durch die Agrargenossenschaft Gleina 2016 versagt.
Das war auch das Ende für Probst: „Wir sind alle übernommen worden, aber für mich gab es keine Perspektive mehr“, sagt er. Interessante Verbindung: Die Gleinaer Genossenschaft sorgt nun auch in Bad Kösen für Gegenwind und interessiert sich für den Kauf der Weinberge auf Kloster Pforta - allerdings in Zusammenarbeit mit dem größten Konkurrenten in Freyburg. Damit wird die Tragweite von Probsts größtem Wunsch sichtbar: „Einmal einen Keller-Ausbau bis zum Ende begleiten.“
Aufgabe für den neuen Geschäftsführer des Landesweinguts Sachsen-Anhalt: Bekanntheitsgrad steigern
„Ich hatte nicht geplant, zurückzukommen“, sagt Björn Probst und bezieht sich damit auf Mitteldeutschland. Locken lassen hat er sich vom Umbau-Plan auf dem Landesweingut: „Keller in dieser Größenordnung werden selten in Deutschland gebaut.“
Dafür will sich der momentan noch beim bayrischen Weingut Castell Angestellte in der Region niederlassen. Ganz unbekannt ist das Terrain nicht: Seine Ehefrau stammt aus dem thüringischen Roßleben, ihre angeheiratete Familie lebt in direkter Nachbarschaft zum Weinbaugebiet Saale-Unstrut.
In Bad Kösen sieht er nicht nur für sich eine Zukunft, sondern auch für die Mitarbeiter: Mit den überwiegend aus der Region stammenden Kräften will er „langfristig ein Team bilden“. (mz)