Immer mehr Beamte Sachsen-Anhalt ächzt unter Pensions-Zahlungen
Es bleibt immer weniger Geld für politische Vorhaben übrig: In Sachsen-Anhalt klettern die Ausgaben für Beamte im Ruhestand in zehn Jahren auf das Dreifache – und steigen weiter. Welche Folgen das hat.

Magdeburg/MZ - Pensionszahlungen und Beihilfen für Beamte im Ruhestand verschlingen einen immer größeren Anteil des Landeshaushalts. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Ausgaben nahezu verdreifacht: Waren es 2012 noch 130 Millionen Euro, überwies das Land im vergangenen Jahr bereits 353 Millionen Euro. Das hat das Landesfinanzministerium auf MZ-Anfrage offengelegt.
DDR hatte das Beamtentum abgeschafft
Der drastische Anstieg erklärt sich durch die Geschichte. Während das Beamtentum in der DDR abgeschafft war, stellte Sachsen-Anhalt nach seiner Wiedergründung 1990 in kurzer Zeit Tausende Staatsdiener ein, die nun in immer größerer Zahl in den Ruhestand gehen. Vor zehn Jahren noch musste das Land für lediglich 6.000 Pensionen aufkommen, im vergangenen Jahr bereits für 12.300. Dass die Ausgaben in noch stärkerem Maß wachsen, liegt daran, dass Pensionen analog zu Renten regelmäßig erhöht werden.
Ein Ende der Kostenlawine ist nicht absehbar. Das Finanzministerium rechnet damit, dass Sachsen-Anhalt 2032 bereits für 18.100 Pensionäre aufkommen muss. Die Gesamtausgaben dafür schätzt das Haus von Minister Michael Richter (CDU) auf etwa 700 Millionen Euro. Zum Vergleich: Für Kinderbetreuung gibt das Land Sachsen-Anhalt laut 2022 veröffentlichten Zahlen 410 Millionen Euro aus.
Vor allem das Bildungsministerium stellt verstärkt Beamte ein
Traditionell werden Beamte in der Polizei eingesetzt. So ist Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) Chefin von rund 7.500 Beamten. Eine starke Kurve nach oben gibt es im Verantwortungsbereich von Bildungsministerin Eva Feußner (CDU): Während Sachsen-Anhalt lange fast ausschließlich auf angestellte Lehrer setzte, bietet es längst die Verbeamtung an – der Status, der Sicherheit auf Lebenszeit garantiert, soll auf dem leer gefegten Arbeitsmarkt als Lockmittel dienen. Mit 7.800 Beamten liegt das Bildungsministerium unter allen Ressorts schon auf Platz eins. Insgesamt hat das Land 24.100 aktive Beamte.

Der Landesrechnungshof warnt die Politik, dass ihr Handlungsspielraum mit steigenden Pensionszahlungen Jahr für Jahr geringer wird. „Das wird zu Lasten anderer Ausgaben gehen“, sagte Rechnungshofpräsident Kay Barthel der MZ.
Landesregierung hat nicht vorgesorgt
Der Landesregierung wirft er vor, dass sie für einen großen Teil der Pensionen kaum Rückstellungen gebildet habe. Dabei geht es um jene Menschen, die zwischen 1990 und 2006 eingestellt wurden. Für diese habe das Land zeitweise eine Pauschalsumme in einen Pensionsfonds gesteckt, sagte Barthel. „Seit 2014 ist das aber nicht mehr passiert“, kritisiert er. „Das ist ein Riesenblock an Kosten, den dann künftige Generationen aufbringen müssen.“
Prognosen zufolge verschlechtert sich das Zahlenverhältnis zwischen aktiven und im Ruhestand befindlichen Beamten in den kommenden Jahrzehnten noch weiter. Um das Jahr 2040 herum wird Sachsen-Anhalt fast ebenso viele aktive wie pensionierte Beamte finanzieren – das zeigt ein versicherungsmathematisches Gutachten, das bereits 2017 im Auftrag des Finanzministeriums erstellt wurde.
Sachsen-Anhalt hat einen besonders großen öffentlichen Dienst
Insgesamt leistet sich Sachsen-Anhalt einen besonders großen öffentlichen Dienst. Nach jüngsten vorliegenden Zahlen von 2020 kommen auf tausend Einwohner 19,94 Vollzeitstellen in der Verwaltung, Hochschulen nicht eingerechnet. Im Durchschnitt aller Flächenländer sind es lediglich 18,3 Vollzeitstellen. In einem gerade dem Landtag zugeleiteten Bericht räumt Finanzminister Richter ein, dass Sachsen-Anhalt selbst nach dem eigenen Personalziel 800 Vollzeitstellen zu viel besetzt hat.