Hannes Loth wird Bürgermeister Nach Wahlerfolg in Raguhn-Jeßnitz: AfD Sachsen-Anhalt macht Kooperationsangebote an die CDU
Der AfD-Erfolg bei der Bürgermeisterwahl in Raguhn-Jeßnitz löst eine Debatte über extrem rechte Amtsträger aus. Sachsen-Anhalts AfD-Chef Martin Reichardt will indes die „Brandmauer“ der CDU überwinden - und macht Kooperationsangebote.

Magdeburg/MZ - Nach der bundesweit ersten Wahl eines AfD-Mitglieds zum Bürgermeister hat Sachsen-Anhalts Städte- und Gemeindebund an die Pflichten aller Rathaus-Chefs erinnert. „Als Wahlbeamter muss man einen Amtseid ablegen, dieser geht auf das Grundgesetz und die Landesverfassung zurück“, sagte Landesgeschäftsführer Bernward Küper der MZ. „Wenn man das System beseitigen will, sollte man diesen Eid nicht leisten.“ Er sagte: „Als Bürgermeister ist man an Recht und Gesetz gebunden: Darüber haben der Stadtrat und die Kommunalaufsicht zu wachen.“
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Mit Hannes Loth ist am Sonntag erstmals ein Politiker der in Teilen rechtsextremen AfD in ein Bürgermeister-Amt gewählt worden. Der 42-Jährige leitet künftig die Verwaltung in Raguhn-Jeßnitz (Anhalt-Bitterfeld). Seit 2013 ist Loth AfD-Mitglied, seit 2016 sitzt er im Landtag. Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft.
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Wie Bürgermeister in ihrer Arbeit kontrolliert werden
Der Städte- und Gemeindebund betonte, das Ergebnis in Raguhn-Jeßnitz entspringe einer demokratischen Wahl. „Die Bürger haben entschieden, das haben wir als Verband zu akzeptieren“, sagte Küper. Grundsätzlich sei jeder Rathaus-Chef in ein System der Kontrolle eingebunden. „Und dieses System funktioniert auch“, so Küper.
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Wenn gegen Regeln verstoßen werde, gelte eine Meldepflicht für Mitarbeiter. Zudem sei der Bürgermeister bei weitgehenden Entscheidungen in der Stadt vom Rat abhängig: etwa bei der Aufstellung des Haushalts und der Verwendung von Immobilien, so Küper. Und für das Ausländerrecht, etwa die Flüchtlingspolitik, sei der Landkreis zuständig.
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Sachsen-Anhalts AfD war 2021 vom Verfassungsschutz unter Beobachtung gestellt worden, auch wegen ihrer rassistischen Rhetorik und weil sie demokratische Institutionen verunglimpfe. Zu den Scharfmachern der Partei gehörte Loth zwar nicht, er trug die Politik aber als Abgeordneter mit. Loth betont nun, er wolle Bürgermeister aller Menschen in Raguhn-Jeßnitz sein. „Als erstes werde ich die Ausstattung der Feuerwehr und der Wasserwehr verbessern“, sagte er der MZ am Montag.
AfD-Landeschef Reichardt macht Angebote an die CDU
Die AfD sieht Loths Wahlsieg als Meilenstein. Landeschef Martin Reichardt forderte das Ende der politischen Isolation, bot der CDU stattdessen Kooperationen an. „Die Brandmauer der CDU ist im Grunde eine Brandmauer gegen konservative Politik“, sagte er der MZ. „Denn nur mit der AfD kann die CDU echte konservative Politik machen.“
In der CDU unter Parteichef Friedrich Merz gilt ein striktes Kooperationsverbot gegenüber der AfD. Reichardt erklärte aber am Montag: „Auf kommunaler Ebene gibt es die Merzsche Brandmauer sowieso nicht mehr. Es wird für die CDU sehr schwer werden, dieses falsche Narrativ gegen eine demokratische Oppositionspartei in Zukunft aufrecht zu erhalten.“
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) vermied am Montag einen Kommentar zu Loths Wahl, erklärte aber grundsätzlich zu den jüngsten AfD-Wahlerfolgen, das Vertrauen in die Politik sinke. Als Beispiel nannte er das Hin-und-Her um das Heizungsgesetz der Bundesregierung.
So entstehe Frust, „dagegen wollen viele protestieren“, so Haseloff. „Wir erleben einfach Enttäuschung über die Unprofessionalität der Politik, das halte ich für den Hauptmotor der AfD.“ Die Partei habe ihrerseits keine Lösungen anzubieten, so Haseloff.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) äußerte die Hoffnung, Loth werde als Bürgermeister „ausschließlich“ im Interesse der Menschen in Raguhn-Jeßnitz handeln. „Die teils rechtsextreme und ausgrenzende Ausrichtung seiner Partei darf in diesem wichtigen kommunalpolitischen Amt keinen Niederschlag finden“, forderte Landeschefin Susanne Wiedemeyer.