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Attacke auf Bitmarck Cyberangriff: Wieso  Krankenkassen auch in Sachsen-Anhalt weiter unter Störungen leiden

Ein Cyberangriff auf den IT-Dienstleister Bitmarck sorgt weiterhin für massive Störungen bei Krankenkassen in ganz Deutschland – und das mittlerweile seit Wochen. Die Systeme können nur nach und nach hochgefahren werden. Und die Angreifer gelten als Profis.

Von Jan Schumann 16.05.2023, 10:12
Zahlreiche deutsche Krankenkassen waren - und sind - von einem Cyberangriff auf den IT-Dienstleister Bitmarck betriffen.
Zahlreiche deutsche Krankenkassen waren - und sind - von einem Cyberangriff auf den IT-Dienstleister Bitmarck betriffen. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Magdeburg/MZ - Ein großangelegter Hackerangriff sorgt seit Wochen für massive Störungen im Betrieb deutscher Krankenkassen. Zahlreiche Versicherte, auch in Sachsen-Anhalt, können ihre Kassen nur eingeschränkt oder über Umwege erreichen. Teilweise waren Krankengeldzahlungen nicht möglich, zudem waren und sind viele digitale Dienstleistungen nicht abrufbar.

Grund ist eine schwere Cyberattacke auf den IT-Dienstleister Bitmarck in Essen, der 80 gesetzliche Krankenkassen in Deutschland betreut und vernetzt. Nach eigenen Angaben betreibt Bitmarck Digitalsysteme für etwa 25 Millionen Versicherte.

Bitmarck: Es herrschte Gefahr im Verzug

Allerdings legte ein massiver Cyberangriff diese Systeme ab Ende April lahm: Wegen eines Angriffs auf interne Systeme habe das Frühwarnsystem angeschlagen, so der Konzern. Alle Systeme, inklusive Krankenkassen, seien daraufhin sicherheitshalber vom Netz getrennt worden.

„Solche rigorosen Maßnahmen werden nicht leichtfertig gefällt, sondern erfolgen nur, wenn eine sehr große Gefahr im Verzug ist“, erklärte der Konzern. Zwar seien die Einschränkungen für Kunden groß gewesen – andererseits sei so aber noch größerer Schaden verhindert worden. Patientendaten seien „zu keiner Zeit gefährdet gewesen“, betonte Konzernsprecher Andreas Pschera auf MZ-Anfrage.

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Betroffen von dem Angriff waren und sind unter anderem zahlreiche Betriebskrankenkassen. So meldete die „Novitas“ bis zuletzt, dass E-Mail-Kommunikation aktuell nicht möglich sei. Zudem sei die Website stillgelegt. Stattdessen verweist die Kasse auf Telefonnummern. „Leider wissen wir nicht, wann wir wieder normal arbeiten können“, heißt es auf der Störungswebsite. Die Handelskrankenkasse HHK empfängt zwar E-Mails, allerdings seien Onlinedienste und Versicherungs-App bis zuletzt nicht nutzbar gewesen: „Auch die elektronische Patientenakte steht derzeit nicht zur Verfügung.“

In vielen Fällen waren auch elektronische Krankschreibungen nicht mehr möglich. Ärzte mussten in diesen Fällen also auf das traditionelle Ausdrucken von Krankschreibungen setzen, um Arbeitgeber über Fehltage der Mitarbeiter zu informieren.

Wegen Cyberattacke: Krankenbescheinigungen wieder auf Papier

Selbst Kassen, die nicht mit Bitmarck zusammenarbeiten und nicht direkt vom Angriff betroffen waren, spüren die Nachwirkungen bis heute. So sei der Datenaustausch mit direkt betroffenen Kassen gestört gewesen, sagte AOK-Sprecher Sascha Kirmeß. Die Kaufmännische Krankenkasse KKH erklärte zwar, dass Daten aus der elektronischen Patientenakte mittlerweile wieder abrufbar seien, aber: „Neuanmeldungen sind aktuell nicht möglich, weil der hierfür notwendige Datenaustausch aufgrund der vorsorglich getrennten Netzwerkverbindung nicht stattfinden kann.“ KKH-Sprecherin Maren Teichmann: „Hier bitten wir Versicherte, die eine elektronischen Patientenakte neu anlegen möchten, noch um etwas Geduld und Verständnis.“

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Teilweise funktionierte auch die Auszahlung von Krankengeld nicht. Unklar ist, wann alle Störungen beseitigt sein werden. Bitmarck stehe mit allen Kassen in engem Kontakt und wolle nach und nach Systeme hochfahren, so der Konzern. „Jeden Tag kommen weitere Systeme dazu“, so Pschera. Ein Faktor im Wiederaufbau: neue Sicherungen gegen Angriffe. Gut 40 Krankenkassen nutzen indes Behelfslösungen, um Krankengeld- und andere Zahlungen abzuwickeln, so Bitmarck.

Unklar ist auch der Ursprung der Cyberattacke – Bitmarck geht aber offenbar von einer gezielten Aktion aus. „Die Cyberattacke wurde äußerst professionell und mit hoher krimineller Energie durchgeführt“, erklärte Konzernsprecher Pschera. Strafermittlungsbehörden seien eingeschaltet.