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Landeshaushalt ohne neue Schulden Landeshaushalt ohne neue Schulden: Bullerjahn zufrieden Opposition enttäuscht

Von Kai Gauselmann 10.12.2014, 20:24
Blick in den Plenarsaal während der Landtagssitzung in Magdeburg.
Blick in den Plenarsaal während der Landtagssitzung in Magdeburg. dpa Lizenz

Magdeburg - Gut möglich, dass Jens Bullerjahn (SPD) am Mittwoch seinen letzten Landeshaushalt aufgestellt hat. Ist doch fraglich, ob er nach der Landtagswahl 2016 nochmals am Kabinettstisch sitzen darf und will. Von Wehmut war beim dienstältesten deutschen Landesfinanzminister aber keine Spur. Im Gegenteil: Der in Debatten stets raufbereite Mansfelder schlenderte geradezu durch seine Rede vor dem Etatbeschluss. Er brauchte kein Manuskript und nur die Hälfte der ihm zustehenden Zeit - um die Zufriedenheit mit dem eigenen Werk auszudrücken. „Dieser Haushalt kann sich sehen lassen“, meinte Bullerjahn. Und es hat auch gar nicht wehgetan: „Ich habe schon wesentlich unangenehmere Haushaltsberatungen erlebt.“

„Spielräume“ für die Politik

Bullerjahns Zufriedenheit war ein Tanz um die schwarze Null: Sein Ziel war, keine Schulden zu machen, welche abzubauen und Vorsorge zu treffen. Das hat er geschafft. „Sparen ist kein Selbstzweck“, sagte Bullerjahn. Es gehe darum, „Spielräume“ für die Politik zu erhalten. Wie die gefüllt werden sollen, spielte am Mittwoch keine große Rolle. Nicht bei Bullerjahn, nicht bei den Rednern der Koalition.

Kay Barthel (CDU) tanzte mit um die Null: Er sei „schon immer stolz gewesen, in Sachsen-Anhalt zu leben“. Jetzt sei er es erst recht, weil die Regierung von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die erste sei, die eine komplette Wahlperiode ohne Schulden auskomme.

Koalition tut nur das Nötigste

Bei der Opposition hielten sich Stolz und Tanzbereitschaft in Grenzen. „Etwas Entscheidendes fehlt dem Haushalt: eine Vision. Wohin sich das Land in den nächsten zwei Jahren entwickeln soll, ist nicht zu erkennen“, kritisierte Olaf Meister (Grüne).

Der Doppelhaushalt des Landes für die nächsten zwei Jahre bewegt sich in vergleichsweise ruhigem Fahrwasser. Es gibt nur an wenigen Stellen signifikante Veränderungen. Dennoch bleiben Themen wie die Schulden, die Hochschulen oder die Lehrer Aufreger. Ein Überblick in Beispielen:

Die Etatsumme schwankt in den beiden Jahren zwischen 10,8 und 10,5 Milliarden Euro. Der Schuldenberg von rund 20,5 Milliarden Euro sinkt leicht, vor allem durch Tilgungszahlungen (175 Millionen Euro). Nach wie vor kann Sachsen-Anhalt aber nicht ohne Hilfe von außen auskommen.

Nur 5,8 Milliarden Euro kommen 2015 aus eigenen Steuereinnahmen, 2016 dann 215 Millionen Euro mehr. Die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich steigen von 563 Millionen Euro (2014) auf 594 Millionen Euro (2016) an. Hinzu kommen noch Ergänzungszuweisungen des Bundes: Sie fallen von 1,58 Milliarden Euro (2014) über 1,47 Milliarden (2015) auf 1,36 Milliarden Euro (2016).

Das größte Budget eines Einzelministeriums wird in den zwei Jahren leicht sinken, um 73 Millionen Euro. Der Großteil der 1,4 Milliarden Euro sind Personalausgaben. Die Zahl der Lehrer wird voraussichtlich wegen Pensionierungen weiter sinken. Immerhin hat die Koalition festgelegt, dass jährlich 370 Lehrer neu eingestellt werden, mehr als bisher. Auch soll es mehr Mittel für Ganztagsschulen geben. Wichtige Investitionen sind das neue Bauhausmuseum in Dessau (Gesamtanteil des Landes über mehrere Jahre 12,5 Millionen Euro) und das Schlossensemble Wittenberg (in den nächsten zwei Jahren gut sechs Millionen Euro vom Land). Die Theater bekommen mehr Geld wegen steigender Personalkosten und für die „Strukturanpassung“.

Die großen Debatten, etwa über das Kifög, sind hier durch. Der Haushalt steigt aber in zwei Jahren trotzdem um knapp 100 Millionen auf 1,26 Milliarden Euro. Zwei der Gründe sind die gestiegenen Flüchtlingszahlen und der neue Fonds für DDR-Heimkinder.

Die Mittel für Investitionen in die Straßen und den Städtebau bleiben in etwa gleich. 280 (2015) und 290 Millionen Euro (2016) stehen dafür zur Verfügung, 88 Millionen davon für Straßen und 75 Millionen für die Städte und Gemeinden. Zwei Drittel des Geldes kommen vom Bund oder der EU.

Das Agrarressort macht den prozentual größten Sprung nach unten. Der Bereich Landwirtschaft wird innerhalb der nächsten zwei Jahre mehr als halbiert, von 298 Millionen Euro (2014) auf 139 Millionen Euro (2016). Das liegt aber an einer Umstrukturierung innerhalb der Landesregierung. Die EU-Mittel zur Förderung des ländlichen Raums werden ans Finanzressorts verlagert. Für den Hochwasserschutz will das Ministerium in den nächsten beiden Jahren insgesamt 113 Millionen Euro ausgeben, für die Renaturierung von Gewässern 19 und für Klimaschutz und regenerative Energien elf Millionen Euro.

Auch hier steigt das Budget, um rund eine Million Euro (derzeit 18,5 Millionen). Der Grund ist eine geplante neue Marketingkampagne. (xkn/mz)

Die Regierungskoalition fahre nur auf Sicht und tue allein das Nötigste. Sachsen-Anhalt brauche eine andere politische Prioritätensetzung. „Nicht nur Verwaltung, auch Gestaltung“, so Meister.

Ähnlich äußerte sich auch Swen Knöchel (Linke): „Eine besondere politische Gestaltung für unser Land enthält dieser Haushalt nicht.“ Er monierte, dass Bullerjahn Geld der Bundesregierung nicht etwa für Hochschulen, Lehrer und Polizisten nutze. „Sie haben die Mittel des Bundes genommen, um die Tilgung zu finanzieren“, kritisierte Knöchel. Er bemängelte, dass die Koalition einerseits Kürzungen beschließe, auf der anderen Seite aber neue Millionenausgaben will: Unter anderem fast zwei Millionen für ein Demokratieprogramm. „Viel Geld, das Sie in die Stärkung der Demokratie stecken sollten - in die Kommunen“, so Knöchel. (mz)