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Feininger-Galerie Quedlinburg Quedlinburg zeigt jungen Feininger: Die Romantik, die Magie

Die Galerie in Quedlinburg zeigt in der Ausstellung „Magic Moments“ Werke von T. Lux Feininger. Die sind in einer solchen Bandbreite noch nie zu sehen gewesen.

Von Anja Falgowski 02.10.2024, 18:00
Welche Strahlkraft: T. Lux Feininger, New Yorker Taxi, 1948, Stiftung Bauhaus Dessau, T. Lux Feininger Estate
Welche Strahlkraft: T. Lux Feininger, New Yorker Taxi, 1948, Stiftung Bauhaus Dessau, T. Lux Feininger Estate (Foto: S. B. Schäfer)

Quedlinburg/MZ - Den Ruhm seines Vaters Lyonel hat Theodore Lukas Feininger – kurz und bekannter: T. Lux – nie erreicht. Beide waren sich innig zugetan, und dennoch versuchte sich der Sohn vom Vater abzugrenzen. Signierte seine Werke, abgesehen von den ganz frühen, nie mit seinem Nachnamen. Verwendete Techniken in der Malerei, die man vom Vater nicht kennt. Aber immer wieder deuten einzelne Bilder eine Annäherung des Jüngeren an den Älteren an.

Unbekannte Bandbreite

Dass T. Lux relativ unbekannt blieb, nennt die Leiterin der Feininger-Galerie in Quedlinburg, Adina Rösch, ein wenig ungerecht. Sie ist begeistert von den Arbeiten, von denen jetzt einige in einer so noch nie stattgefundenen Bandbreite gezeigt würden, wie sie sagt. „Magic Moments“ ist die Schau übertitelt, die etwa 70 Gemälde und Grafiken T. Lux Feiningers zeigt. Das Ganze ist ein Kooperationsprojekt namens „T. Lux Feininger – Moderne Romantik“, durchgeführt gemeinsam mit dem Bauhaus Dessau, dem Angermuseum Erfurt und dem Kunstmuseum Ahrenshoop. Es sind Bilder darunter, die noch nie öffentlich gezeigt wurden. Ansonsten solche aus dem Bestand der Galerie selber sowie Leihgaben aus dem Bauhaus, aus verschiedenen Museen und aus der Familie. Sohn Conrad hat Blätter beigesteuert sowie Hintergrunderzählungen aus der Familie und seine Stimme für Erklärungen im Audioguide. In englisch; die deutsche Version hat seine Frau eingesprochen. Dank des Sohnes sind so erstmals zwei Bilder vereint, die unbedingt zusammengehören: das Gemälde „Einfahrt nach Havanna“ aus dem Bestand der Galerie und die mit Buntstiften colorierte Vorzeichnung dazu aus dem Besitz Conrad Feiningers. Faszinierend: Nahezu eins zu eins hat T. Lux das Motiv der wartenden Menschen am Meer von der Skizze auf das Gemälde übertragen, eine Diskrepanz wird nicht sichtbar.

T. Lux Feininger, Le Crépuscule (die Dämmerung), 1934, Stiftung Bauhaus Dessau, T.Lux Feininger Estate
T. Lux Feininger, Le Crépuscule (die Dämmerung), 1934, Stiftung Bauhaus Dessau, T.Lux Feininger Estate
(Foto: Stiftung Bauhaus)

Magisch, romantisch: Zuschreibungen, die Verzauberung verheißen. Das Versprechen wird eingelöst, soviel vorweg, und bezieht sich explizit nicht nur auf den Betrachter, sondern auch auf den Künstler selbst. Alina Rösch hat die Ausstellung kuratiert und die Räume – magisch – in sattes Dunkelblau und Gold getaucht, selbst die Texttafeln leuchten in diesen Farben. Die „kleine Retrospektive“, wie Alina Rösch die Schau vorsichtig nennt, ist thematisch unterteilt. Sie beginnt mit Selbstporträts, von denen schon das erste einen Einblick in das Innere des Künstlers gibt. Ein Effekt übrigens, der sich bei vielen seiner Werke einstellt. Das Porträt also, gezeichnet 1934 von dem damals Anfang 20-Jährigen, zeigt einen fast alten Mann, die Augen verborgen hinter leeren Brillengläsern. Das Bild entstand, kurz nachdem er Deutschland – als erster der Familie übrigens – verlassen hatte, und ganz offenbar hoffnungslos in die Zukunft blickte. Ein zweites Selbstporträt, ein Ölgemälde, das des Malers Weg vom Dunklen ins Helle darstellt, macht klar, dass T. Lux zwar nicht ohne Zuversicht war. Aber eben häufig auch der Schwärze bedrohlich nah. „Er hat einige Krisen durchgemacht.“ Hat auch, so Alina Rösch, eine Psychoanalyse durchgestanden und sich viel mit C. G. Jung beschäftigt. Bei dem stand die Schlange sinnbildlich für das Triebhafte, das Unbewusste – ein Motiv, das in T. Lux’ Werken immer mal wieder auftaucht. In diesem Fall ist es eines von mehreren Landschafts- beziehungsweise Tierbildern.

Maritime Motive bilden eine weitere „Kategorie“ in der Schau – hier wird die Verbindung zum Vater besonders deutlich. Dann gibt es Straßenszenen, in denen T. Lux nach einigem Trennungsschmerz seine neue Heimat New York eingefangen und zum Beispiel in der von ihm perfektionieren Schablonentechnik wiedergegeben hat oder auf Ölgemälden mit faszinierender Strahlkraft. Das Titelmotiv „New York Cab“ zum Beispiel, das lange Zeit im Sommerhaus der Familie hing. Und: Lokomotiven, Schiffe, figürliche Darstellungen auf den Bildern – alles eingefangen in der Magie des Augenblicks.

Frauen!

Ganz wichtig aber, im Leben des Künstlers und ganz im allgemeinen: die Frauen. Wie es üblich ist in jungen Jahren, befand sich auch Feininger auf der Suche nach der einen, der Traumfrau. Fand dann Jeanne, deren Bildnis mehrfach auftaucht, die große Liebe seines Lebens, früh verstorben. Fand die zweite Frau Patricia, deren Abbild in hellen Farben dargestellt und doch von nahezu verborgenen Ungeheuern besiedelt ist – ein Blick wieder in Feiningers seelische Abgründe. Frauen, das zeigen die Bilder, haben ihn fasziniert. Dabei habe er sich, sagt Alina Rösch, nie Mäuschen gesucht. Er wuchs in einer Umgebung starker Frauen auf, entsprechend fiel seine spätere Wahl aus. Aber er musste suchen und fand sie schließlich: die Romantik, die Magie.

„Magic Moments“ ist bis zum 13. Januar 2025 in der Feininger-Galerie in Quedlinburg zu sehen. Geöffnet Mi–Mo und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.