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Dieter Hallervorden bringt in Dessau sein Comedy-Leben auf die Bühne Nonstop Nonsens

Dieter Hallervorden feiert seinen 88. Geburtstag in Dessau und schenkt seinem Publikum die Comedy-Gala „Stationen eines Komödianten“.

Von Roland H. Dippel 08.09.2023, 17:15
Dieter Hallervorden packt alles aus: Sein Programm bietet eine Auswahl seiner besten Sketche.
Dieter Hallervorden packt alles aus: Sein Programm bietet eine Auswahl seiner besten Sketche. (Foto: Mitteldeutsches Theater)

DESSAU-ROSSLAU/MZ - Der offene Blick ins Publikum, der wie immer überraschende Reichtum an Witz, das messerscharfe Wissen um die eigene Marke und seit neuestem etwas Altersweisheit zeichnen Dieter Hallervorden aus. Am Dienstagabend feierte er in dem von ihm gegründeten Mitteldeutschen Theater Dessau seinen 88. Geburtstag. Und sein 60-jähriges Bühnenjubiläum.

Dass es sich bei der Comedy-Gala „Stationen eines Komödianten“ um die erweiterte Bearbeitung einer älteren Produktion handelt, vergisst man ganz schnell. Denn Dieter Hallervorden steht für über 50 Jahre Fernsehen, Theater, Kabarett und Film. Sendungen wie „Nonstop Nonsens“, „Hallervordens Spott-Light“, „Verstehen Sie Spaß?“ und „Die Comedy-Falle“ bescherten ihm ein Millionenpublikum.

Der Saal singt mit

Dessen Liebe begleitet ihn auch als Chef des Mitteldeutschen Theaters, das jetzt am Beginn seiner zweiten Spielzeit steht. Die nächsten Premieren dort sind „COrinna & DaVID“ ab 26. Oktober und „Biedermann und die Brandstifter“ ab 4. Januar 2024.

Die zur Premiere bestens besuchten und kräftig umjubelten Komödianten-Stationen zeigten den ganzen Hallervorden in 130 Minuten. Am Eingang gab es für alle Zettel mit dem Text des Geburtstagsgrußes „Heute kann es regnen, stürmen oder schneien...“, bei dem alle nach der Pause lautstark mitsangen. Das entfällt natürlich bei den Folgevorstellungen bis elften Oktober.

Für seine Sketche bringt er seinen kabarettistischen und mit erst 66 Jahren etwas jüngeren Langzeitpartner Harald Effenberg mit. Wie Hallervorden ist Effenberg einer, der aus dem Osten nach West-Berlin kam. Gemeinsam sind sie seit 40 Jahren stark. Hallervorden und Effenberg beherrschen die etwas rüde Fernsehpointe und den feineren Theaterhumor. Beides gab es reichlich in der Marienkirche Dessau – und keine Sekunde zu viel.

Zu Beginn steckte Hallervorden einige Positionen ab. Mit 88 Jahren muss es grundsätzlich gut gehen, denn im anderen Falle wäre man tot. Seine Altersgefährten beruhigt er, dass sie um elf wieder im Heim sein würden.

Es geht los mit einer der Sketchprobe aus Neil Simons „Sonny Boys“ nachempfundenen Szene. Später wird nichts ausgespart. Didi zum Beispiel als Mutter eines Bundestagsmitglieds, die sich über parlamentarisch-bürokratische Worthülsen ärgert. Dann die Szenen an der Hotelrezeption mit der empörend hohen Zimmerrechnung von 850 Euro und, was beim Füllen der Waschmaschine mit schmutzigen Windeln unbedingt beachtet werden muss. Im Sauseschritt durch mehrere Comedy-Jahrzehnte wird wie in einem Brennglas Hallervordens Humor-Struktur erkennbar.

Mit einer strophenartigen Steigerung wächst in vielen Sketchen das Witzpotenzial, bis am Ende eine kleine oder große Katastrophe das laute Lachen auslöst. Denn nicht nur „Die Kuh Elsa“ ist bekanntermaßen verbrannt, sondern auch ein ganzes Anwesen, der Bub und die Ehefrau. Oder das etwas bessere Restaurant bringt die mit höchster Service- und Aufmerksamkeitskultur aufgenommene Bestellung frühestens einen Tag später auf den Tisch.

Einige reagierten früher auf einiges aus den Dieter-Hallervorden-Studios der deutschen Sendeanstalten etwas mokant. Solche Episoden verheimlicht der Comedien und Schauspieler Hallervorden nicht. Hitler im Ecstasy-Rausch mit zitterigen Glanzaugen und Strichlippen war zum Beispiel so eine. Oder die Pointe mit dem „Schweinernen vom schwulen Ökobauern“. Schaut man diese Minidramen in Reihe, ergibt sich heute erst recht ein plastisches Bild vor allem der westdeutschen Gesellschaftsmitte mit Ausflügen in Randzonen wie die Dumpfbacken-Schlägerecke.

60 Jahre auf der Bühne

Mit 88 darf auch ein bisschen Vergleich von einst und jetzt sein. Dieter Hallervorden beneidet die Jüngeren nicht. Denn im Gegensatz zu seinen 60 Bühnenjahren haben die es schwer, bei der Vergesslichkeit in der heutigen Medien-Beschleunigung nur 60 Tage einen Platz auf dem Star-Podest zu behalten. Es wird auch klar, warum sich das Bühnen-Paar Hallervorden/Effenberg so lange die Treue hält. Sie ergänzen sich ideal: Der korrekte, verschmitzte und fast unmerkbar bissige Effenberg neben Didi mit dem prüfenden Blick und der erwartbaren Belastungspointe. Jubeln, beglückte Gesichter und Sekt. Trotz der TV-Lastigkeit dieser Premiere steht Dieter Hallervordens Liebe zu seinem jüngsten Theater-Kind in Dessau mit ganz großen Lettern über dem Abend.

Bis 1. Oktober auf der Bühne des Mitteldeutschen Theaters in Dessau, Vorstellungszeiten im Internet: www.mitteldeutsches-theater.de