Neues Album von IC Falkenberg Jeder Tag ist ein neuer Tag
Es geht wieder los: IC Falkenberg stellt sein Album „Komm an Land“ im Objekt 5 in Halle vor und spricht erstmals öffentlich über seine Depressionen in den vergangenen Jahren.
HALLE/MZ. - „Der schwarze Hund zieht dich an seiner Leine / Durch die Jahre und Tage, ein Leben aus Nacht / Du hast dich mit ihm hinter Lügen verschanzt / Tür’n und Fenster vernagelt, alles dicht gemacht / Jeder Tag ist ein neuer Tag / Zeig, wer du bist und was dich jagt.“ Der Song „Magnetisches Licht“ ist auf dem neuen IC Falkenberg-Album „Komm an Land“ zu finden. Er ist einer von vielen Kommunikationspfaden, die der Hallenser Ralf Schmidt – so der bürgerliche Name – seit Jahrzehnten zu seinen Fans legt. Zeig, wer du bist!
Auf den Song angesprochen, macht der ehemalige Sänger von „Stern Meißen“, Jahrgang 1960, das, was er allen Betroffenen empfiehlt: Das Schweigen brechen, das Verstecken beenden. Schmidt ist präzise, liefert einen Gesprächseinstieg mit Knalleffekt: „Seit etwa 2005 hatte ich schwere Depressionen mit suizidalen Momenten. In den letzten Jahren stabilisierte sich meine psychische Gesundheit. Dieser Sommer ist für mich der erste unbeschwerte seit Jahren. Es ist wie weg.“
Panikattacken vor Konzerten
Zeitreisen mit scharf gestelltem Fokus. „Früher haben sich Leute nach dem Konzert brüskiert: ,Was soll dieses Thema hier? Wir sind gekommen, um gut unterhalten zu werden’“, erzählt Schmidt, der aber auch betont, dass heute eine andere Sensibilität herrsche. Prominente wie Kurt Krömer oder Torsten Sträter haben Pionierarbeit mit medialer Reichweite betrieben, das Rampenlicht genutzt, um die Schattenseiten auszuleuchten.
Schmidt aufklärerisch: „Jeder muss seinen Umgang damit finden, es gibt kein universelles Rezept. Es kann dich für immer begleiten. Aber mit individuellen Tools und Tricks kann man es händeln. Frontal damit rauszugehen, kann ich jedem empfehlen. Früher dachte ich, das sprengt den Rahmen eines Presseinterviews. Heute sehe ich das nicht mehr so.“
IC Falkenberg, der Tausendsassa. Konzerte, Alben, Radiosendungen, Selbstvermarktung: „Bis 2013 habe ich einen Lebensstil gepflegt, der weder zu meinem Alter noch zu meinem Arbeitspensum passte.“ Also drückte der Körper seine Bedürfnisse durch. Ein Komplettstreik. Niemand kann sich ewig ausbeuten, 2013 brach Schmidt in seiner Wohnung zusammen. Einfach so. Glück im Unglück, Minuten später hätte er im Auto am Steuer gesessen. Bis heute weiß kein Arzt genau, warum es passiert ist. Schmidt schon, die Folgen waren verheerend, das Vertrauen in einen funktionierenden Körper, der durch Tag und Nacht führt, war verloren. Panikattacken kurz vor Konzerten folgten. Draußen frohlockte das Publikum, hinter der Bühne wusste der Künstler nicht, ob er den Auftritt übersteht, erst nach ein paar Songs entwickelte sich eine Sicherheit. „In der Woche fiel ich in ein tiefes Loch, am Wochenende habe ich gespielt, ein Großteil des Publikums merkte davon nichts“, erzählt Schmidt über die Zeit von 2013 bis 2022, die aber auch gute Momente hatte.
2017 folgte dann ein schwerer Autounfall, Lendenwirbelkörper gebrochen. An den Moment, in dem das Licht ausging, kann sich Schmidt nicht mehr erinnern. Irgendwann klopfte eine Frau an die Scheibe des PKWs, das an den Leitplanken der Autobahn gestrandet war. Schon wieder Glück im Unglück. Zeit, etwas zu verändern! Zucker, Nikotin, Alkohol, Fleisch? Einschränkungen und Verzicht! „Du stärkst deinen Körper, wenn du ihm die Gifte entziehst“, erklärt Schmidt. Achtsamkeiten im Alltag kamen hinzu. Wie schläft man? Mit wem umgibt man sich? Stresstests und Selbstprüfungen: „Wenn ich am Morgen aus dem Stand 25 Liegestütze hinkriege, weiß ich, dass mein Körper den Tag schafft.“
Heute wähnt sich Schmidt gestärkt, eine weitere IC-Falkenberg-Tour kann starten. Im neuen Song „Komm an Land“ bietet sich das lyrische Ich als rettender Anker an, in „Heute für immer“ wird der befreiende Schlag des klaustrophobischen Herzens beschworen, in „Unerreichbar“ schenkt die blinde Illusion der Unverwundbarkeit „Todesmut fürs nächste Spiel“.
Der Track „Sommersand“ ist ein rein instrumentales Stück, das flirrendes Licht und Leichtigkeit imaginiert. Die assoziativen Texte werden mit poppigen, sphärischen, elektronischen und mitreißenden Einflüssen abgeschmeckt.
Immer geradeaus
Trotz Ohrwurm-Potenzial ist die Musik in einen unprätentiösen Charakter getaucht. Man spürt, dass hier jemand geradeaus geht. Gerade dann, wenn man sich – wie es in „Räume aus Raum“ heißt - im Nachtgesicht wieder wund gesucht hat. Schmidt drängt auch im persönlichen Gespräch auf den gesellschaftlichen Blick: „Mein Leben hat mich gelehrt, Demokrat zu sein. Ohne eine funktionierende Demokratie hätte ich die Freiheiten, die ich seit 1990 genieße, nicht nutzen können.“ Jeder Tag ist ein neuer Tag.IC Falkenberg: am 13. und 14. September um 20 Uhr im Objekt 5 in der Seebener Straße 5 in Halle. Im Internet: www.icfalkenberg.de