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Freie Szene Halle Das WUK Theater Quartier zieht Bilanz - und schaut nach vorne

Das WUK Theater-Quartier in Halle besteht seit fünf Jahren. Zum Geburtstag hat es jetzt einen Blick zurück nach vorn gegeben: Blumen und Torte auch.

Von Andreas Montag 14.11.2022, 11:28
Das Theater-Schiff des WUK-Theater Quartiers an der Saale  unterhalb der Burg Giebichenstein
Das Theater-Schiff des WUK-Theater Quartiers an der Saale unterhalb der Burg Giebichenstein (Foto: Andreas Montag)

HALLE/MZ - Fünfjährige Menschenkinder sind schon recht selbstständig und gut unterwegs. Beim WUK Theater Quartier in Halle ist das nicht anders.

WUK steht für Werkstätten und Kultur, ein bisschen sperrig zwar, aber man kann es sich merken. Betreuungsbedarf hat das Haus der Freien Szene nicht mehr, Orientierungshilfe ist allerdings willkommen und wird als Teil des Prozesses verstanden: Wo stehen wir nach fünf Jahren, wohin soll die Reise noch gehen? Wie halten wir das Publikum bei der Stange, womit können noch mehr Interessierte erreicht werden? Und wie bewahrt man bei alledem seine kreative Eigenständigkeit?

Um solche Fragen ist es jetzt bei einem Symposium gegangen, zu dem die Truppe um den Künstlerischen Leiter Tom Wolter und Nicole Tröger, die Chefin vom Ganzen, auf das WUK-Theaterschiff geladen hatte, das an der Saalepromenade vertäut liegt. Eine zweite feste Adresse der Freien Szene in Halle, neben dem Stammsitz am Holzplatz.

Tom Wolter, der Gründer und Künstlerische Leiter des WUK
Tom Wolter, der Gründer und Künstlerische Leiter des WUK
(Foto: Andreas Montag)

Künftig soll der Kahn der fröhlichen Bühnenleute allerdings auch samt Gästen über den Fluss schippern. Ganz schön selbstbewusst in komplizierten, kriegerischen Zeiten, in denen vielfach nur Klagen als Echo zurück schallen: Auf das, was ist. Und auf das, was vielleicht noch kommt.

Aber Bange machen gilt nicht, das haben die WUK-Aktivisten immer so gehalten. Schon bei der Gründung, als mancher unkte, an dem Projekt würden die Freien sich verheben. Aber Fehlanzeige: Der Laden hat sich von einer Spielstätte der vergleichsweise kleinen halleschen Szene zu einem Produktionshaus gemausert, das auch von internationalen Gästen bevölkert wird. Immerhin hat es inzwischen sogar den Theaterpreis des Bundes dafür gegeben – eine Anerkennung, die das Besondere dieser Gründung würdigt und im Übrigen auch ein paar stets willkommene Taler zusätzlich eingebracht hat.

Eine Erfolgsgeschichte also, für die es jetzt einen schönen Blumenstrauß gab. „Happy Birthday“ wurde dazu angestimmt, wie es sich zum Geburtstag gehört. Und auch eine Torte war gebacken worden: Aber bitte mit Sahne! Bevor die angeschnitten wurde, ging es allerdings an die Arbeit. Die Regisseurin Anne Schneider befragte Tom Wolter, der vor 30 Jahren dem Stadttheater, für das er ausgebildet worden war, den Rücken kehrte und seitdem frei arbeitet.

Zugeschaltet aus Flensburg war Elisabeth Bode, die sich dort seit den 1980er Jahren als eine der frühesten Aktivistinnen des Freien Theaters einen Namen gemacht hat. Eine reizvollen Konstellation, manche der jungen Zuhörer werden sich die Augen gerieben haben, wie prekär (und ungebunden) es in den Gründerjahren der Szene zugegangen ist.

Was wäre ein zünftiges Geburtstagsfest ohne eine Torte?
Was wäre ein zünftiges Geburtstagsfest ohne eine Torte?
(Foto: Andreas Montag)

Elisabeth Bode spricht von ihrem Haus, das sie nach zehn Jahren auf Tour in einer ehemaligen Kneipe einrichten konnten, als „Treffpunkt von Menschen, die sich einer alternativen Szene zugehörig fühlten“. Das ist beim WUK in Halle sicher nicht ganz so, aber um „Prozesse, das Ausprobieren“ mit und für Menschen, die sich auch – aber eben nicht nur unterhalten lassen wollen, geht es immer noch, die kritische Befragung der Gesellschaft inklusive. Der Mut zur Selbstermächtigung ist als konstituierendes Element geblieben, das Publikum honoriert das Angebot. Der Zuspruch in Halle ist rege, vom Stadttheater gibt es mittlerweile kollegiale Anerkennung. Das war nicht immer so.

Und weiter geht’s: Wissen teilen, solidarisch sein, wie Tom Wolter sagt. Und nicht vergessen: „Am Anfang stand das Vergnügen, miteinander zu arbeiten.“