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Krätze Krätze: Wie die Krankheit übertragen wird und warum sie wieder auftaucht

Von Bärbel Böttcher 12.03.2018, 18:44
Die Haut eines Patienten, der an Krätze erkrankt ist, wird begutachtet.
Die Haut eines Patienten, der an Krätze erkrankt ist, wird begutachtet. dpa

Halle (Saale) - Nur 0,3 bis 0,5 Millimeter ist die Milbe groß, die für immer mehr Menschen zur Plage wird. Ist sie doch Auslöser der Hautkrankheit, die im Volksmund Krätze genannt wird. Die Mediziner sprechen von Skabies, ein Begriff, der einen lateinischen Ursprung hat - scabere, was soviel wie „kratzen“ bedeutet. Und wer es mit der Milbe zu tun hat, der kratzt sich, weil der Ausschlag, den sie verursacht, höllisch juckt. Die MZ beantwortet rund um die Krankheit wichtige Fragen.

Krätze wird immer häufiger diagnostiziert. Wie dramatisch ist der Anstieg der Fälle?

Dass die Zahl der Erkrankten in Sachsen-Anhalt steigt, geht aus den Daten der Gesundheitsämter hervor. Die Barmer hat zudem festgestellt, dass es 2017 hierzulande mit 1 237 Verordnungen von Medikamenten gegen die Krätze knapp 70 Prozent mehr gab, als im Jahr davor.

Professor Dr. Cord Sunderkötter, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie an der Universitätsklinik in Halle, ist dennoch etwas zurückhaltend. Der Mediziner, der federführend an der Erarbeitung einer Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Skabies beteiligt war, sagt: „Es gibt ein höheres Bewusstsein für Skabies.“ In den zurückliegenden Jahren sei nicht immer an die Krankheit gedacht worden. „Heute wird bei Juckreiz Skabies sofort in die möglichen Diagnosen einbezogen und bei Verdacht das entsprechende Mittel, meist eine Salbe mit dem Wirkstoff Permethrin, dagegen verordnet“, fügt er hinzu.

Was aus pragmatischen Gründen verständlich sei, da das Mittel gut vertragen werde und der Nachweis der Milben dagegen viel Zeit erfordere, die ein niedergelassener Hautarzt mit vollem Wartezimmer oft nicht habe. Wünschenswert sei es aber, die Skabiesmilbe sichtbar zu machen, dem Geübten gelänge das etwas schneller auch mit einer speziellen Lupe (Dermatoskop).

„Die Anzahl der verordneten Mitteln muss daher nicht direkt proportional sein zum Anstieg der Skabies-Fälle“, sagt Sunderkötter. Ein Anstieg aber sei unbestritten. Möglicherweise gibt es sogar eine gewisse Dunkelziffer. Denn meldepflichtig sind lediglich Fälle, die in Gemeinschaftseinrichtungen auftreten.

Wo liegt der Grund für den Anstieg der Krätze-Fälle?

„Das ist eine Frage, die nicht so leicht zu beantworten ist“, sagt Professor Sunderkötter. In Notzeiten wie während der Weltkriege war ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Aber der Mediziner hat eine Erklärung für die heutige Zeit parat: „Die Krankheit wird nur von Mensch zu Mensch und sehr häufig durch Geschlechtsverkehr übertragen“, sagt er. Seit die Sorge vor Aids kleiner geworden sei, sei wieder eine größere sexuelle Freizügigkeit zu beobachten.

Um bei der Krätze zu bleiben - wenn die Krankheit dann erst einmal umgehe, werde sie auch einfach durch andere längere Körperkontakte auf andere Menschen übertragen - beispielsweise von Eltern auf Kinder oder von Kind zu Kind und von Kindern auf Eltern oder Betreuer, einfach weil man Kinder häufiger in den Arm nehme.

„Die gewöhnliche Skabies wird nur durch engen Körperkontakt übertragen“, sagt Sunderkötter. Wie verläuft das? „Die Milbe lebt in der obersten Hornschicht der Haut, legt dort ihre Eier. Um von der Haut des einen Menschen in die eines anderen Menschen einzudringen, dazu braucht sie mindestens zehn bis 15 Minuten Zeit“, erklärt der Hautarzt. Die habe sie in der Regel, wenn Menschen Zärtlichkeiten austauschten.

Nach zwei, drei Wochen reagiere dann die Immunabwehr des Körpers. Es treten am ganzen Körper Ekzeme auf, die den Juckreiz verursachten. Dafür genügen nach Aussage des Hautarztes übrigens ganz wenige Milben.

Häufig wird die Sorge geäußert, dass Flüchtlinge zur Verbreitung der Krätze beitragen. Ist sie berechtigt?

Zunächst einmal verweist Professor Sunderkötter darauf, dass die Krankheit unter Flüchtlingen aufgrund ihrer schlimmen Lebensumstände auf der Flucht tatsächlich verbreiteter ist als in der einheimischen Bevölkerung. Deshalb würden die Schutzsuchenden aber auch nach der Einreise daraufhin untersucht. Aber auch wenn sie die Krankheit hätten, sei es nicht so, dass von ihnen eine erhöhte Gefahr der Ansteckung ausgehe.

Für die Behandlung von Skabies gibt es Salbe und Tabletten. „In unserer Leitlinie empfehlen wir die Salbe mit dem Wirkstoff Permethrin als das Mittel der ersten Wahl“, sagt Cord Sunderkötter. Wichtig sei es hier, dass sich der Patient genau an die Instruktionen des Arztes und der Leitlinie halte. Das heißt: Der Körper des Erwachsenen muss mit Ausnahme des Kopfes vollständig eingecremt werden, bei Kindern darf auch der Kopf nicht ausgespart werden. Das Ganze muss über Nacht einwirken. „Dann kann man davon ausgehen, geheilt zu sein“, fügt der Arzt hinzu.

Um ganz sicher zu gehen, empfiehlt er, die Behandlung im Abstand von acht bis zehn Tagen zu wiederholen. Behandelt werden sollten übrigens auch Kontaktpersonen, auch wenn sich bei denen noch keine Symptome zeigten.

Zudem sollten Bettwäsche und Handtücher und auch die Kleidungsstücke, die getragen wurden, bei 60 Grad gewaschen werden. Sei das nicht möglich, dann empfiehlt es sich sie in einem Kleidersack mindestens drei Tage an einen möglichst warmen Ort zu stellen. Skabies-Milben können in der Kälte besser überleben

Denn wie bereits beschrieben, ist dafür ein längerer Körperkontakt nötig. „Ein einfaches Händeschütteln oder eine flüchtige Begegnung reichen nicht aus, um Skabies zu übertragen“, betont Sunderkötter. Auch wer beispielsweise in der Straßenbahn auf einem Sitz Platz nehme, auf dem vorher ein Skabies-Kranker gesessen habe, könne sich nicht anstecken.

Krätzte hat ein Schmuddelimage. Ist die Krankheit ein Ausdruck von Unsauberkeit des Menschen?

Diese Frage beantwortet Sunderkötter mit einem klaren Nein. „Ein gepflegter Mensch kann die Krankheit ebenso bekommen wie ein ungepflegter“, fügt er hinzu. Allerdings spürten gepflegte Menschen die Auswirkungen mitunter nicht so heftig wie ungepflegte. Beim regelmäßigen Duschen werde ein Teil der Milben entfernt. Wer sich weniger oft wasche, habe mehr von den Tierchen auf der Haut. (mz)