Kommunen Kommunen: Eigene Wappen auch für eingemeindete Ortsteile

Magdeburg/Berlin/dpa. - Ein Wappen ist für Jörg Mantzsch keinbuntes Bildchen. Für den Magdeburger Wappenkundler und anerkanntenExperten verkörpert es Selbstständigkeit, Identität und Tradition.Dinge, die vielen Städten und Gemeinden im Zuge vergangener Struktur-und Verwaltungsreformen abhandengekommen sind. Als Initiator einesProjekts hat er zusammen mit dem Berliner Verein für Heraldik,Genealogie und verwandte Wissenschaften, kurz Herold, jetzt eineErweiterung der Deutschen Wappenrolle erwirkt. Der Herold hat das vonihm geführte offizielle Register aller deutschen Wappen um einenwichtigen Teil erweitert - der Ortswappenrolle. Damit bestehterstmals die Möglichkeit, eingemeindeten Ortsteilen ein Wappen zustiften.
«Als Stifter kommt rechtlich gesehen jeder infrage», erklärtKommunalheraldiker Mantzsch. Doch er mahnt zur Besonnenheit. «DiesesVorhaben sollte gut durchgesprochen und dann beispielsweise durch denOrtsbürgermeister oder dem Heimatverein umgesetzt werden.» Der Rateines Experten, der sich in Wappenkunde, Wappenkunst, Wappenrecht undder klar definierten Farbgestaltung auskennt, sei unerlässlich.«Alles andere ist Formalität, die dem Stifter nur das Ausfüllenzweier Formulare und eine geringe Gebühr kostet.» Dafür bekommt ereinen Wappenbrief, der ihn als Stifter ausweist. Das Ortswappen kanndann öffentlich geführt werden und besitzt Schutzrechte - auch wennes nicht den Status eines staatlichen Hoheitszeichens hat.
«Ein Wappen muss nachhaltig sein», sagt Mantzsch. «Jeder solltesich damit identifizieren, es tragen und verwenden können.» Es solleins für alle sein: Der Schützenverein marschiert unter dem Wappendurchs Dorf, der Gesangsverein musiziert, der Heimatvereinveranstaltet Dorffeste und die Fußballer tragen es auf ihren Trikots.«Heute tun sie das vielfach unter dem Wappen einer kilometerweitentfernten Stadt, zu dem sie aus ihrer konkreten Ortsgeschichteheraus keinen Bezug haben.» Aus diesem Grund hat Mantzsch zusammenmit dem Herold, dessen Mitglied er ist, nach einer Lösung für dieWappenfrage von eingemeindeten Kommunen gesucht. «Der Mensch strebtnach Identifikation. Ein Wappenbild kann ein Stück dazu leisten.»
Als einer der ersten in ganz Deutschland ist der MagdeburgerStadtteil Diesdorf den neuen Weg bis zu seinem eigenen Ortswappengegangen. Der Bürger- und Heimatverein hat es gestiftet und dafür mitJörg Mantzsch zusammengearbeitet. «Mittelpunkt des Wappens ist derstilisierte Fluss Schrote, der durch Diesdorf fließt», sagt derHeraldiker. Der Verein ist zwar Stifter des Wappens, stellt es abernach eigener Genehmigung Vereinen, Unternehmen und Privatpersonen fürrepräsentative Zwecke zur Verfügung.
Für Lorenz Beck, Ausschussvorsitzender beim Herold für dieDeutsche Wappenrolle, wird die Initiative die heraldische Landschaftnachhaltig prägen und verändern. «Erst werden es nur einige wenigesein, die diese Chance nutzen», sagte der Experte. «Aber es wird sicheine Eigendynamik entwickeln, weil Wappen seit jeher etwas sind, wasdie Menschen bewahren.» Er hofft, dass die neue «Sonderidentität»durch die Wappen aus der Ortswappenrolle nicht zu Streitigkeitenunter den Kommunen oder den Stiftern führt. «Wir wildern ja nicht auf kommunalrechtlichem Gebiet und auch die Gönner werden sich beiMeinungsverschiedenheiten sicher einigen.»