Kirchen Kirchen: Praller Klingelbeutel in Sachsen-Anhalt

MAGDEBURG/MZ - In Sachsen-Anhalt gibt es die wenigsten Katholiken und Protestanten - gleichzeitig zahlt das Land den Kirchen mehr als alle anderen Bundesländer. Im Rahmen des neuen Sparkurses stellt die Landesregierung auch die Kirchen-Zuschüsse auf den Prüfstand. „Wir haben die höchsten Ausgaben pro Kopf, da muss man über die Leistungen an die Kirchen natürlich reden“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums.
Das Kabinett hatte vergangenen Dienstag beschlossen, dass alle Ministerien die Zahlungen an die Kirchen überprüfen sollen. Unklar ist, wie viel die Kirchen insgesamt erhalten. Sie bekommen vom Land Zuschüsse, wenn sie etwa als Träger von Kindergärten fungieren und für Jugend- oder Erwachsenenbildung. Wie viel dabei zusammenkommt, soll jetzt errechnet werden. Klar ist, was die Kirchen pauschal erhalten, die sogenannten Staatsleistungen machen in diesem Jahr 31,6 Millionen Euro aus. 25,2 Millionen gehen an die evangelische Kirche, 5,2 Millionen an die katholische Kirche, 1,3 Millionen an die jüdischen Gemeinden.
12,19 Euro pro Bürger an die Kirchen
Für 2010 hat Kirchenkritiker Carsten Frerk die Staatsleistungen der Länder verglichen. Demnach zahlte Sachsen-Anhalt pro Bürger 12,19 Euro an die Kirchen - der höchste Satz bundesweit. Thüringen gab 9,57 Euro pro Bürger, Mecklenburg-Vorpommern 6,71, Sachsen 5,48, Brandenburg 4,52 und Berlin gut drei Euro. Gleichzeitig sind in Sachsen-Anhalt nur 17,4 Prozent der Einwohner in einer der beiden großen Kirchen - die niedrigste Quote in Deutschland.
Diese Staatsleistungen sind für Personal- und Verwaltungsausgaben gedacht und gehen auf Verträge zurück, die nach der Wiedervereinigung geschlossen wurden. Die Kirchen werden damit für Enteignungen von Gütern im Rahmen der Säkularisierung entschädigt. Die Verträge sind unbefristet. Die Höhe der Zuweisung ist an die Entwicklung der Beamtenbesoldung gekoppelt und nicht gedeckelt, wird also immer weiter steigen. 1993 gingen die Zahlungen an die evangelische Kirche mit umgerechnet rund neun Millionen Euro los. Sie haben sich seitdem also fast verdreifacht.
"Kirchen haben gut verhandelt"
„Die Kirchen haben damals in Sachsen-Anhalt gut verhandelt“, sagte Frerk der MZ. Außerdem sei entscheidend, wer die Verträge verhandelt hat. In Sachsen-Anhalt war das eine CDU-geführte Landesregierung, in Nordrhein-Westfalen, wo die Verträge in den 1950er Jahren geschlossen wurden, habe es damals eine Allparteienregierung gegeben. „Da hatte die Kirche einen geringeren Einfluss.“ In Nordrhein-Westfalen erhielten die Kirchen 2010 pro Bürger 1,18 Euro. Selbst absolut zahlt das bevölkerungsreichste Bundesland weniger als Sachsen-Anhalt: 2012 erhielten die Kirchen dort 21,4 Millionen Euro, hier hingegen 29,7 Millionen.
„Für den Staat ist die Dynamisierung besonders schwierig“, sagte Albrecht Steinhäuser der MZ. Er hält als Beauftragter der evangelischen Kirchen in Sachsen-Anhalt den Kontakt zur Landesregierung. Eine Debatte über die Zahlungen sieht er gelassen: „Die Staatsleistungen sind Rechtsverpflichtungen.“ Die Verträge seien nur ablösbar, wenn die Bundesregierung eine spezielle Rechtslage schafft. Selbst dann müsse das Land ein Vielfaches der Jahressumme als Ablöse zahlen.