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Justiz Justiz: Im Knast Privatpatient

Von Hendrik Kranert-Rydzy 21.08.2012, 18:39

Magdeburg/MZ. - Im sachsen-anhaltischen Strafvollzug explodieren die Kosten für die ärztliche Betreuung der Häftlinge. Weil immer mehr medizinische Leistungen von externen Ärzten eingekauft werden müssen, diese aber die Häftlinge wie Privatpatienten abrechnen, musste Sachsen-Anhalts Justizministerium bereits eine knappe halbe Million Euro zusätzlich beim Finanzminister beantragen.

Die im Nachtragshaushalt eingestellten 460 000 Euro entsprechen einer Erhöhung des ursprünglichen Ansatzes von 3,7 Millionen Euro um zwölf Prozent. Mit ähnlichen Steigerungen wird auch in den Jahren 2013 bis 2016 gerechnet. "Das Geld ist für medizinische Leistungen - also für Arztkosten", bestätigte die Sprecherin des Justizministeriums, Ute Albersmann. Es würden sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen von Gefangenen damit bezahlt. Grund sei der Ärztemangel, der sich zunehmend auch in den Haftanstalten bemerkbar mache - es fehlen schlicht die im Gefängnis angestellten Mediziner. "Wir konnten etwa die Stelle des Anstaltsarztes in Burg nicht besetzen, hier wird ausschließlich mit Vertragsärzten gearbeitet", so Albersmann. Aber auch in Anstalten, in denen es noch Anstaltsärzte gebe, müsse auf Vertragsärzte von außerhalb zurückgegriffen werden, wenn etwa Spezialisten benötigt würden. Zudem müssen auch Krankenhauskosten von Inhaftierten beglichen werden. Denn trotz Sozialversicherungspflicht sind Strafgefangene nicht krankenversichert - für ihre medizinische Versorgung muss der Steuerzahler aufkommen.

"Es ist kein Wunder, dass die Kosten explodieren, wenn alle Gefängnisinsassen als Privatpatienten behandelt werden", sagte der Landesvorsitzende des Bundes der Justizvollzugsbediensteten, Uwe Bühlau. Die Kassenärztliche Vereinigung bestätigte, dass Strafgefangene in der Tat von Vertragsärzten wie Privatpatienten behandelt würden: "Es handelt sich um privatärztliche Rechnungslegungen, deren Einzelheiten uns aber nicht bekannt sind", sagte KV-Sprecher Bernd Franke. Die erbrachten Leistungen entsprächen aber denen der gesetzlichen Krankenkasse, betonte Albersmann.

Das Problem zusätzlicher Kosten sei nicht neu, verschärfe sich aber derzeit eklatant durch den Ärztemangel: "Natürlich ist es für einen Mediziner viel attraktiver, sich frei niederzulassen, als sich mit dem Angestelltentarif im öffentlichen Dienst zu begnügen", so Bühlau. Sein Verband fordere daher seit langem, die Beschäftigung von Anstaltsärzten durch Boni-Zahlungen attraktiver zu machen. "Das wird zwar teurer als der Angestelltentarif, aber immer noch günstiger, als wenn ich externe Vertragsärzte nutze", so Bühlau.