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Jugendjazzorchester auf der Expo in Mailand Jugendjazzorchester auf der Expo in Mailand: Jazz von Händel und Kurt Weill in Mailand

Von Anne Schneemelcher 30.04.2015, 08:11
Das Jugendjazzorchester Sachsen-Anhalt im Eröffnungskonzert des Jugendmusikfests im Puschkin-Haus in Halle (Saale) unter der Leitung von Ansgar Striepens. Der Solist ist Luke Strange.
Das Jugendjazzorchester Sachsen-Anhalt im Eröffnungskonzert des Jugendmusikfests im Puschkin-Haus in Halle (Saale) unter der Leitung von Ansgar Striepens. Der Solist ist Luke Strange. Barbara Bräuer Lizenz

Halle (Saale) - Groß ist die Freude bei den Mitgliedern des Jugendjazzorchesters von Sachsen-Anhalt: Vom 27. bis 31 Mai geht es nach Mailand zur Weltausstellung. Auf der Länderwoche sollen die 16- bis 26-Jährigen mit mehreren Auftritten täglich das Land präsentieren. Neben dauerhaften Präsentationen im Deutschen Pavillon haben so auch einzelne Bundesländer die Möglichkeit auf ihre kulturelle Vielfalt aufmerksam zu machen. Für manche der 21 Mitglieder der Band ist es sogar das erste Gastspiel im Ausland.

Im Jugendjazzorchester sitzen die Besten der Besten hinter den Notenpulten und werden von dem Kölner Posaunen-Dozenten Ansgar Striepens geleitet. Die Big Band besteht seit 1993, seit 1999 ist er dabei. Striepens dirigiert auch die WDR-Big Band und hat mit Pop-Sternen wie Nina Hagen und Dieter Bohlen zusammengearbeitet. Gern verlässt er aber für das Jugendjazzorchester den Ruhrpott: "Ich fühle mich in Sachsen-Anhalt sauwohl! Ich mag das Land, die Menschen, die Tatsache, dass Sachsen-Anhalt so viel Kultur besitzt. Und ich spüre so viel positive und kreative Energie bei den Menschen, mit denen ich unmittelbar zu tun haben darf", sagt er der MZ. Besonders die Musiker selbst haben es ihm angetan: "Es ist wunderbar zu sehen und zu hören, wie sich die jungen Talente in kürzester Zeit entwickeln."

Originell, jung und landestypisch

Um Sachsen-Anhalt auf der Expo würdevoll vertreten zu können, wird das Jugendjazzorchesters Stücke von Kurt Weill und Georg Friedrich Händel adaptieren. Auch Texte von Wilhelm Müller (aus Dessau) und Martin Luther finden sich in einzelnen Titeln wieder.

Vom 27. bis 31. Mai ist das Orchester auf der Weltausstellung in Mailand zu erleben. Am 29. August treten die Musiker in Havelberg auf der Bundesgartenschau auf und am 30. August in der Musikscheune im Kloster Michaelstein bei Blankenburg (Harz).

Das Jugendjazzorchester Sachsen-Anhalt setzt sich aus einer Auswahl der besten jungen Jazztalente des Landes zusammen. Die meisten von ihnen haben sich über den immer zu Jahresbeginn stattfindenden Workshop „Makin’ Jazz“ in die Band gespielt. Ein zweiter Weg führt über die Wettbewerbe „Jugend jazzt“, die in Sachsen-Anhalt als Sonderkategorie von „Jugend musiziert“ laufen.

Seit dem September 1999 hat Prof. Ansgar Striepens die Leitung des Jugendjazzorchesters Sachsen-Anhalt inne. Er stellte die Band neu auf und legte den Grundstein für ihr heutiges Leistungsvermögen, ein Tutorenteam international anerkannter Profis unterstützt ihn dabei.

Für das Jugendjazzorchester ist es eine Ehre, in Mailand auf der Expo als kultureller Vertreter des Landes aufzutreten. Deswegen falle das Programm auch originell und "landestypisch" aus, so Striepens. Denn: Es gibt nur wenige Bands, die Händel und Luther im Programm haben, sagt er. Die Titel wurden eigens für die Band umgeschrieben. Dafür hat der Leiter selbst gesorgt, aber auch ein ehemaliges und ein aktuelles Band-Mitglied haben ihn dabei unterstützt.

Der Trompeter Tim Jäkel beispielsweise spielte jahrelang im Jugendjazzorchester mit. Heute arbeitet er als Profi-Arrangeur für Clueso, Manfred Krug oder auch Bürger Lars Dietrich. Aus dem lutherischen Volkslied "Die beste Zeit im Jahr ist mein" machte er zusammen mit dem Weimarer Musiker Matthias Bätzel eine Bigband taugliche Nummer.

Aber vor allem bekannte Lieder wie "Die Moritat vom Mackie Messer" oder "My Ship" vom Dessauer-Komponisten Weill sollen die Expo-Besucher von der Musiktradition Sachsen-Anhalts überzeugen.

Kurt Weill liegt dem Orchester schon seit vielen Jahren am Herzen. Beim vergangenen Weill-Fest in Dessau-Roßlau wirkte die Nachwuchsband bereits mit Adaptionen mit. Das begrüßt besonders Dietmar George, Geschäftsführer des Landesmusikrates Sachsen-Anhalt, der das Jugendjazzorchester fördert. "Der in Dessau geborene Komponist mit einer europäischen und amerikanischen Biografie ist der Erneuerer des Musiktheaters weltweit. Er provozierte durch den Jazz in Deutschland und in Amerika, aber professionalisierte ihn auch", sagt George.

2011 wurde auf der 36. Generalkonferenz der Unesco der 30. April zum "Internationalen Tag des Jazz" bestimmt. Der Tag soll an die künstlerische Bedeutung des Jazz, seine Wurzeln und seine weltweiten Auswirkungen auf die kulturelle Entwicklung erinnern, heißt auf der Internetseite der Unesco.

Künstler, Jazz-Enthusiasten, Historiker und Wissenschaftler sowie Musikeinrichtungen und Schulen sollen jedes Jahr am 30. April zum Dialog angeregt werden. Weltweite Veranstaltungen zum "Jazzday" werden im Internet gebündelt.

Etwa um 1900 hat sich der Jazz in den Südstaaten der USA um die Hafenstadt New Orleans entwickelt. In diesem sogenannten "Schmelztiegel" haben sich verschiedene Stile miteinander verbunden.

Der afroamerikanische Blues und der Gospel-Gesang vermischten sich mit verschiedenen karibischen Musikrichtungen und mit der Marsch- und Tanzmusik europäischer Einwanderer. Über die Massenmedien des 20. Jahrhunderts breitete sich der Jazz über Radio und Schallplatte weltweit aus.

Für alle Stilrichtungen des Jazz sind Improvisation, Individualität und Spontaneität zentrale Elemente. Jazzbühnen wurden zu Foren für freie Meinungsäußerung, für Toleranz und respektvollen musikalischen Dialog – ohne Unterschied von Rasse, Religion oder nationaler Herkunft.

Die Jazzmusik spielte auch in der Frauenbewegung in den Vereinigten Staaten eine bedeutende Rolle. Vor den 1920er Jahren waren die populären Musikbühnen fast ausschließlich männlichen Künstlern vorbehalten. Die Jazzbühnen verschafften Frauen erstmals Zugang zur Musikindustrie und eröffneten ihnen die Chance, als Sängerinnen Karriere zu machen, begründet die Unesco den Internationalen Tag des Jazz.

"Viele der jungen Menschen, die in der Band waren, gehen später in musikalische Berufe. Sei es als Musiker, Musikpädagoge oder im Bereich des Kulturmanagements", sagt Striepens, der auch hierin seine pädagogische Arbeit mit den Jugendlichen aus Sachsen-Anhalt bestätigt sieht. (mz)

Auftritt des Orchesters im Februar diesen Jahres im Zeitzer Capitol.
Auftritt des Orchesters im Februar diesen Jahres im Zeitzer Capitol.
Landesmusikrat Sachsen-Anhalt Lizenz