Hochwasser in Sachsen Hochwasser in Sachsen: Scheitelwelle der Elbe passiert Dresden

Dresden/Pirna/Meißen/dpa - Das Elbe-Hochwasser hat in Sachsen seinen Höhepunkt erreicht. Auf gewaltige 8,76 Meter ist der Fluss am Donnerstag in Dresden angeschwollen. Und auch wenn in einigen Vierteln das Wasser steht: Panik herrschte in der Stadt nicht, eher Fassungslosigkeit. Die Menschen blieben auf den Brücken stehen und beobachteten gespannt, wie sich die Wassermassen an den Brückenpfeilern vorbeidrückten.
In der Landeshauptstadt verharrte der Fluss dann stundenlang bei 8,76 Metern. Dass der Hochwasserscheitel diesmal so langgezogen ist, bedeutet nach Einschätzung der Behörden höchste Gefahr für die Deiche. Am gesamten Fluss waren Helfer unermüdlich im Einsatz, um die Schutzwälle mit Sandsäcken zu stabilisieren und Sickerstellen zu flicken.
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Der hohe Wasserstand halte vier bis fünf Tage an, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU). „Entscheidend ist die Sicherheit der Sandsackwälle.“ Die Elbe war der einzige Fluss in Sachsen, an dem am Donnerstag noch die Alarmstufe 4 überschritten wurde. Von Schöna über Dresden und Riesa bis Torgau stagnierten am späten Nachmittag die Wasserstände - allerdings auf sehr hohem Niveau. Dem ersten Aufatmen darüber, dass nicht noch mehr Wasser aus Tschechien kommen wird, folgte die bange Frage: Halten die Deiche dem Dauerdruck stand?
Für Riesa wurde an der Elbe ein Maximalpegel zwischen 9,50 und 9,70 Metern vorhergesagt, das wäre knapp über dem Wert von 9,46 Metern zur Jahrhundertflut 2002. Die Elbbrücke und die Hafenbrücke in Riesa blieben bis auf weiteres gesperrt, teilte die Verwaltung mit. In Teilen der Stadt wurde der Strom abgestellt. Die Schulen sind geschlossen. Die Feuerwehr riet vom Auspumpen von Kellern ab, weil dadurch die Statik von Gebäuden gefährdet werden könne.
In Dresden gab es weitere Evakuierungen, nach Angaben der Stadt waren rund 9000 Haushalte ohne Strom. Mit dem Höchststand von 8,76 Meter blieb der Fluss unter den ungünstigsten Vorhersagen, die von einem Wasserstand um die neun Meter ausgegangen waren. 2002 hatte die Elbe 9,40 Meter erreicht, normal sind knapp zwei Meter. „Bei der Situation, die wir jetzt haben, müssen wir keine Angst haben“, sagte Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU). Der Hochwasserschutz habe sich bewährt.
In Meißen war die Elbe nur noch zu Fuß zu überqueren. Schottenbergtunnel und Elbtalbrücken seien seit Mittwochabend gesperrt, sagte eine Sprecherin. Auch die Altstadt war fast unpassierbar, Schulen blieben geschlossen. In Pirna (Sächsische Schweiz) sind bisher mehr als 8500 Menschen ausquartiert und der Bahnverkehr eingestellt worden.
Die Lage in den überschwemmten Gebieten entlang der Elbe blieb kritisch, andernorts etwa in den Regionen Leipzig und Mittelsachsen war dagegen Entspannung auf Aufräumen angesagt. Ungebrochen war die Hilfsbereitschaft in den Flutgebieten. Freiwillige Helfer stapelten gemeinsam mit Einsatzkräften von Feuerwehr, Bundeswehr und THW Sandsäcke, zum Beispiel am Damm bei Dautzschen in Nordsachen. Die Stadt Leipzig schickte 30 000 Sandsäcke nach Torgau. „Wenn wir Glück haben, bleibt es unter 2002“, sagte ein Sprecher des Katastrophenstabes in Nordsachsen. Pläne für weitere Evakuierungen seien vorbereitet
Die Situation an der Mulde in Nordsachsen entspannte sich dagegen. Die Zwangsevakuierung der Dörfer Löbnitz und Sausedlitz wurde beendet. Abseits der Elbe sollten die Schulen wieder öffnen, auch wenn im Kreis noch nicht alle Straßen wieder befahrbar waren. Die Stadt Leipzig hob den Katastrophenalarm auf. Sämtliche Schulen und Kindergärten der Stadt sollten am Freitag wieder öffnen.
Nach Angaben von Ulbig gibt es in Sachsen bisher keine Todesopfer und keine polizeilich Vermissten. Mittlerweile rund 16 000 Menschen im Freistaat wurden in Sicherheit gebracht - in einigen Regionen konnten Anwohner schon in ihr Zuhause zurückkehren. Insgesamt sind 9188 Polizisten, Soldaten, THW-Angehörige, Retter und Feuerwehrleute im Einsatz.
Die Landesdirektion Sachsen begann mit einer ersten systematischen Erfassung der Hochwasserschäden. Die Kommunen sollen die Schäden an der Infrastruktur, bei Firmen und Privatleuten aufnehmen und über die Landkreise an die Landesdirektion melden. „Es ist der Versuch, einen konkreten Überblick über die Schäden zu bekommen“, hieß es. Erste Schätzungen gingen von Milliarden-Schäden aus.