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Hochwasser 2013 Hochwasser 2013: Wenig Interesse an Preisen für Fluthelfer

Von Johannes Dörries 01.01.2014, 18:28
Besonders viele junge Leute engagierten sich als Fluthelfer - hier in Halle beim Füllen von Sandsäcken.
Besonders viele junge Leute engagierten sich als Fluthelfer - hier in Halle beim Füllen von Sandsäcken. Silvio Kison Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Der Landesregierung ist es ein wichtiges Anliegen: Wer bei dem Hochwasser im Juni geholfen hat, soll für seinen Einsatz ein Dankeschön erhalten - die Fluthelfernadel. 50.000 Exemplare davon hat Sachsen-Anhalt herstellen lassen, 30.000 Nadeln für zivile Helfer, 20.000 Bandschnallen für Uniformträger. Doch was als großzügige Geste gemeint ist, wird mancherorts nur zögerlich angenommen, gelegentlich sogar rundweg abgelehnt. Erst rund 1.000 Nadeln und etwas mehr Bandschnallen konnten nach Angaben von Regierungssprecher Matthias Schuppe bislang verteilt worden.

Der bisher spektakulärste Fall stammt aus Aken (Kreis Anhalt-Bitterfeld). Dort hatten Wasserbauingenieur Siegfried Mehl, Feuerwehr-Chef Danilo Licht und Bürgermeister Hansjochen Müller es abgelehnt, zur offiziellen Vergabe in die Magdeburger Staatskanzlei zu kommen. Aus Protest. In Aken hatte es während der Flut Streit zwischen dem Landes-Krisenstab und den örtlichen Verantwortlichen darüber gegeben, ob ein Schöpfwerk wieder in Betrieb gehen soll. Das Land setzte sich letztlich durch, die Pumpen blieben aus.

Helfer haben kaum Interesse an Würdigung

Doch anderenorts hakt es ebenfalls. So zeigt sich auch im Landkreis Wittenberg eine gewisse Zurückhaltung. Etliche Gemeinden wollen keine Helfer nennen oder zögern damit. Viele, die gefragt worden sind, „wollten nicht herausgehoben werden“, sagt etwa Bad Schmiedebergs Bürgermeister Stefan Dammhayn (CDU). Schuppe sieht da ein Missverständnis: „Wir wollen alle würdigen, die mitgeholfen haben.“

Nicht einmal 100 Helfer aus Halle hat der Dank des Landes bislang erreicht. Dabei hatten dort Tausende gegen das Hochwasser gekämpft. Stadtsprecher Drago Bock indes wiegelt ab. „Wir haben ja noch Zeit“, betont er mit Verweis auf die Möglichkeit, noch bis Ende des Jahres Listen mit Helfern einreichen zu können. Halle war von der Flut im Juni stark betroffen, Tausende füllten Sandsäcke, standen in Gummistiefeln in den Menschenketten zum Transport der Säcke. Oder sie kümmerten sich um die Versorgung der Helfer, wie Ronnsen Behrens und Sebastian Grumbach mit ihren Kumpeln.

Behrens und Grumbach gehören zu den Hallensern, die bereits für ihren Einsatz ausgezeichnet worden sind. In der Staatskanzlei erhielten sie Mitte November mit als erste ihre Nadeln. Das ging rasch und routiniert, erzählt Behrens. Er nahm den Dank gerne an, aber so richtig wichtig war es ihm nicht. Eindrucksvoller war für Behrens das Geschehen während er Fluttage. Als die Welle der Hilfsbereitschaft durch Halle rollte. Als nicht nur der 31-Jährige, sondern auch seine Freunde, eine Gruppe von gut einem Dutzend junger Leute im Alter von 18 bis 35 Jahren, mit anfassten. Als viele Menschen staunten, „dass wir jungen Leute uns engagieren“. Schön sei es gewesen, zu helfen - das zählt für Behrens. Aus seiner Sicht hätte das Land daher auf die Ehrennadeln verzichten, die dafür eingesetzten 50.000 Euro zur Unterstützung von Hochwasseropfern einsetzen können.

Fluthelfernadeln als Reaktion auf Initiativen aus Sachsen

Das Magdeburger Kabinett aber wollte wohl nicht zurückstehen, als die Signale aus den Nachbarländern kamen: Brandenburg, Sachsen, Niedersachsen - sie alle folgten dem Bund, der einige Wochen nach der Flut angekündigt hatte, eine Medaille für Fluthelfer aufzulegen. So beschloss die Landesregierung am 20. August die Vergabe der Fluthelfernadeln. Das sei „ein kleiner Dank für Bürgerinnen und Bürger, die Großes geleistet haben“, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) seinerzeit.

Für die Finanzierung kratzten die Staatskanzlei, das Innen- und das Umweltministerium das erforderliche Geld zusammen. Die Staatskanzlei verzichtete auf eine Hochglanzbroschüre zur Halbzeit der CDU/SPD-Regierung, berichtet Regierungssprecher Schuppe. Dabei sind die in Sachsen-Anhalt eingesetzten 50.000 Euro eher bescheiden. Sachsen etwa gibt für seine Fluthelfer-Orden weit mehr als 300.000 Euro aus. 60.000 Exemplare sind bestellt worden, sagt Sandra Jäschke von der Staatskanzlei in Dresden. Rund ein Drittel ist verteilt worden. Jedermann kann Empfänger für die Auszeichnung vorschlagen. Dazu lädt Sachsen im Internet ein, Listen für die Vorschläge stehen gleich zum Runterladen bereit.

Sachsen-Anhalt wählt einen etwas umständlicheren Weg. Städte und Gemeinden sollen ihre Helferlisten aus den Fluttagen ans Landesverwaltungsamt in Halle schicken. Von dort werden sie an die Staatskanzlei in Magdeburg weitergereicht. Alles solle „schnell und unbürokratisch“ bearbeitet werden, verspricht Schuppe, bevor die Dankes-Nadeln mitsamt Urkunden als Retour verschickt werden. Schließlich wolle „das Land jedem Fluthelfer danken“, sagt Schuppe.

Wer in den Listen stehe, aber noch keine Auszeichnung erhalten habe, wird an prominenter Stelle im Online-Auftritt des Landes in bestem Beamten-Deutsch aufgefordert: „Bitte wenden Sie sich erneut an die Einsatzgemeinde, in der Sie registriert wurden und geholfen haben, zur Ergänzung des Eintrags auf der Liste.“