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«Himmelsscheibe von Nebra» «Himmelsscheibe von Nebra»: Schatzgräber gestehen die Unterschlagung

05.09.2003, 05:48

Naumburg/dpa. - Über ihre Rechtsanwälte ließen die Schatzgräber weiter mitteilen,dass sie die Tat bereuen. Als Teil ihrer Schadenswiedergutmachunghatten beide Männer den Landesarchäologen Harald Meller über dengenauen Fundort unterrichtet. Insgesamt sind drei Männer und eineFrau wegen Fundunterschlagung, Hehlerei und versuchter Hehlereiangeklagt. Ein zunächst fünfter Angeklagter hat mittlerweile seinenStrafbefehl bezahlt. Das Gericht will am Mittwoch entscheiden, ob esauf Grund des Geständnisses das Verfahren gegen die beidengeständigen Schatzgräber abtrennt und schnell zu Ende bringt.

Die Himmelsscheibe wurde am 04. Juli 1999 aus dem 252 hohenMittelberg bei Nebra (Sachsen-Anhalt) ausgegraben. Daneben fördertendie Schatzgräber laut Anklage zwei bronzezeitliche Schwerter, mehrereBeile sowie diverse Armreifen und Kleinteile zu Tage. Die Gräberverkauften den gesamten Schatz einem Zwischenhändler. Der bot dieStücke dann dem Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle und demBerliner Museum für Ur- und Frühgeschichte sowie der PrähistorischenSammlung in München an. Die Museen gingen auf das illegale Geschäftnicht ein. Nach langer Odyssee konnte der Schatz im Februar 2002 beieiner fingierten Verkaufsaktion in Basel einer Frau und einem Mannentrissen werden. Wenig später machten die Ermittler die Finder derScheibe ausfindig.

Die beiden anderen Angeklagte stritten zum Auftakt des Prozessesden Vorwurf der Hehlerei und der Beihilfe zur Hehlerei ab. «Ichwollte die Scheibe für Deutschland retten», sagte eine 44-jährigeAngeklagte. Ebenso wies ein 64-jähriger Mann den Vorwurf der Hehlereiweit von sich. Die aus Nordrhein-Westfalen stammenden Angeklagtengaben an, bis kurz vor Veröffentlichung in einer Wochenzeitung nichtsdavon gehört zu haben, dass der Schatz Sachsen-Anhalt gehören könnte.

Dagegen sagte ein anderer 54-jähriger Rechtsanwalt als Zeuge aus,er habe den beiden mutmaßlichen Hehlern dringend von dem Geschäftabgeraten, weil die Scheibe wahrscheinlich in Sachsen-Anhalt gefundenwurde und damit das Land nach den gesetzlichen Bestimmungenautomatisch Eigentümer ist. Aber der Landesarchäologe Meller dieangeklagte Frau bei einem Treffen «wie besessen und mit JamesBond Methoden» bedrängt, ihm die Scheibe für 700 000 DM zu verkaufen,sagte der Zeuge. Meller habe ihr in seinem Beisein sein «Ehrenwort»gegeben, dass die Scheibe nicht von der Polizei sicher gestelltwerde. Nach Angaben des Zeugen begründete Meller seinen Drang nachder Scheibe mit internationalen Ruhm und einer langjährigengesicherten Beschäftigung. Er wollte für die Scheibe einMuseumsgebäude bauen.

Die Verhandlung in Naumburg ist bereits der zweite Prozess um dieHimmelsscheibe. Vor dem Landgericht Magdeburg streiten sich das LandSachsen-Anhalt und die Stadt Querfurt derzeit um dieVermarktungsrechte an der Himmelsscheibe. Am 16. Oktober will dasLandgericht eine Entscheidung treffen. Querfurts Bürgermeister PeterKunert (FDP) hatte beim Patent- und Markenamt (München) den Begriff«Himmelsscheibe von Nebra» und andere Bezeichnungen als Markennameeintragen lassen. Danach darf allein die Stadt Querfurt diese Namenfür Vermarktungszwecke verwenden - etwa für Souvenirs wie Uhren oderSchmuck. Dagegen hatte das Land als Eigentümer der Scheibe geklagt.