Harz Harz: Heiße Hexen heizen zum Blocksberg

Thale/Schierke/dpa. - In der Walpurgisnacht wird der Harz zumHexenkessel: Zu den ausgelassenen Feierlichkeiten in der Nacht zum 1.Mai werden in vielen Harzorten mehrere zehntausend Besucher erwartet.Traditionell gibt es auf dem Hexentanzplatz bei Thale und imWernigeröder Stadtteil Schierke die meisten Hexennasen, Zauberhüteund Teufelshörner zu sehen. Allein Schierke rechnet mit 10 000Partygästen, ebenso viele werden auf dem Hexentanzplatz erwartet.Laut Harzer Verkehrsverband (HVV) ist die Walpurgisnacht ein StückTradition und Brauchtum, an dem Jung und Alt gleichermaßen teilhaben.Jedes Jahr reisen auch viele Auswärtige in den Harz, um dieWalpurgisnacht zu feiern, die es in dieser Form nur im Harz gibt.
Gefeiert wird eine mystische Legende, deren Ursprung bis heutenicht eindeutig geklärt ist: Hexen sollen in der Walpurgisnacht aufden Brocken geritten sein, um mit dem Teufel Orgien zu feiern. Vielesehen in dem Fest die Vertreibung des Winters. Berühmt wurde dieWalpurgisnacht durch Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), der inseinem «Faust» das gruselige Treiben auf dem Brocken beschrieb.Früher pflegten die Menschen Bräuche, um sich gegen das böseHexentreiben zu wehren. Zum Schutz des Viehs wurden Kräuterbüschel anStalltüren gehängt und es gab Peitschenknall, Glockengeläut undWalpurgisfeuer.
Heute ist die Harzer Walpurgisnacht ein Spaß- und Tourismusfaktor.Die Furcht vor mystischen Zauberwesen ist dem Zuspruch zu reichlichAlkohol, lauter Musik und nackter Haut gewichen. Der Veranstalter aufdem Hexentanzplatz spricht von einer «aufwendigen Show», in der auchder alte Goethe bedacht wird. «Wir spielen den Faust auf einer Bühnemit vier Türmen, auf denen Schauspieler, Tänzer und Musiker agieren»,sagt Mario Jantosch, Direktor des auf dem Hexentanzplatz gelegenenHarzer Bergtheaters. Doch um ernsthaft zu begeistern, müssen längstauch Feuerspucker, Seilartisten und Stelzenläufer engagiert werden.
Karl Born, Professor für Tourismusmanagement an der HochschuleHarz in Wernigerode, sieht in der Walpurgisnacht viele positiveEffekte. «Man hat es verstanden, die Menschen zu begeistern», sagtBorn. Davon profitiere der Harz-Tourismus. Im Umgang mit demangegrauten Schlagwort «Brauchtum» wurde Born zufolge aus der Noteine Tugend gemacht. «Mit Brauchtum begeistert man die Einheimischenund alle anderen ködert man mit Wörtern wie Events oder Action.»
Für den Historiker Uwe Lagatz von der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität geht es nur ums Geldverdienen. «Mit dentraditionellen Walpurgisfeiern Ende des 19. Jahrhunderts hat dasalles nichts mehr zu tun», sagt Lagatz, der im Harz wohnt. Damalswanderten die Menschen auf den Brocken, um sich dort unterhalten zulassen und eine Hexenzeremonie zu feiern. Heute schließen sichmittlerweile auch kleinste Harzorte dem «Walpurgis-Boom» an, es gibtaber qualitative und quantitative Unterschiede. «Nicht jedes Dorffestist eine gelungene Walpurgis», sagt der Historiker.
Im Luftkurort Schierke hat das ausgeartete Treiben der vergangenenJahre die Veranstalter zum Umdenken bewegt. Die Kurverwaltungverfolgt ein neues Konzept und will eine Qualitätssteigerung. Es istvom «schönsten Fest des ganzen Harzes» die Rede, dem in denzurückliegenden Jahren immer mehr die Besucher ausgegangen sind. DasZiel sind anspruchsvolle Musik- und Tanzdarbietungen, namhafte Live-Bands und weniger Negativschlagzeilen über stark betrunkene Besucher.Hexen, urige Tavernen, Spielleute und Gaukler verwandeln Schierke am1142 Meter hohen Brocken in eine Party-Meile, die um Mitternacht miteinen Höhenfeuerwerk ihren offiziellen Ausklang findet.
