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Hallenser in Sri Lanka Hallenser in Sri Lanka: Katastrophe war selbst im Hinterland zu spüren

Von Jan Wätzold 27.12.2004, 19:13

Halle/Ella/MZ. - Seit Montagmorgen kann wieder telefoniert werden. "Man muss es öfter versuchen, aber man kommt durch", erzählt Uwe Albertz, als die Verbindung nach Deutschland endlich steht. Da ist es schon mehr als 24 Stunden her, dass für den 37-Jährigen und seine Freundin Kerstin "der schlimmste Albtraum unseres Lebens" wahr geworden ist.

In Hambantota an Sri Lankas Südzipfel mussten die beiden Hallenser fassungs- und hilflos mit ansehen, wie die Hafenmetropole zerstört und hunderte Menschen von der plötzlich in der Bucht aufgetauchten Flutwelle getötet wurden.

Nach nur wenigen Stunden unruhigen Schlafes sind die Rucksack-Touristen schon am frühen Morgen ins Landesinnere aufgebrochen. "Weg von den Leichen, die noch immer überall unter Trümmern von Autos, Bussen und Häusern liegen", so Albertz. Helfen ließen sich die Einheimischen nicht: "Die Menschen wollen mit ihren Toten allein sein." Die Wut der Singhalesen richte sich zwar in erster Line gegen die Zentralregierung in Colombo, die ihrer Meinung nach vor dem Tsunami hätte warnen müssen. "Aber auch als Ausländer mit einem noch intakten Motorrad sollte man sich besser zurückziehen."

Die angemietete Kawasaki ist neben persönlichen Papieren und Geldkarten alles, was Albertz und seiner Freundin geblieben ist. Schon als sie das Gefährt im unversehrten Teil Hambantotas volltanken wollen, um in einem Ritt ans Ziel zu kommen, merken sie: Die Risse durchs Paradies sind länger als der Atem der Monsterwelle.

Obwohl die Infrastruktur bereits 500 Meter hinter dem Strand auf den ersten Blick völlig intakt zu sein scheint, hat sich vieles verändert. "Es gibt kein Benzin, Wasser und unverderbliche Lebensmittel kosten über Nacht so viel wie in Deutschland", berichtet Albertz. Erst nach 70 Kilometern - auf halber Strecke in die Berge - finden die Hallenser eine Tankstelle mit Sprit. Der Weg dorthin dauert Stunden, weil die Straßen mit Hilfskonvois und den Autos besorgter Einheimischer verstopft sind.

"Alle Fahrzeuge, die Richtung Küste fahren, tragen weiße Fahnen", sagt Albertz. Die für Buddhisten, Hindus und Moslems traditionelle Farbe der Trauer beherrsche auch das Bild entlang des Weges. "Überall wird Reis und Trinkwasser für die Betroffenen gesammelt, jeder gibt, was er hat."

Auch in Ella, hoch in der von Tee und Tourismus lebenden südlichen Bergregion, sind die Folgen der Katastrophe zu spüren. Wo ein Zimmer auch in der Hochsaison höchstens eine Frage des Preises ist, geht einen Tag nach dem Tsunami kaum noch was. "Hunderte Touristen, die so wie wir vom Strand in die Berge geflüchtet sind, suchen noch nach Unterkünften", so Albertz.

Erst am Abend können sich die Hallenser ausruhen. Ein Singhalese, der eigentlich erst ab März vermieten wollte, hat das Paar auf Wunsch eines Freundes aufgenommen.