Halle (Saale Halle (Saale): Höhenflug per Ultraschall
Halle (Saale)/MZ. - Von Sachsen-Anhalt in die Welt? Für ein kleines Gerät aus Halle geht es noch ein ganzes Stück weiter - 50 Kilometer, nach oben. "Die US-Raumfahrtbehörde Nasa hat unseren Ultraschall-Sensor ausgewählt, um an einem unbemannten Flugkörper den Füllstand der Brennstoffzellen zu messen", sagt Hans-Joachim Münch, Geschäftsführer der SONOTEC GmbH aus Halle. Der High-Tech-Sensor wird außen an den Tanks angebracht und misst - eine Fledermaus im Weltraum - durch die Wand hindurch mit Ultraschall, der reflektiert wird. Die Wellen liegen oberhalb des Hörfrequenzbereichs des Menschen.
Das technologische Weltraum-Abenteuer ist inzwischen wohl beendet. Genau weiß Münch das aber gar nicht. Alles sei sehr geheim gewesen, so der 55-Jährige. Doch auch am Boden befinden sich die Ultraschall-Spezialisten im Höhenflug. "Auf einigen Gebieten sind wir weltweit Innovationstreiber", sagt Münch. Das ist seine bescheidene Umschreibung für Weltmarktführer. So sind die Hallenser bei den Sensoren für die Medizintechnik technologische Weltspitze. Die Detektoren spüren in Herz-Lungen-Maschinen oder Dialyse-Geräten mögliche Luftblasen im Blut auf, die für den Patienten gefährlich sind. Die Sensoren made in Sachsen-Anhalt dienen beispielsweise in den Dialyse-Geräten von Fresenius Medical Care aus den USA, dem weltgrößten Anbieter von Medizintechnik für Patienten mit chronischem Nierenversagen, so als Sicherheitsventil. Der Branchenriese betreibt selbst allein 2 700 Dialysekliniken in Nordamerika, Europa, Lateinamerika, Asien-Pazifik und Afrika.
Vor fast 20 Jahren haben die Physiker Münch und Santer zur Horst-Meyer, heute die beiden Geschäftsführer, die Zwei-Mann-Firma SONOTEC in einem Keller-Labor gegründet. Inzwischen haben sie 80 Mitarbeiter.
Münch greift nach dem Sonospot, einem handlichen Messgerät mit einem Parabol-Schirm. "Damit können aus bis zu 20 Metern Entfernung kleinste Lecks in Druckluftanlagen aufgespürt werden. Ein solches Loch macht - wie in einem Fahrradschlauch - ein hochfrequentes Geräusch, das wir oft gar nicht mehr hören können", erläutert er. Dabei gehe es um Energieeffizienz. "Sieben Prozent des industriellen Stromverbrauchs in Deutschland werden in Luftdruck umgewandelt. Man geht davon aus, dass in solchen Anlagen 20 bis 40 Prozent durch Leckagen verloren gehen." Ein Leck von einem Millimeter Größe in einer industriellen Luftdruckanlage koste bei sechs Bar Druck im Jahr rund 250 Euro", erläutert er. Das Leuchtpunktvisier des Sonospot kann Leitungen überall anpeilen und Löcher finden. Selbst in lauten Werkhallen. Auch Energieversorger nutzen weltweit das Gerät, um vom Boden aus Fernstromleitungen abzuhören. Denn wenn deren Isolatoren an den Masten beschädigt sind, ergibt es ein sogenanntes Prasseln.
Für Ultraschall-Technik gibt es viele Anwendungen", sagt Hans-Joachim Münch. Die Gründe lägen auf der Hand. "Ultraschall ist schnell, ungefährlich, preiswert, staubunempfindlich und ermöglicht berührungs- und zerstörungsfreies Arbeiten." SONOTEC stellt Instrumente her, mit denen Airbus in Toulouse überprüft, ob die Türen der Flugzeuge dicht schließen. Oder ob die Sauerstoffversorgung in der Kabine funktioniert. Geräte aus Halle prüfen außerdem die Sicherheitsventile in Kernkraftwerken in Russland, die Druckluftbremsen aller Mercedes-Lkw oder überwachen die Verklebung von Windrädern. Es gibt Instrumente, die Profile von Flüssen ausloten können oder auch spezielle Detektoren, die frühzeitig die Trächtigkeit von Schweinen feststellen.
Auch die Öl-Industrie nutzt hallesche Produkte, etwa an der Druschba-Trasse, in Brasilien, Norwegen oder Indonesien. In den Pipelines fahren sogenannte Molche, das sind Wartungs- und Prüfschlitten. "Um zu wissen, ob der Molch an einer Entnahmestation ankommt, wird bisher zur mechanischen Messung ein Stift benutzt, der vom Molch hochgedrückt wird. Das macht Probleme. Unser Ultraschall-Molchmelder wird dagegen außen angebracht", erläutert der SONOTEC-Geschäftsführer.
Von Sachsen-Anhalt in die Welt - die direkte Exportquote von SONOTEC liegt bei 15, die indirekte über die eingebaute Technik bei 72 Prozent. Inzwischen habe sich, so Hans-Joachim Münch, in Mitteldeutschland gemeinsam mit den Hochschulen auch ein Firmennetzwerk in der Ultraschalltechnik entwickelt. "Wir wollen auch weiter ganz vorne mitspielen."