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Halberstadt Halberstadt: Geldrückgabe in falscher Bank

Von Dennis Lotzmann 28.02.2006, 20:11

Halberstadt/MZ. - Die Beamten der Polizeidirektion Halberstadt sind einiges gewöhnt. Die beiden Besucher jedoch, die am Montagnachmittag in das Direktionsgebäude marschierten, sorgten selbst bei hart gesottenen Ermittlern für eine große Überraschung. Ein Strafverteidiger aus Halberstadt hatte einen seiner Mandanten im Schlepptau, und beide hatten ein gemeinsames Ziel: Es ging um Schadensbegrenzung.

Denn der 27-jährige Halberstädter hat den nach eigenen Angaben bislang jüngsten Banküberfall in der Harzregion auf dem Kerbholz. Wie er den Beamten wenig später in der ersten Vernehmung detailliert berichtete, hatte er Donnerstag vergangener Woche die in der Nähe seiner Wohnung gelegene Filiale der Volksbank überfallen und dabei nach MZ-Informationen 21 300 Euro erbeutet.

Dem reumütigen Gang zur Polizei war offenbar ein Wochenende mit Gewissensbissen und zunehmend kalten Füßen vorangegangen. Denn mit Hilfe von Überwachungsbildern aus der Bank fahndeten die Ermittler am Wochenende bereits im unmittelbaren Umfeld des Täters. Gegenüber den Beamten schilderte der arbeitslose Zimmermann den Tatablauf später so: Bereits am Donnerstagmorgen habe er zur Schnapsflasche gegriffen, um seinem Frust freien Lauf zu lassen. Keine Arbeit, befristete AB-Maßnahmen - ein Leben mit wenig Höhepunkten und noch weniger Perspektiven. Volltrunken und maskiert sei er dann gegen 16 Uhr mit einer Waffe in der Hand in jene Volksbank-Filiale gestürmt, die in der Vergangenheit schon einmal Ziel eines Überfalls war. Die völlig schockierte Mitarbeiterin, die er mit der Waffe bedrohte, habe das Bargeld ausgehändigt. Anschließend sei er mit dem Rad in seine Wohnung geflüchtet.

Dort muss mehr oder minder schnell die Ernüchterung eingetreten sein. "Als er nicht mehr alkoholisiert war, hat er erkannt, was er für eine Tat begangen hat", so der Verteidiger. Deshalb habe der 27-jährige bereits Samstag früh die Beute zur Bank zurückgebracht. Allerdings irrte er beim Bankgebäude: Statt den Schaden bei der Volksbank wieder gut zu machen, steckte er das Geld in einen Briefkasten der Sparkasse - komplett, so der Verteidiger, fast vollständig, wie es von der Polizei heißt.

Der Verteidiger setzt bei diesem Fall nun vor allem auf zwei Aspekte, um das Strafmaß für seinen Mandanten möglichst gering zu halten: "Eine gewisse alkoholische Beeinträchtigung bei der spontanen Tat" und die Reue des Täters. Zudem habe es sich nicht um eine scharfe Waffe gehandelt, so der Rechtsanwalt aus Halberstadt.

Ein Fakt, der bei der Strafbemessung in der Tat eine wichtige Rolle spielt: Werden bei einem Überfall scharfe Waffen benutzt, drohen mindestens fünf Jahre Haft, so der ermittelnde Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck. Bei Attrappen oder Spielzeugpistolen sehe das Gesetz mindestens drei Jahre vor.

Zumindest die Reue hat dem 27-Jährigen gestern Nachmittag beim Haftprüfungstermin immerhin schon einmal einen Bonus eingebracht: Weil er geständig war und die Beute abgeliefert hat, setzte der Haftrichter die beantragte Untersuchungshaft gegen Auflagen außer Vollzug.

Unterdessen prüfen die Ermittler Zusammenhänge mit einer Serie von sechs Banküberfällen im Harz. Dafür jedoch spricht gegenwärtig offenbar nichts, wie Roggenbuck gestern sagte. Bei den anderen Banküberfällen seien schließlich in den vergangenen drei Monaten meist zwei Täter in Erscheinung getreten.