Gen-Versuchsfelder Gen-Versuchsfelder: Abtreter für Bienenvölker

Halle/MZ. - Der Mann vom Zentrum für Gentechnologie in Berlin klingt nicht nur gelassen, er ist es. "Es gibt keinen Anlasszur Sorge." Stattdessen will Hans-Jörg Buhk ein "klassisches Sommerlochthema" ausgemacht haben. Raps-Honig aus Sachsen-Anhalt könne nach wie vor ohne Bedenken gegessen werden, versichert er. Greenpeace sieht das anders.
Die Umweltschützer haben nach eigenen Angaben Raps-Honig untersucht, der mit gentechnisch veränderten Pollen verunreinigt sein soll. Den Verursacher sehen sie bei derFirma Aventis/CropScience, einer Bayer-Tochter, die südlich von Magdeburg ein Gentechnik-Versuchsfeld mit Raps betreibt. "Der Verbraucher hat ein Recht zu erfahren, was er isst", meint Greenpeace-Mann Henning Strodthoff.
Im Labor hat die Umweltschutzorganisation den Honig von einem ganz normalen Rapsfeld in Biere (Kreis Schönebeck) untersuchen lassen. Dort hatte Greenpeace im Mai vergangenen Jahres, als der Raps in voller Blüte stand,für Versuchszwecke ein Bienenvolk aufgestellt. Dieses Feld liegt rund 300 Meter vom Versuchsfeld entfernt. Für Bienen sei dies keine unüberbrückbare Distanz. Sie könnten nicht zwischen normalem und gentechnisch verändertem Raps unterscheiden, sagt Strodthoff. Es bestehe die Möglichkeit,dass Pollen von Gen-Raps und herkömmlich angebautenPflanzen gleichermaßen in die süße Masse gelangenund sich Merkmale vermischen.
Die Ergebnisse der Honig-Analyse haben sie mittlerweile an den Bayer-Konzern übergeben. "Wir warten nun auf das Material", sagt Lutz Knabe vom zuständigen Tochterunternehmen mit Sitz im französischen Lyon. Gleichwohl bekräftigt er: "Das Thema ist nicht neu, im Gegenteil." Normalerweise könnten bei der Herstellungvon Honig keine gentechnischen Spuren zurückbleiben.Knabe: "Andererseits kann man nicht ausschließen,dass mal ein Pollenkorn mit verarbeitet wird. Deshalb besteht noch lange keine Gefahr für den Verbraucher."
Vorwürfe adressiert die Umweltschutzorganisation auch an das Zentrum für Gentechnologie, das bundesweit für die Genehmigung solcher Versuchsfelder verantwortlich ist: "Aus unserer Sicht ist das Gentechnik-Feld fahrlässig zugelassenworden", sagt Strodthoff. Es sei "kein hinreichend großer Abstand" zwischen beiden Feldern gewahrt. Belgien soll nun als nachahmenswertes Beispiel herhalten. Dort verlangen die Behörden nach Greenpeace-Informationen rund 1000 MeterAbstand. Eine Garantie, dass Pollen nicht vermischt werden, gibt es damit nicht. "Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, ist geringer." Für die Umweltschützer wäredieser Abstand "einer erster Schritt".
Hans-Jörg Buhk, den Chef der Genehmigungsbehörde,kontert: "Pollenflug muss man immer in Betrachtziehen." Unabhängig von einem Mindestabstand.Seit 1990 genehmigt das Zentrum für Gentechnologie,angesiedelt beim Robert-Koch-Institut in Berlin,so genannte Freisetzungsflächen, etwa 25 jährlich."Wir müssen zuallererst die Sicherheit fürMensch, Tier und Umwelt gewährleisten", betontBuhk. Was erforscht werde, liege in der Verantwortungdes Betreibers. Bestimmte Vorgaben seien dennochzu erfüllen. Dazu gehöre auch eine "Isolationsfläche"zu konventionellen Flächen. So soll eine Mantelsaatringsum das Versuchsfeld für Fußabtreter-Effektesorgen.
Im Landwirtschaftsministerium Sachsen-Anhaltist man überzeugt, dass der Honigliebhabernichts zu befürchten hat. Sprecherin AnnetteSchütz erklärte: "Grundsätzlich verstehenwir Ängste der Bevölkerung vor gentechnischveränderten Lebensmitteln. Aber in diesemFall sind sie unbegründet."
Das Ministerium reagierte auf den Greenpeace-Vorstoßtrotzdem. Die betreffenden Landkreise wurdengebeten, Imker ausfindig zu machen, derenBienen nahe der Versuchsfelder stehen. Diesollen ihre Wagen von jenen Flächen weiterweg rücken. Schütz: "Aber da der Raps nichtmehr blüht, ist das jetzt kein Thema mehr."Und: "Wie wollen Sie einer Biene vorschreiben,wohin sie fliegen darf?"