Gefährliche Hunde Gefährliche Hunde: Im Notfall einschläfern
Magdeburg/MZ - Der Vizepräsident der Tierärztekammer Sachsen-Anhalts, Klaus Kutschmann, hat eine gesetzliche Regelung für das Einschläfern von besonders gefährlichen Hunden gefordert. Betroffen wären Hunde, die seit vielen Jahren in Tierheimen leben. Die Tiere seien oft nicht mehr vermittelbar und vegetierten in Zwingern dahin. Wer zudem um die schlimmen Verletzungen wisse, die solche Vierbeiner zufügen können, müsse ein Einschläfern ernsthaft prüfen. In Sachsen-Anhalt wird derzeit darüber diskutiert, ob das seit 2009 gültige Gesetz zur Haltung gefährliche Hunde überarbeitet werden muss. Die Tierärztekammer ist Interessenvertreterin von 1 000 Veterinären im Land.
Beschlüsse nur einstimmig
Kutschmann wirbt unter Berufskollegen und darüber hinaus für ein Konzept, bei dem die letzte Entscheidung über das Setzen der Giftspritze nach dem Einzelfallprinzip und auf Grund nachvollziehbarer Kriterien erfolgen soll. Ihm zufolge könnte eine Kommission in den Kreisverwaltungen und Stadtverwaltungen darüber entscheiden, welche Hunde eingeschläfert werden. In diesen Gremien sollten nach Auffassung Kutschmanns sowohl Vertreter der Ordnungsämter wie auch Tierärzte und Tierschützer mitarbeiten.
Ein Wesenstest darf nur durchgeführt werden, wenn die Hundehalterin oder der Hundehalter ihr oder sein schriftliches Einverständnis zur Durchführung des Wesenstests erklärt und für den Hund eine Haftpflichtversicherung nach § 2 Abs. 3 des Hundegesetzes nachgewiesen ist.
Der Wesenstest besteht aus einer Datenerhebung, einer tiermedizinischen Allgemeinuntersuchung, einem Frustrations- und Lerntest und einer Beurteilung des Verhaltens des Hundes in verschiedenen Testsituationen. Die Allgemeinuntersuchung des Hundes erfolgt, um möglicherweise vorhandene Schäden oder Erkrankungen zu erkennen, die zur Beeinflussung des Verhaltens des Hundes führen können. Der Frustrations- und Lerntest dient dazu, mögliche Vorbehandlungen des Hundes mit Beruhigungsmitteln zu erkennen.
Die Gesamtdauer der Testsituationen soll mindestens 45 Minuten betragen und eine Stunde nicht überschreiten. Der Hund soll dabei vom Hundehalter an einer geeigneten Leine mit einem geeigneten Halsband geführt werden.
Über den durchgeführten Wesenstest ist der Hundehalterin oder dem Hundehalter eine Bescheinigung zur Vorlage bei der zuständigen Behörde auszustellen. Dies setzt voraus, dass die Hundehalterin oder der Hundehalter die Datenerhebung vollständig ausgefüllt hat und das Ergebnis der tiermedizinischen Allgemeinuntersuchung sowie des Frustrations- und Lerntests einer sachgerechten Durchführung der Beurteilung nicht entgegen stand. Die Feststellung, dass der Hund zu sozialverträglichem Verhalten in der Lage ist, darf nur bescheinigt werden, wenn im Rahmen der Beurteilung bei dem Hund keine gestörte aggressive Kommunikation zu erkennen ist und keine Indikatoren für ein inadäquates Aggressions- oder Sozialverhalten aufgetreten sind.
Wird ein Hund zum Wesenstest vorgestellt oder dieser bei einem Hund durchgeführt, der das zweite Lebensjahr noch nicht vollendet hat, oder bei einem Hund im Rahmen der tiermedizinischen Allgemeinuntersuchung nach Absatz 2 nachgewiesen, dass zwingende tiermedizinische Gründe, namentlich wegen Alters, Gebrechlichkeit oder Krankheit des Hundes, der Durchführung der Beurteilung entgegenstehen, gilt der Wesenstest als durchgeführt und der Hundehalterin oder dem Hundehalter soll eine Bescheinigung ausgestellt werden. In der Bescheinigung ist unter Darlegung der Gründe und einer Empfehlung zum Zeitraum der Durchführung eines erneuten Wesenstests anzugeben, dass die Fähigkeit des Hundes zu sozialverträglichem Verhalten noch nicht abschließend beurteilt werden kann.
Damit möglicher Missbrauch von vornherein ausgeschlossen sei, meint Kutschmann, müssten die Beschlüsse über Leben und Tod eines Hundes stets einstimmig gefasst werden. In dieser Woche ist die Initiative auch Thema eines vom Magdeburger Stadtrat anberaumten Treffens. Dabei steht die anstehende Überprüfung des Hundegesetzes im Mittelpunkt. Auch Landes-Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) nimmt daran teil. Seiner Sprecherin zufolge sind die Überlegungen Kutschmanns im Ministerium bekannt. Ihre Antwort auf die Frage nach der Chance einer entsprechenden Gesetzesänderung: „Kutschmanns Ansicht fließt ein in den Evaluierungsbericht für den Landtag.“ Darin sollen bis zum Jahresende alle Vorschläge gebündelt werden.
Keine artgerechte Haltung
Der Deutsche Tierschutzbund lehnt Kutschmanns Vorschlag nicht in Bausch und Bogen ab. Zwar sei man grundsätzlich gegen die Tötung von Tieren, die im Tierheim untergebracht sind. Jedoch könne, so Pressesprecher Marius Tünte, auch ein Einschläfern in Frage kommen, wenn das Tier schwer leidet - zum Beispiel bei schweren Verhaltensstörungen oder einer unheilbaren Krankheit.
Kutschmann hatte sich vor Wochen erstmals in einer Tagung in Aschersleben vorsichtig dafür ausgesprochen, gefährlich Hunde nicht über Jahre in Käfigen vegetieren zu lassen. Mit artgerechter Haltung habe das nichts zu tun. Aber auch die Kosten spielten eine Rolle. Als Faustregel gelte ein Tagessatz von zehn Euro pro Tier. Danach müsste die Kommune für die zehnjährige Unterbringung eins Hundes in einem Tierheim 36.000 Euro aufbringen.