1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Früheres Gefängnis in Naumburg: Früheres Gefängnis in Naumburg: Knast sucht Käufer

Früheres Gefängnis in Naumburg Früheres Gefängnis in Naumburg: Knast sucht Käufer

Von Jana KAinz 22.01.2014, 08:00
Das ehemalige Gefängnis in Naumburg
Das ehemalige Gefängnis in Naumburg Biel Lizenz

Naumburg/MZ - Sie ist zu haben, aber keiner will sie: die seit Herbst 2012 verwaiste Justizvollzugsanstalt (JVA) Naumburg im Burgenlandkreis. Als Eigentümer schrieb das Land Sachsen-Anhalt vergangenen Sommer das 17 000 Quadratmeter große Areal für mindestens 452 000 Euro aus. Dafür stellte es ein Exposé ins weltweite Netz. Auf 18 Seiten wurde dargelegt, was den künftigen Eigentümer erwartet. Potenzielle Käufer konnten bis zum 1. Dezember 2013 Angebote einreichen. Das Problem: Das Landesfinanzministerium wartete vergeblich auf Anfragen.

Die Stadt Naumburg steht zwar mit eigenen Plänen in den Startlöchern, kann sich den Kauf der Liegenschaft in Top-Lage aber nicht leisten. Dort, wo einst Kriminelle einsaßen, könnten Wohnhäuser entstehen. Die Lage sei für Bauherren attraktiv, grenzt das Areal doch an das städtebaulich bedeutsame Bürgergartenviertel. Um das zu ergänzen, ist für den Naumburger Rat neben neuem Wohnraum auch eine „nicht störende gewerbliche Nutzung“ denkbar.

Das gäbe das Areal auch her. Abgesehen vom einstigen Wohnhaus des Anstaltsleiters, vom Freigängerhaus, Haftgebäude und ursprünglichen Schwurgerichtsgebäude, die unter Denkmalschutz stehen, müsste nicht jeder Stein erhalten bleiben. Entscheidend ist das künftige Gesamtkonzept.

17.000 Quadratmeter für mindestens 425.000 Euro

Damit ihm kein Investor zuvorkommt, hat der Stadtrat 2012 seine Vision in einem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan festgehalten. Dessen Frist läuft aber Mitte 2014 ab. Weil bis dahin etwas passieren muss, wird sich die Stadt nun mit dem Land an einen Tisch setzen und überlegen, wie die Immobilie potenziellen Käufern schmackhaft gemacht werden kann. Immerhin müsste der künftige Eigentümer, abgesehen vom Kaufpreis, „noch einmal viel Geld in die Hand nehmen, um das Gelände zur Baureife zu führen“, sagt Stadtsprecher Felix Prescher.

Kein Geld, dafür aber ein Nutzungskonzept hat der Verein Naumburger Theater- und Kinofreunde parat. Demnach könnte ein Teil der einstigen JVA dem Theater als neues Domizil dienen. Dafür soll aus dem Areal ein 7 000 Quadratmeter großes Stück herausgeschnitten werden. Darauf stehen das repräsentative Schwurgerichtsgebäude und ein Stück des alten Gefängnistraktes.

Erhalten werden könnte die historische Mauer an der Westseite samt eines Wachturmes aus neuerer Zeit. Theater selbst würde im Schwurgerichtsgebäude nicht gespielt. Dort könnte vor allem untergebracht werden, was für einen Theaterbetrieb nötig ist: Büros, Werkstatt, Garderoben, Probebühne. Für den Zuschauerraum samt Bühne würde ein Anbau hochgezogen, der über das Schwurgerichtsgebäude erreichbar wäre. Mit seinem repräsentativen Treppenaufgang scheint er wie geschaffen für einen würdigen Theatereingang. „Diese Pläne würden auch finanziell in einem vernünftigen Rahmen bleiben“, sagt Vereinsvorsitzende Kirsten Wilke. Die Überlegungen des Vereins kommen nicht von ungefähr. Zum einen ist laut Exposé eine öffentliche Nutzung ausdrücklich erwünscht. Zum anderen ist die angestammte Theaterspielstätte sanierungsbedürftig.

Den Blick der Öffentlichkeit zog das Areal schon zu jenen Zeiten auf sich, als dort vor allem Schwerverbrecher ihre Haftstrafen absitzen mussten. Seit den 1990er Jahren sorgte die JVA mit Geiselnahmen immer wieder für Schlagzeilen. Das Gefängnis verfügte in den Jahren vor seiner Schließung zeitweise über mehr als 260 Haftplätze.

Kranke Häftlinge sollten nach Naumburg kommen

Das für 2012 besiegelte Aus der JVA überraschte die Bediensteten keineswegs. Schließlich hatten sie zuvor einen Eiertanz der Politik um die Zukunft der Anstalt miterlebt. Zunächst wurden die Untersuchungshaftplätze gestrichen. Mit Start der neuen JVA Burg bei Magdeburg wurden die Schwerkriminellen dorthin verlegt. Fortan kamen in Naumburg Männer hinter Gitter, die eine Haftstrafe bis zu drei Jahren zu verbüßen hatten.

Eine drohende Schließung wurde derweil mit dem Argument vom Tisch gewischt, dass das Gefängnis in Naumburg als einziges im Land über eine Krankenstation verfüge. Pflegebedürftige und kranke Häftlinge aus dem Land sollten dort unterkommen. Darauf stellte sich auch das Saale-Unstrut-Klinikum Naumburg ein. Dessen Geschäftsführung begann, Pläne für eine Krankenstation für Gefangene zu schmieden.

Davon war nicht mehr die Rede, als das Gefängnis Ende 2010 zur Außenstelle der JVA Volkstedt wurde. Es sollte das letzte Kapitel in der Geschichte des Gefängnisses werden, das im Justizministerium unter „baulichen und räumlichen Gesichtspunkten“ als „nicht zukunftsfähig“ galt - obwohl das Land in den acht Jahren zuvor noch zwei Millionen Euro investiert hatte.

70 Prozent des Inventars ging an andere Gefängnisse

Nachdem für das nahende Aus Ende 2012 die 80 Bediensteten versetzt und die letzten 130 Gefangenen verlegt worden waren, begann das große Ausräumen. 70 Prozent des Inventars ging an andere Gefängnisse. Von der Zahntechnik wird einiges in einer Thüringer Zahnarztpraxis genutzt, ein Röntgengerät in einer Tierklinik. Der Rest wurde an interessierte Bürger, Vereine und Organisationen verschleudert oder verschrottet.

Einen Einschnitt bedeutete das Ende der Gefängnisses auch für etliche Unternehmen aus der Region. 22 Firmen hatten die JVA mit Lebensmitteln versorgt, 24 weitere sich um die Arbeitstherapie der Insassen gekümmert oder andere Dienstleistungen übernommen.

Nun kündet an der Front des einstigen Schwurgerichts und späteren Gefängnisses ein Plakat davon, dass die Liegenschaft zu haben ist. Und eine erneute Ausschreibung ist geplant,. Einen Termin dafür steht aber noch in den Sternen - wie die gesamte Zukunft des alten Gefängnisses.