Flutfolgen Flutfolgen: Trocknen im Akkord

Halle/MZ - In der Luft des Kellers hängt ein durchdringender, modrig-fauler Geruch. Auf dem Boden liegen lange weiße Schläuche, die in die einzelnen Parzellen führen. Alle Türen und Fenster sind verschlossen, offene Durchgänge mit weißer oder grüner Plastikfolie abgeklebt. Dadurch ist es schwülheiß. Vom Gang ist ein monotones Brummen zu hören. „Im Keller geht das, aber in der Wohnung wird es richtig nervig“, sagt Steffen Lang, Eigentümer einer Bautrocknungs-Firma in Halle.
Lang ist derzeit mit seinen 25 Geräten im Dauereinsatz rund um Halle, wie die anderen 71 Fachbetriebe für Bautrocknung in Sachsen-Anhalt. Die meisten Maschinen sind sogenannte Kondenstrockner. Die saugen die feuchte Luft an und gefrieren sie. Dann wird mit einer Heizschlange das Wasser wieder aufgetaut und in einen großen Bottich abgelassen. Die trockene Luft wird über die Schläuche zurück in den Raum geblasen. Innerhalb eines Tages sammeln sich in dem Bottich rund 60 Liter Wasser. „Zwei bis drei Stunden brauche ich inklusive Fahrzeit jeden Morgen, um alle Eimer zu entleeren.“
Das ist wegen der hohen Luftfeuchtigkeit eine sehr unangenehme Aufgabe. In einigen Kellerräumen beträgt die bis zu 90 Prozent. Deswegen arbeitet der 47-Jährige am liebsten nur in T-Shirt und kurzen Hosen. „Ich gerate dennoch immer ins Schwitzen.“ Zur Sicherheit hat er auch weiterhin ein Paar Gummistiefel im Auto. Zwar darf im Keller eigentlich kein Wasser mehr stehen, aber ein bisschen Rest kann immer noch mal sein.
Seine Fahrten werden Lang so schnell nicht ausgehen. Die Geräte müssen nämlich sehr lange in den Räumen stehen. Vier bis acht Wochen braucht es, bis die Feuchtigkeit aus den Wänden und dem Boden ist. „Es kommt natürlich immer auf das Material an“, sagt Lang. Im Keller eines Mehrfamilienhauses im halleschen Stadtteil Giebichenstein ist beispielsweise der Fußboden aus groben Ziegeln. Da ziehe die Feuchtigkeit in alle Ritzen und Hohlräume.
Billig ist die Trocknung in keinem Fall. „Mit rund 5 000 Euro für ein Einfamilienhaus mit 125 Quadratmeter müssen Sie rechnen“, sagt Lang. Dazu kommt noch der Stromverbrauch der Geräte, der bei rund 25 Kilowattstunden pro Tag liegt. In einem normalen Einfamilienhaus sind zwei bis drei davon erforderlich, die ein bis zwei Monate lang laufen müssen. So kommen bis zu 1 200 Euro Stromkosten zusammen.
Bevor überhaupt mit der Bautrocknung begonnen werden kann, müssen die Schäden begutachtet werden. Zuständig ist dafür Thomas Glumpf, seit rund 15 Jahren Sachverständiger für Bautrocknung. „Bis so ein Gutachten fertiggestellt ist, dauert es im Normalfall zwei bis drei Tage“, sagt er. Seitdem das Wasser abgelaufen ist, nimmt er bis zu fünf Besichtigungstermine am Tag an.
Bei der Begutachtung geht es nicht nur um die Einschätzung der Schadenshöhe für die Versicherung, sondern auch darum, welche Vorbereitungen getroffen werden müssen. Mit den Geräten allein ist es nicht getan. „Klar ist, dass der Putz bis auf das blanke Mauerwerk abgeschlagen werden muss“, sagt Glumpf. Zudem müssen die Fugen ausgekratzt werden. Fliesen, Gipskartonwände, Mineralwolldämmung - alles muss weg. Wenn die Trocknung nicht richtig gemacht wird, drohen schlimme Folgeschäden. „Es kann sich nach zwei Jahren Schimmel bilden - und die Beseitigung bezahlt dann keine Versicherung mehr“, sagt der 54-Jährige. Möbel, Türen und Fenster müssen zudem ersetzt werden. „Alles, was aus Holz ist, quillt auf, das können Sie nicht trocknen.“ Natürlich profitieren Glumpf und Lang von der Flut. Es ist beiden anzumerken, dass ihnen dieses Thema unangenehm ist. „Klar ist das Hochwasser eine Stressphase für uns und natürlich verdienen wir damit auch Geld“, sagt Glumpf. Aber so sei es nun einmal. Und Lang fügt hinzu: „Wenn ich das Leid von Nichtversicherungskunden sehe, dann mache ich auch mal Sonderpreise.“