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Flughafen Parchim Flughafen Parchim: Chinesen mit langer Leitung

Von Peter Gärtner 31.01.2008, 20:22

Parchim/MZ. - Eigentlich sind die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Volksrepublik China wieder bestens. Die monatelangen Irritationen um den Empfang des Dalai Lama in Berlin haben beide Seiten längst für beendet erklärt. Gegenüber Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte sein Amtskollege Yang Jiechi erklärt, dass die Volksrepublik jetzt nach vorne blicke, um insbesondere die Wirtschaftsbeziehungen voran zu treiben.

Nimmt man allerdings den Unternehmer Jonathan Pang Yuliang als Gradmesser, erscheint die offizielle Version doch ein wenig fraglich. Im Juli 2007 hat der chinesische Geschäftsmann den Parchimer Flughafen für rund 30 Millionen Euro gekauft, im September wurde die erste Frachtfluglinie zwischen Zhengzhou, Hauptstadt der Provinz Henan, und Parchim offiziell eröffnet. Inzwischen landen regelmäßig Frachtjumbos in Westmecklenburg - vollgepackt mit Textilien, Elektronik und Spielzeug "made in China". Und es gebe eine kontinuierliche Steigerung seit dem vergangenen Sommer, betont Peter Müller, Sprecher des Landkreises Parchim. Genaue Zahlen soll es indes erst in einigen Monaten geben.

In der knapp 20 000 Einwohner zählenden Kreisstadt ist man mit Link Global Logistics vollauf zufrieden, nicht zuletzt wegen der entstandenen Arbeitsplätze. Doch abgesehen von den laufenden Kosten hat der Chef des Unternehmens noch keinen Cent an den Landkreis überwiesen. Pang habe die Zahlungsprobleme damit begründet, dass die chinesische Zentral-Regierung verstimmt sei und deshalb die Transaktion der Gesamtsumme nicht genehmigt habe. Daraufhin wurde Ratenzahlung und Fristverlängerung vereinbart.

Der Kaufpreis für das riesige Flugplatz-Areal hätte bis Mitte Dezember komplett überwiesen werden sollen. Mit dem Vertrag hatte sich Pang zu weiteren Investitionen in Höhe von 70 Millionen Euro in Parchim in den nächsten Jahren verpflichtet, um den Airport zu einem internationalen Frachtknotenpunkt auszubauen. Doch auch die neuerliche Frist ließ der Multimilionär mit der bereits bekannten Begründung verstreichen. "Wir wollen weiter eng mit Herrn Pang zusammen arbeiten," erklärt Kreis-Sprecher Müller gleichwohl. "Wir stehen voll hinter ihm."

Während Kritiker des Großprojekts spotten, etwas anderes bleibe ihnen gar nicht übrig, berufen sich andere auf die typische mecklenburgische Gelassenheit. Schon Otto von Bismarck soll gesagt haben: "Wenn die Welt untergeht, ziehe ich vorher nach Mecklenburg, dort geschieht alles 50 Jahre später."

Müller lässt solche Einwände nicht gelten. Immerhin sitzen er und Landrat Klaus-Jürgen Iredi (SPD) nur ein paar Zimmertüren von Pang entfernt. In dessen Büro im Landkreisamt brumme es jedenfalls. "Der ist ungemein rührig und arbeitet unverdrossen an seinen Plänen. Unternehmer geben sich die Klinke in die Hand," heißt es. Auf dem Neujahrempfang des Kreises bezeichnete Iredi die "zu kurzfristigen Zahlungstermine" als Fehler und warnte die Kritiker zugleich davor, das Riesenprojekt jetzt zu "zerreden".

Der Landkreis könne bei der chinesischen Regierung nicht viel bewirken, Landes- und Bundesregierung aber schon, beklagte der Landrat mangelnde Unterstützung aus Schwerin und Berlin. Immerhin, so Iredi, habe der Investor inzwischen die Genehmigung der Provinz Henan vorliegen. Schon dies dürfte nicht einfach gewesen sein. Auf Anfrage teilte die Handelsabteilung der chinesischen Botschaft in Berlin mit, dass bereits die Ausfuhr von Devisen über 50 000 US-Dollar grundsätzlich genehmigungspflichtig sei. "Wir suchen derzeit eine Lösung, um die Zahlungsmodalitäten neu zu regeln", sagt Müller, der keine Details nennen will.

Tatsächlich grenzt es schon an ein Wunder, dass es den Flugplatz überhaupt noch gibt. 50 Millionen Euro Fördermittel sind von Land, Bund und EU seit 1992 dorthin geflossen, um den ehemaligen Wehrmachts-Fliegerhorst und späteren russischen Militärflugplatz für die Neuzeit startklar zu machen. Fast noch einmal die Hälfte der Summe verschlang der Airport bislang allein für den Unterhalt. Der Tower ist rund um die Uhr besetzt. Es gibt kein Nachtflugverbot. Dort darf alles landen, selbst für den Airbus A 380 ist genug Platz.

Bis Pang mit seinem Unternehmen Link Global Logistics kam, sind sämtliche Privatisierungsversuche kläglich gescheitert. Jetzt ist "Parchim International Airport" der erste Flughafen in Europa in chinesischer Hand. Zwar ist die Vision vom internationalen Luftdrehkreuz noch ein Traum. Doch so groß wie heute war das Frachtvolumen noch nie. Der Landkreis habe ungebrochenes Vertrauen zu Pang. Deshalb wartet man jetzt lieber weiter. "Welche Alternativen", fragt Iredi, "hat unser Land denn schon für diese strukturschwache Region zu bieten?"