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Experiment Experiment: Harzer Winzer will Eiswein aus roten Trauben herstellen

10.11.2004, 07:36
Der Weinbauer Matthias Kirmann prüft auf seinem Weinberg bei Westerhausen nahe Quedlinburg Trauben, aus denen er Eiswein herstellen will (Foto vom 05.11.2004). (Foto: dpa)
Der Weinbauer Matthias Kirmann prüft auf seinem Weinberg bei Westerhausen nahe Quedlinburg Trauben, aus denen er Eiswein herstellen will (Foto vom 05.11.2004). (Foto: dpa) ZB

Westerhausen/dpa. - Das Harzer Weingut Kirmann in Westerhausenbei Quedlinburg will in diesem Jahr erstmals Eiswein aus rotenTrauben herstellen. Derzeit wird auf den ersten Frost mit mindestensminus 7 Grad gewartet, sagte Winzer Matthias Kirmann. DieSchwierigkeit: Rote Trauben müssen mit der Schale vergoren werden.Das Risiko, faule Früchte zu verarbeiten, ist groß. Das WeingutKirmann ist das nördlichste des Anbaugebiets Saale-Unstrut. Rund 3,2Hektar Weinanbaufläche gehören zum Familienbetrieb.

Der alte Spruch am Kellergewölbe bringt esauf den Punkt: «Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken»steht dort in geschwungenen Buchstaben geschrieben. Für MatthiasKirmann ist er eine Passion. Er betreibt in Westerhausen vor denToren der UNESCO-Weltkulturerbestadt Quedlinburg das Harzer WeingutKirmann - das einzige in dem Mittelgebirge und das nördlichste desAnbaugebiets Saale-Unstrut. Rund 3,2 Hektar Weinanbaufläche inbester Harzvorland-Lage gehören zum Familienbetrieb. Pro Jahrverlassen etwa 20 000 Flaschen das Weingut. Aus sieben Rebsorten -von Dornfelder bis Spätburgunder - zaubert Winzer Kirmann bis zuzwölf verschiedene, meist trockene, Rot- und Weißweine.

Aus den weißen Fässern blubbert es. Vorsichtig wiegt Kirmann dasGärsalz ab und schüttet es dann in die Öffnung. «Das ist einHefenährstoff», sagt der 38-Jährige. Auch aus einem der großenEdelstahlbehälter gluckert es ab und zu, während im stilvollbeleuchteten Holzfasskeller entspannte Ruhe herrscht. «Ich habe schonimmer versucht moderne Technik mit Tradition zu verbinden», betontder Winzer. Mit einer Engelsgeduld lässt er den Wein in den bekanntenBarrique-Fässern reifen. «Bei der Herstellung werden diese Fässerüber Holzfeuer getoastet», erzählt der zweifache Familienvater. «Diespeziellen Aromastoffe werden dann an den Wein abgegeben.» Guteineinhalb Jahre verbringt das edle Getränk im Barrique.

Kirmann war nicht immer Winzer. Er ist über ein Hobby zum gutenWein gekommen. Zu DDR-Zeiten widmete sich der Vermessungstechnikerder Herstellung von Obstweinen. «Effektiver war es, Wein ausWeintrauben herzustellen. Aber es gab ja keine», erinnert er sich.1989 pflanzte er am Königstein in Westerhausen die ersten 400Rebstöcke Müller-Thurgau und Dornfelder - ganze 0,3 Hektar. «Ich binsicher, dass man mich damals belächelt hat», sagt Kirmann heute.Die ersten Reben kamen von der Winzervereinigung Saale-Unstrut, wohinKirmann bis 1994 fast alle Trauben zur Weiterverarbeitung abgab.

Seit 1995 liegen Lese, Kelterung, Weinausbau und der Vertrieballein in den Händen des 38-Jährigen. Mit dem eigenen Weingut auf demelterlichen Hof hat er sich einen Traum erfüllt. «Wir mussten unsschnell entscheiden. Wollen wir ein Massenprodukt produzieren, odersetzen wir auf Qualität? Wir haben uns für Letzteres entschieden.»Die Weine Kirmanns sind schon allein auf Grund ihres gehobenen Preisevor allem für besondere Anlässe zu empfehlen. «80 Prozent unsererWeine werden direkt ab Hof verkauft. Jeweils 10 Prozent werden überFachhändler und Restaurants vertrieben.»

Zuvor musste jedoch erst einmal investiert werden. Den 150 Jahrealte Bauernhof seiner Eltern sanierten Kirmann und seine Ehefrau imJahr 2000. Rund 300 000 Euro flossen in die Ausstattung des Betriebsund in die Hofgebäude. «Wir wollten nicht einfach nur Weinherstellen», sagt Kirmann. «Wir setzen auf das Erlebnis Wein.» Eigensdafür wurde auf Weingut eine gemütliche Probierstube eingerichtet.

Langeweile kommt bei kirmann nicht auf. gern experimentiert er,etwa mit weinbränden. momentan wartet er gespannt auf den erstenfrost. «ich will erstmals eiswein aus roten trauben herstellen»,erklärt er. «eine echte herausforderung.» fällt das thermometer unterminus 7 grad beginnt die lese. die schwierigkeit: «rote traubenmüssen anders als die hellen sorten mit der schale vergoren werden.das risiko, faule früchte zu verarbeiten, ist groß.» deshalb dürfenfür einen perfekten eiswein nur absolut gesunde trauben verwendetwerden. nationale und internationale auszeichnungen genießt bereitseiner seiner weißen eisweine. «ich weiß, dass sich es kann. ich weißnur nicht, ob es klappt», sagt kirmann.