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Europa-Gymnasium Dessau Europa-Gymnasium Dessau: Die letzten Zeugnisse teilt der Kanzler aus

Von Ernst Krziwanie 25.03.2001, 13:27

Dessau/MZ. - "Mit 86000 Einwohnern ist unsere Stadt zu klein für fünf Gymnasien" sieht Schulleiter Bernd Ludlei die Situation realistisch. Da hätten das Philanthropinum mit seiner langen humanistischen Tradition oder das Bischöfliche Liborius-Gymnasium bessere Karten.

Dabei hatte es vor zehn Jahren so hoffnungsvoll begonnen - aus der Polytechnischen Oberschule wurde das 4. Gymnasium der Muldestadt. Die ruhige Lage am Schillerpark bot gute Lernbedingungen für Schüler aus der Stadt und dem angrenzenden Wörlitzer Winkel. Noch größer wurde der Zuspruch als es ein Jahr später zur ersten Schule Sachsen-Anhalts für europäische Begegnung, Bildung und Erziehung wurde. Fünf Fremdsprachen stehen zur Auswahl, einige Fächer werden bilingual unterrichtet, beispielsweise Geschichte in Englisch oder Französisch, und fakultativ wird Europakund angeboten. Wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hat Carola Lakotta-Just. Inzwischen ist sie Landeskoordinatorin für 13 Schulen im Land, die dem Dessauer Beispiel gefolgt sind. Grund genug für Bundeskanzler Gerhard Schröder, im Vorjahr auf seiner Reise durch die neuen Bundesländer das Europa-Gymnasium zu besuchen und den 50 Lehrern und 500 Schülern seine Hochachtung für das Europa-Engagement auszusprechen.

Noch verläuft der Schulbetrieb völlig normal. Europakunde ist für 19 Siebentklässler angesagt, im Europakabinett, das mit Fahnen, Karten und Bildern dekoriert ist. "Wie ist Europa zu seinem Namen gekommen?", fragt Frau Lakotta-Just. Gemeinsam tragen die Schüler die Sage zusammen, nach der Zeus in Gestalt eines Stiers die schöne Tochter König Agenors nach Kreta entführte. "Nachdem er sich dort in einen Jüngling verwandelte", ergänzt Erik, "verkündete er, von nun an soll der Erdteil den Namen der Prinzessin Europa tragen".

Zuvor hatten die Mädchen und Jungen aufgeschrieben, warum sie dieses Fach gewählt haben. "Weil es mir Spaß macht." "Weil ich mehr über das Leben in unseren Nachbarländern, deren Traditionen und Kulturen wissen möchte." "Mein Wunsch ist es, in einem anderen Land zu studieren und an Schüleraustauschen teilzunehmen", lauten die Begründungen.

Zehn europäische Länder und die USA sind in Schulpartnerschaften einbezogen, mehr als 1000 Schüler haben Freundschaften schließen können, erzählt die Fachlehrerin. In diesem Jahr werde besonders der Kontakt nach Osteuropa intensiviert. Demnächst kommen Jugendliche aus dem polnischen Gliwice. "Wir müssen uns aber noch bis zur neunten Klasse mit der Reise gedulden", bedauert die Schülerin Stephanie. "Aber unser Kochbuch macht auch Spaß." Gefüllt wird es von den Mädchen und Jungen mit internationale Rezepten. Das Buch gehört zu den vielen Projekten in Europakunde. Eines hatte sich mit der Architektur und Kunst im Elsass befasst, ein anderes zur Entwicklung des Umweltschutzes in Endhoven wurde mit holländischen Schülern realisiert.

"Wir wollen", erläutert Carola Lakotta-Just, "vor allem Einblick in europäische Lebensräume verschaffen und die Schüler mit dem Anderssein und Andersleben vertraut machen." Wichtig sei ihr, dass daraus Toleranz und gleichberechtigter Umgang miteinander erwachsen.

Ganz in diesem Sinne werde das Europa-Gymnasium in den noch verbleibenden drei Jahren weiter arbeiten, betont Schulleiter Ludlei. Das letzte Abiturzeugnis erhalten jene Schüler, die jetzt in der zehnten Klasse sind. Doch nicht an ihrer Schule, sondern im Bundeskanzleramt in Berlin. Das hat ihnen Gerhard Schröder bei seinem Schulbesuch versprochen.

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