1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Diskjockeys: Diskjockeys: Tinnitus von der Tanzfläche

Diskjockeys Diskjockeys: Tinnitus von der Tanzfläche

Von Manuela Bank 29.10.2007, 20:59

Magdeburg/MZ. - Die 18-jährige Maren ist jedes Wochenende in den Diskos und Clubs von Halle unterwegs. Sie hat Spaß am Tanzen zu elektronischer Musik und findet dennoch, dass es oft zu laut ist: "Man kann sich ja kaum mal unterhalten." Das leise Fiepen im Ohr auf dem Nachhauseweg kennt sie gut: "Es nervt, aber das geht ja wieder weg." Das ist aber längst nicht bei allen Tänzern so: Der sogenannte Tinnitus bleibt allzu oft bestehen. Kommt es ganz dick, hören Diskobesucher plötzlich auch deutlich schlechter - zumeist für immer.

Zwölf Jahre lang war Nicolas Peschke Diskjockey. Heute hat der 33-Jährige auf einem Ohr nur noch eine Hörleistung von 85 Prozent und arbeitet als Betriebsleiter der Großraumdisko "Funpark" in Magdeburg. Das Thema Lautstärke findet er wichtig - schon allein wegen der tanzenden Gäste: "Es kommt schon vor, dass ich mal zum Mischpult gehe und sage: Mach mal ein bisschen leiser."

Damit es aber von vornherein nicht zu laut in Diskotheken ist, dafür soll eine Weiterbildung für Diskjockeys sorgen, die bundesweit angeboten wird. Gestern fand im Magdeburger "Funpark" die erste dieser Art in Sachsen-Anhalt statt. Über 100 DJs aus Sachsen-Anhalt nahmen teil und erhielten am Ende den sogenannten DJ-Führerschein.

Der, sagt der Vorsitzende des Diskjockey-Bundesverbandes, Dirk Wöhler, werde mittlerweile tatsächlich als "cool" unter den DJs gehandelt, auch wenn der Start der ganzen Sache vor drei Jahren eher ungünstig war. "Damals machte sich Stefan Raab in seiner Sendung über den DJ-Führerschein lustig", so Wöhler. Immerhin habe das Publicity gebracht. Heute haben über 2 100 Plattenaufleger in der ganzen Republik das Zertifikat.

Der Hintergrund der für die DJs kostenlosen Weiterbildungsaktion, die bisher in 20 Städten bundesweit stattfand, ist tatsächlich ein ernster. Und so teilten sich die Seminarkosten von insgesamt rund 3 600 Euro das Magdeburger Gesundheitsministerium und die Techniker Krankenkasse. Unterstützung kam auch vom Bundesverband deutscher Diskotheken- und Tanzbetriebe und dem Bundes-Diskjockeyverband.

Jeder vierte Jugendliche, so sagen es aktuelle Studien, habe bereits jetzt einen Hörschaden - in den meisten Fällen bedingt durch Freizeitlärm, etwa Musikhören über Kopfhörer oder eben zu laute Diskomusik. "Aber wer weiß denn schon, was Dezibel sind und dass eine Erhöhung der Dezibelzahl um allein zehn eine Verdoppelung der Lautstärke bedeutet?", fragt DJ-Verbandschef Dirk Wöhler. Es gehe in den Seminaren also zunächst um Aufklärung der DJs, dann aber natürlich auch darum, die Lautstärke abzusenken. In ihrem Sinne, aber auch für die zahlreichen Tanzgäste. Über 100 Millionen Besucher zählt der Diskothekenverband jährlich in seinen 2 200 Mitgliedsbetrieben.

Für die Begrenzung der Lautstärke gibt es heute technische Möglichkeiten: ein sogenannter Limiter bewirkt etwa, dass eine bestimmte Lautstärke nicht überschritten wird. Bei 100 Dezibel müsse nämlich wirklich Schluss sein, so Wöhler. Hilfreich sei dabei auch ein Gerät wie das Schallpegel-Mess-System namens Levelmax, das dem DJ jeweils die aktuellen Dezibelzahlen anzeige: "Hat man das nämlich nicht, ist das wie Autofahren ohne Tachometer", sagt Dirk Wöhler, der selbst seit seinem 15. Lebensjahr am Plattenteller steht.

Einen Hörschaden hat der 38-Jährige nach all den Jahren dröhnender Diskorhythmen bis heute aber dennoch nicht. Das sei eine Frage des Selbstschutzes wie er erklärt: "Ich trage immer schon Ohrstöpsel mit Filter vom Hörgeräte-Akustiker."