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Der Fall Jalloh Der Fall Jalloh: Rätselraten vor Prozessende

Von ANTONIE STÄDTER 04.12.2008, 10:59

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Denn nachdem das LandgerichtDessau-Roßlau auch einen für Freitag geplantenTermin abgesagt hat, müssen an jenem letztenanberaumten Verhandlungstag sechs Plädoyersgehört werden, bevor ein Urteil gesprochenwird - von Staatsanwaltschaft, zwei Verteidigernund drei Nebenklägern. Und das zu einem Prozess,der sich über gut eineinhalb Jahre hingezogenhat.

Zwei Polizisten wird vorgeworfen, mitschuldigam Tod des 23-jährigen Asylbewerbers aus SierraLeone zu sein, der im Januar 2005 beim Brandin einer Dessauer Polizeizelle starb. Einerder beiden soll nicht in der gebotenen Eileauf Rauchwarnmeldungen reagiert und der zweiteein Feuerzeug bei Jalloh übersehen haben.Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Körperverletzungmit Todesfolge sowie fahrlässige Tötung durchUnterlassen vor. Die Angeklagten bestreitendie Vorwürfe im Wesentlichen.

Es könnte am Montag aber auch ganz anderskommen, wie Prozessbeobachter spekulieren.Die wiederholte Terminabsage kann demnachbedeuten, dass das Gericht eine Einstellungdes Verfahrens anstrebt. Bereits am Dienstaghätten die Plädoyers der Anklage gehört werdensollen. Nach einem Gespräch aller Prozessbeteiligtenwar der Termin verschoben worden. Es gebeGesprächsbedarf zwischen den Nebenklägernund ihren Mandanten, hieß es. Zu Inhaltenhatte man Stillschweigen vereinbart.

Auch am Donnerstag wollte sich weder das Gerichtnoch die Anklage dazu näher äußern. "Am Montagwissen wir alle mehr", sagte Nebenklage-VertreterFelix Isensee. Momentan gehe er davon aus,dass ein Urteil gesprochen wird. "Alles anderewäre eine Überraschung", sagte Attila Teuchtler,der einen der beiden angeklagten Polizistenvertritt. Auch, wenn es nicht die erste indiesem Verfahren wäre. So waren zunächst sechsVerhandlungstage vorgesehen - beinahe sechzigsind mittlerweile vergangen.

Marco Steckel vom Dessauer Netzwerk gegenrechte Gewalt, der den Prozess von Beginnan verfolgt hat, meint: "Eine Einstellungwürde zu diesem Verfahren passen." Zumal eszunächst "keiner gewollt" habe: Zwei Jahrehatte es gedauert, bis die Anklagen in demFall zugelassen wurden.

Er hoffe aber weiterhin, dass es einen "vernünftigenAbschluss, also ein Urteil" geben wird. "Ansonstenwürden auch die Mängel, die es bei dem Fallin der Polizeiorganisation gegeben hat, nichtmehr zur Sprache kommen", befürchtet er. Menschenrechtlerhatten wiederholt die ihrer Ansicht nach unzureichendeAufklärung des Feuertodes von Jalloh beklagt.