Zeitzeuge plant Ausstellung Zeitzeuge plant Ausstellung: Als DDR-Häftling musste er für Ikea Möbel bauen

Naumburg - Die Geschichte lässt ihn nicht los, vor allem die Jahre 1983 und 1984. Auch mit Naumburg ist Henry Matz, geboren in Thüringen, heute im niedersächsischen Osnabrück zu Hause, noch immer verbunden. Neulich besuchte er die Stadt. Sein besonderes Interesse galt dabei zwei Orten: der Justizvollzugsanstalt (JVA) sowie der einstigen Produktionsstätte der Mewa am Linsenberg.
Der 53-Jährige war damals Häftling und Zwangsarbeiter in dem Betrieb, das für das schwedische Möbelunternehmen Ikea produzierte. Er wurde bei einer missglückten Flucht über die Grenze in den Westen verhaftet. „Ich wollte nur weg, mein Bruder hatte ein Jahr zuvor die DDR verlassen“, erzählt Matz.
Nach seinem Besuch in Naumburg hat der 53-Jährige eine Idee: Eine Ausstellung soll entstehen. Sie soll unter anderem alte Gegenstände aus der Mewa wie Scharniere, Ringhandtuchhalter und Hocker sowie Originaldokumente und Fotos versammeln, so beispielsweise Aufnahmen vom Gefangenen-Transport, der für seine Tour von der JVA zur Mewa quer durch die Stadt gefahren war. „Wir waren keine Schwerverbrecher“, betont Matz, der mit dem Sammeln von Exponaten bereits begonnen hat und sich auch an die Schikanen in der Haftzeit erinnert.
Wer sein Soll nicht erfüllte, hatte die Gänge im Gefängnis zu putzen. Soll - das bedeutete unter anderem 4200 Möbelscharniere an einem Tag herzustellen. „Für mich war das nicht das Problem, andere schafften es indes nicht. Denen habe ich geholfen“, sagt der gelernte Blechschlosser. Nach seiner Haft sollte Matz wieder in den sozialistischen Staat eingegliedert werden. „Sie haben allerdings gemerkt, dass das nicht funktionieren wird.“ Es folgte die Ausreise verbunden mit der Aberkennung der Staatsbürgerschaft. Er wurde von seiner Frau zwangsgeschieden.
Die erste Zeit in der BRD verbrachte er in Düsseldorf. 15 Jahre hat es gedauert, bis er auf Antrag seine Stasi-Akte lesen konnte. „Ich wurde als wertlos für die Gesellschaft betrachtet, so stand es dort geschrieben“, so Matz. Heute arbeitet der gebürtige Thüringer als Schweißer. Als Zeitzeuge ist er für das Grenzlandmuseum Eichsfeld tätig, er spricht in Schulen von seinen Erlebnissen und Erfahrungen. Zudem beschäftigt er sich intensiv mit Kunst, gestaltet Skulpturen aus Metall sowie Fotografien, die sich mit dem Thema Licht auseinandersetzen. Zu sehen waren seine Werke bereits in der Palastgalerie in Berlin und in der Stadthalle Ransbach-Baumbach (Rheinland-Pfalz). Fragt man Matz nach seinem heutigen Blick auf die einstigen Ereignisse, sagt er: „Ich hege keinen Groll. Aber sie beschäftigen mich natürlich weiterhin und ich möchte sie aufarbeiten.“
Wo die Ausstellung letztlich gezeigt wird, das sei noch offen. „Naumburg bietet sich natürlich an“, so Matz. Doch erst einmal muss gesammelt werden.
Wer Exponate besitzt, wendet sich via E-Mail an: [email protected]
