VW-Autohaus in Hohenmölsen VW-Autohaus in Hohenmölsen: "Rübner Automobile" wagt anstrengenden Neuanfang

Hohenmölsen - Weithin leuchtet das blau-weiße runde Schild einer deutschen Automarke. Darunter steht „Rübner Automobile“ geschrieben. Doch wo VW und Rübner dran steht, ist nun weder der Autohersteller noch der Hohenmölsener drin.
Gelassen erklärt Rudolf Rübner den ersten Fakt. „VW hat bekanntlich all seinen Autohändlern in Deutschland gekündigt. Wir hatten eine Kündigungszeit von zwei Jahren“, erzählt der 66-jährige Hohenmölsener und fügt hinzu: „Wir haben es uns nicht leicht gemacht, aber wir mussten aufgrund der Vertragsbindung auch Dinge, wie die Anschaffung von besonderem Werkzeug, was kaum genutzt wurde, oder der Besuch von Schulungen, die wir eigentlich nicht brauchten, hinnehmen. Also haben wir uns im gegenseitigen Einvernehmen getrennt und firmieren nun als freie Werkstatt.“
Autowerkstatt in Hohenmölsen: Kfz-Obermeister Rudolf Rübner geht in Rente
Genau in diese Zeit fällt nun Fakt zwei: Rudolf Rübner macht Ernst. „Jetzt gehe ich wirklich in Rente“, sagt der 66-Jährige. Und er hat vorgesorgt. Zwar endet die Rübner-Ära, aber „Automobile Rübner“ bleibt in der Familie. Sein Neffe Marco Schölzel wird der neue Chef. Bis September will Rudolf Rübner den 46-jährigen Kfz-Meister noch begleiten. „Dann ist aber Schluss. Ich weiß, dass der Marco das schafft“, findet der Altchef.
Rund 700 Unternehmen aus dem Bezirk der Handwerkskammer Halle und der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) stehen alljährlich vor der Herausforderung, die Unternehmensnachfolge zu regeln. Experten der beiden Kammern schätzen, dass ein solcher Prozess bis zu sieben Jahre dauert. Viele Unternehmer würden sich zu wenig Zeit nehmen und stünden dann kurz vor dem Ruhestand ratlos da. Die Betriebsschließung sei in etlichen Fällen dann der letzte Ausweg.
Rudolf Rübners Werkstatt ist seit vielen Jahren in Familienhand
Rübner indes hat bereits vor vier Jahren mit seinem Neffen, den er wie alle elf Mitarbeiter selbst ausgebildet hat, über die Nachfolge gesprochen. Zu wichtig war ihm, den Automobilbetrieb zu erhalten. Begonnen hatte alles mit dem Urgroßvater Reinhold, der einen Landmaschinenbetrieb gründete. Großvater Walter verkaufte Traktoren.
Rübners Vater, ebenfalls ein Rudolf, machte sich 1956 selbstständig und reparierte Lastkraftwagen und Pkw. Sein Junior wurde in der Werkstatt groß. „Ich habe das große Glück gehabt, Beruf und Hobby zu verbinden“, schildert der nun scheidende Chef. Etwas anderes als Kfz-Mechaniker zu erlernen, stand für ihn nie zur Debatte. 1980 erhält er den Meisterbrief, seit Jahren ist er Innungsobermeister und bringt sich mit seiner reichen Erfahrung in der Kfz-Branche im Süden Sachsen-Anhalts ein. Immerhin gibt es in dieser Region rund 180 Kfz-Betriebe.
Von „Saporoshez“ und Trabi zu den ersten „Westwagen“
Rübner selbst machte sich 1980 selbstständig. Repariert wurden damals der „Trabant“ und der aus der Ukraine stammende „Saporoshez“. „Wir konnten dank eines gut gefüllten Ersatzteillagers unseren Kunden gut und schnell helfen“, erinnert sich Rübner, der das väterliche Unternehmen 1989 übernahm. Jenes Ersatzteillager hing ihm dann ganz schön an der Backe. „Ein Jahr darauf wollte kein Mensch mehr seine Rennpappe oder den Sapo reparieren lassen. Das war schon bitter für uns“, so Rübner.
Dies zum einen. Zum anderen stand ab Mai 1990 bereits VW vor der Tür und kurz darauf die ersten „Westwagen“ auf dem Hof. „Wir mussten viel lernen, denn wir hatten doch von Leasing, Versicherungsgeschäften oder Verkauf keine Ahnung“, sagt Heike Rübner, die als Juristin 1990 in der Firma ihres Mannes einstieg, denn es gab unglaublich viel zu tun. Allein im ersten Jahr der Vereinigung verkaufte das Unternehmen mehr als 300 Fahrzeuge, also fast täglich ein Auto.
In den vergangenen Jahren hat sich viel verändert
Viel habe sich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten verändert. „Die Leute behalten ihre Autos länger. Trennten sie sich früher nach zirka vier Jahren von ihrem Pkw, so behalten sie ihn jetzt bis zu acht Jahre. Natürlich merkt man das an zurückgehenden Verkaufszahlen“, bilanziert Rübner und der neue Chef Marco Schölzel. Seine Devise: „Wir überzeugen unsere Kunden weiter durch hochwertigen Service.“
Während er mit seinen fünf Monteuren Autos wieder flott macht, schraubt auch sein ehemaliger Chef Rudolf Rübner - jetzt in seiner Freizeit. Der ausgemachte Oldtimerfan hat nun endlich Zeit für seine alten Fahrzeuge. Das älteste Schätzchen ist übrigens ein Traktor Marke Deutz - aus dem Jahr 1936 und voll fahrtüchtig, wie der Hohenmölsener Besitzer stolz versichert. (mz)